Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
Sorglosigkeit an sich abgleiten, als hätte er die politische Lage im fernen Cormyr kommentiert. Ihr Gesichtsausdruck ließ die Frage erkennen, die sie nicht aussprach: Was hat das denn damit zu tun?
Tzigone sah zur Decke, dann verschwand sie. Ein leises metallisches Klimpern verriet ihm, dass sie sich mit Stiften und Klingen am Schloß zu schaffen machte.
Matteo stand auf und trat zur Tür. »Ich werde nicht mit dir gehen«, sagte er ruhig und entschlossen. »Wenn du die Tür aufmachst, werde ich dich hereinziehen und sie hinter dir wieder schließen.«
Tzigones Gesicht tauchte wieder vorm Fenster auf, und sie grinste süffisant. »Welche Frau könnte einem so poetischen Antrag widerstehen? Sieh mich an, ich bebe schon!«
»Ich meinte nicht ...«
Sie tippte mit dem stumpfen Ende des Werkzeugs an ihre Stirn und brachte Matteo zum Schweigen. »Wie dumm sehe ich aus? Ich weiß, was du meintest. Jetzt sei ruhig und laß mich arbeiten.«
Wieder verschwand sie, als Matteo in einiger Entfernung Schritte hörte. »Da kommt jemand! Verschwinde, ehe man dich wirklich einsperrt!«
Diese Logik drang zu ihr durch. Die junge Frau erhob sich, warf einen kurzen Blick über die Schulter und sprang zu der Eisenhalterung hoch oben an der Wand. Sie zog sich am Ring der Fackel hoch und richtete sich auf. Von dort aus faßte sie den untersten Rand des Dachsparrens und holte Schwung, um hinaufzugelangen. Rasch überquerte sie den breiten Balken. Das einzige, was noch auf ihre Anwesenheit hinwies, waren ein silberner Staubregen und ein paar verärgerte Spinnen, die gestört worden waren und wie Pendel an zarten Fäden hin und her schwangen.
Matteo atmete erleichtert aus. Auch wenn Tzigone eine völlig andere Auffassung vom Leben hatte als er, rührte ihn die Tatsache, daß sie versucht hatte, ihn zu retten. Er war seinerseits aber froh, daß sie davon abgehalten worden war, ohne ertappt zu werden.
Er ließ sich wieder auf dem Zellenboden nieder, als ein Schlüssel in das Schloß seiner Zelle gesteckt wurde. Er sprang wieder auf und bereitete sich darauf vor, eine wütende Tirade auf die hartnäckige junge Frau loszulassen.
Doch das Gesicht, das in der Türöffnung auftauchte, hatte nicht Tzigones spitzes Kinn, nicht die großen dunklen Augen, sondern die exotische und gefährliche Schönheit einer wilden Elfe.
Die Bluthündin hob eine jadefarbene Augenbraue. »Du mußt sehr darauf aus sein, hier herauszukommen, Matteo. Seltsam nur, daß du nicht davon begeistert zu sein scheinst, mich zu sehen.«
Matteo konnte nichts erwidern. Statt dessen begegnete er dem festen, goldenen Blick des Wemic an Kivas Seite. Nach dem Gesichtsausdruck zu urteilen wußte Mbatu wohl sehr gut, was sich zwischen ihm und Matteo abgespielt hatte. Tzigones Aussage, er würde alles vergessen, war nichts weiter als eine weitere ihrer Schwindeleien gewesen.
Kiva legte einen Arm um die Taille des Wemic, eine Geste, die Matteo mehr als Warnung denn als Zärtlichkeit deutete. Sie sah über die Schulter zum Magistrat des Gefängnisses, der händeringend dastand.
»Verzeiht, Herrin, aber Ihr könnt nicht einfach mit diesem Gefangenen fortgehen.«
»Ach? Warum nicht?«
»Er muß vom Inquisitor des Gefängnisses befragt werden. Ihr kennt die Vorschriften.«
Kiva lächelte eisig. »Ich kenne auch Chartain. Ihm wurde dieser Posten zugeteilt, weil er keinen anderen bekam. Vertraust du ihm mehr als mir? Wenn ich sage, daß dieser Jordain kein Dieb ist, dann soll dir das genügen.«
Der Magistrat machte einen letzten Versuch. »Ihr wandelt im Licht Azuths, Herrin, und Ihr sprecht durch die klare Sicht der Magie. Wenn Ihr sagt, dieser Mann ist kein Dieb, dann werde ich mein eigenes Leben gegen seine Unschuld verpfänden! Aber Ihr könnt nicht leugnen, daß er ein Schwert mit sich führte, obwohl die örtlichen Gebräuche einem Jordain das untersagen.«
»Welchen Nutzen sollte ein solches Schwert für einen Jordain haben, wenn er mit dem Schwert der Wahrheit bewaffnet ist?« fragte sie süßlich, ohne sich konkret zu dem Vorwurf zu äußern.
Wieder vernahm Matteo einen Hauch von Ironie in ihrer Stimme, einen Unterton, die an die sanften Klänge des Finsteren Volks erinnerte, dunkler Feen, die die Gebirgspässe rund um Halruaa heimsuchten und verführerische Melodien spielten, um Männer von den bekannten Wegen in die Wildnis zu locken.
»Er war im Besitz des Schwerts, als die Miliz ihn anhielt«, erklärte der Magistrat.
»Aber wußte er zu dem Zeitpunkt davon,
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