Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
nach dem Jordain umsah.
»Als die Nacht kam, führte ihr Weg sie durch Straßen, die von klügeren Leuten gemieden werden. Nicht lange, und sie wurden von einem großen Mann verfolgt, der die Kleidung eines Piraten trug und böse Absichten hegte.« Tzigone zog die Brauen zusammen und trat bedrohlich ein paar Schritte vor.
»Der Begleiter der Dame sah sich um und erkannte die Gefahr. ›Wir werden verfolgt‹, sagte er ängstlich. ›Was könnte der große Kerl wohl von uns wollen?‹«
Tzigones Tonfall erinnerte frappierend an den Frandos, der von einigen aus der lachenden Menge angestarrt wurde. Tzigone wartete, bis Ruhe eingekehrt war, dann fuhr sie fort.
»Die Jordain zuckte die Achseln. ›Das Übliche, schätze ich. Euch will er ausrauben, über mich will er herfallen.‹«
Das war eine unerwartete Wendung, und die Menge wurde etwas unruhig. Zuhörer tauschten unsichere Blicke aus. Derbe Geschichten waren in den Tavernen an der Tagesordnung, aber in diesem angesehenen Forum wurden sie nie erzählt. Tzigones Imitation war zwar gut, doch ihre Wortwahl war unangemessen und bewegte sich jenseits der Höflichkeitsgrenzen.
Tzigone schien vom Unbehagen des Publikums nichts mitzubekommen. »Der Begleiter der Frau rang die Hände und fragte, was sie machen sollten. ›Wir tun das einzige Logische‹, sagte die Frau. ›Wir gehen schneller.‹ Also gingen sie schneller, doch ihr Verfolger hielt ohne Schwierigkeiten mit ihnen Schritt. ›Er kommt näher!‹ klagte der Jordain.
›Tatsächlich‹, sagte die Frau. ›Nach meiner Berechnung wird der Pirat uns eingeholt haben, ehe diese Wolke am Mond vorbeigezogen ist.‹
›Was sollen wir bloß tun?‹ rief ihr Begleiter den Tränen nahe.
›Das einzig Logische. Ihr rennt in eine Richtung, ich in die andere. Es ist allgemein bekannt, daß Jordaini wenig mit sich führen und keine Wertgegenständen besitzen. Wenn der Pirat unter diesen Umständen zwischen einem Raub und einer Vergewaltigung wählen muß, was wäre dann seine logische Entscheidung?‹
Diese Schlußfolgerung verbesserte die Stimmung des Mannes ganz erheblich. Ohne Zögern machte er kehrt und eilte zurück in den Schutz, den das Haus seines Patrons ihm bot.«
Tzigone machte wieder eine Pause, da erneut spöttisches Gelächter zu hören war, das sich gegen Frando richtete.
»Viel später traf die Dame aus dem Hause Jordain im Haus des Patrons ein. Fran – ihr Begleiter – war inzwischen schon ganz nervös. Er stürmte auf sie los und wollte wissen, was sich zugetragen hatte. Die Dame sah ihn irritiert an. ›Was passiert ist?‹ wiederholte sie. ›Natürlich das einzig Logische. Der Pirat wurde schneller und holte mich ein, noch ehe die Wolke den Mond wieder freigegeben hatte.‹
Der andere Jordain schluckte. ›Was geschah dann, meine Dame?‹
›Ich habe das einzig Logische getan‹, sagte sie völlig nüchtern. ›Ich habe meinen Rock gelüftet.‹«
Einige Zuhörer schnappten nach Luft, woraufhin Tzigone nickte. »So hat auch der Jordain reagiert, als er das hörte. Er wollte wissen, was dann geschah. ›Das einzig Logische‹, sagte sie. ›Der Mann ließ seine Hose herunter.‹
»Was geschah dann? Sagt mir alles!« Tzigone stieß die Worte atemlos hervor, aber mit der Neugier, wie sie zu einem lüsternen Jordain paßte. Matteo bemerkte, daß ihr Ausdruck mit dem auf Frandos Gesicht identisch war. Bevor er sich zurückhalten konnte, mußte er laut lachen. Tzigone sah ihn an und zwinkerte.
»Die Dame sah ihrem Begleiter in die Augen. ›Das einzig Logische. Eine Dame mit hochgehobenem Rock kann viel schneller laufen als ein Mann mit heruntergelassener Hose.‹«
Das überraschende Ende ließ die Menge lachen und schließlich applaudieren. Frando indes stand da und preßte vor Wut die Lippen fest aufeinander. Er bahnte sich mit soviel Würde, wie er nur aufbringen konnte, seinen Weg durch die Menge. Als er Matteo erreicht hatte, beugte er sich zu ihm vor.
»Wir werden das ein andermal beenden. Ich bin sicher, daß meine Patronin meinen Wunsch unterstützen wird, dich zu einer öffentlichen Debatte herauszufordern.«
Zephyrs Warnungen kamen Matteo in den Sinn, und er begriff das überhebliche Glitzern in den Augen des anderen Jordain. Frandos Patronin, Xavierlyn, war die Senatssprecherin der Stadt Halarahh. Sie war eine der wenigen Magierinnen, die Procopio Septus schätzte und die Letzte, die er würde herausfordern wollen. Doch eine Debatte zwischen Jordaini entsprach einem Magierduell
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