Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
vereitelt.«
Der Alte hielt inne und sah die Versammelten an. »Das sind die Vorwürfe gegen Matteo aus dem Haus Jordain. Wer will für ihn sprechen?«
»Ich.«
Matteo war dankbar, aber es überraschte ihn nicht, daß sein bevorzugter Meister, der Kampfmagier Vishna, aufstand, um etwas zu sagen.
»Wie viele der Studenten begab auch Matteo sich schweren Herzens nach Khaerbaal. Wie Ihr wißt, wurde Andris, der ein enger Freund Matteos war, an jenem Morgen auf Befehl von Bluthündin Kiva getötet.«
»Was ihrer Rolle entspricht und ihr Recht ist«, bemerkte Dimidis. »Weiter.«
»Ich habe Matteo in die Stadt geschickt, weil ich wußte, dass einige Studenten die Trauer verarbeiten mußten. Wenn sich daraus Unannehmlichkeiten ergeben haben, liegt ein Teil der Schuld bei mir. Ich habe Matteo ausdrücklich angewiesen, ein Auge auf seine Kameraden zu haben, was er auch bewundernswert tat. Der andere Student ist rechtzeitig und völlig unversehrt zurückgekehrt und ist für seine Handlungen nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Dieser andere war es, der die Schlägerei anfing, Matteo dagegen setzte ihr ein Ende.«
»Die Taten eines Jordain fallen auf uns alle zurück. Darum existiert dieser Hof. Matteo hat nur seine Pflicht erfüllt.«
»Und genau darum geht es mir«, fuhr der Magier fort. »Dieser junge Jordain hat seine Pflicht getan, und das gut, auch wenn er von persönlichem Leid betroffen war. Wenn er bei den nachfolgenden Handlungen ein wenig zu impulsiv gewesen ist, sollten wir die gesamten Umstände in Erwägung ziehen.«
Der Richter blickte zu dem Kampfmagier, als hätte er Turmisch, Handelssprache oder irgendeine andere Barbarensprache gesprochen. »Ist das alles? Habt Ihr nichts Bedeutendes beizusteuern?«
Einen Moment lang starrte Vishna ihn ungläubig an. »Offenbar nicht«, sagte er dann knapp und setzte sich so abrupt wieder hin, daß deutlich wurde, wie verärgert er über die Bemerkung war.
Zu Matteos Überraschung meldete sich als nächster Ferris Grail. Er war ebenfalls Magier und zudem der Schulleiter von Haus Jordain, doch mit ihm hatte Matteo bislang wenig zu tun gehabt. Der Schulleiter war offensichtlich mit Matteo gut vertraut, da er lobend über dessen Bildung, Intellekt und makellose Akte sprach.
»Wir haben elf Anfragen, die um die Dienste dieses Jordain ersuchen«, sagte er abschließend. Er legte ein Pergament vor Dimidis auf den Tisch. Der Richter nahm es und sah es sich an, während sein Gesichtsausdruck zunehmend mürrischer wurde.
»Ich möchte auch etwas sagen«, erklärte Annalia Grau, die Professorin für Logik und Rhetorik. Sie war die einzige weibliche Jordain in der Einrichtung und in Streitgesprächen so begabt wie jeder andere. Normalerweise achtete Matteo auf jedes Wort, das sie sagte, damit er es sich einprägen konnte. Doch obwohl seine Zukunft von ihrem Vortrag abhing, konnte er nicht zuhören. Statt dessen wurden seine Blicke unweigerlich von der Figur in Gold und Grün angezogen, die den Mittelgang entlang auf den Richter zukam. Er bekam kaum mit, als Annalia Grau ihre Ausführungen beendete, und das, obwohl die anderen heftig applaudierten, als sie wieder Platz nahm.
Auch Kiva, die Bluthündin, war gekommen, um sich für ihn zu verwenden.
Matteo hatte weder damit gerechnet, noch war er besonders glücklich darüber, sie als seine Verbündete zu haben. Mit wachsendem Unbehagen hörte er, wie Kiva das wiederholte, was bereits gesagt worden war, und dabei die Dinge ausließ, die bislang keine Erwähnung gefunden hatten: Matteos Kampf mit dem Wemic in der Gasse in Khaerbaal und den Namen der jungen Frau, die er verteidigt hatte. Tzigone nannte sie mit Blick auf das Schwert nur »die Diebin«, und sie war »die Unterhalterin«, als Kiva von Matteos Angriff auf Mbatu in der Taverne zum Kometen berichtete. Wenn man Kiva reden hörte, konnte man meinen, sie meine zwei verschiedene Personen.
Schließlich wurde Matteo aufgerufen, für sich zu sprechen. Er verbeugte sich zuerst vor Dimidis, dann vor dem versammelten Hof.
»Alles, was Ihr gehört habt, stimmt. Ich danke Meister Vishna für seine Worte und sein Mitgefühl, aber ich muß mich für meine Handlungen rechtfertigen und kann mich nicht hinter den Umständen verstecken, die ihnen vorausgegangen sind. Ich bedauere meine Verstöße gegen die Gesetze der Jordaini und werde demütig jede Strafe akzeptieren, die dieser Rat über mich verhängt. Ich bitte lediglich um die Erlaubnis, der Inquisitorin eine Frage zu
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