Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
mir beibringen kannst?« Procopio sprach voller Begeisterung, und seine Gesichtszüge verrieten, daß er weit mehr als nur beiläufig interessiert war.
Ein Verdacht, der sich Matteo seit einiger Zeit aufdrängte, nahm konkrete, beunruhigende Gestalt an. »Ein paar«, sagte er langsam. »Ich beginne zu verstehen, warum Ihr mich in Euren Dienst nehmen wolltet. Ihr seid ein wahrer Freund strategischer Spiele, und als ein Meister des Spiels war ich der Beste in meiner Stufe.«
»Das ist wahr«, sagte der Magier nur.
Matteo bohrte nach. »Wir Jordaini glauben, solche Spiele trainierten den Geist und den Charakter, da ein wahrhaft verantwortungsvoller Mann weiß, daß jede Aktion eine Reaktion nach sich zieht.«
Procopios Lächeln hatte ein gewisses Etwas, das erkennen ließ, daß er die subtilen Untertöne in Matteos Kommentar wahrgenommen hatte. »Ich übe, das ist zweifellos wahr. Wer befehligen will, muß die Kunst des Krieges verstehen. Es ist kein Geheimnis, daß Spiele der Vorbereitung dienen. Kätzchen jagen imaginärer Beute nach, und kleine Jungs duellieren sich mit Holzstöckchen und warten auf den Tag, an dem sie echte Schwerter halten können. Was wir hier tun, unterscheidet sich davon nicht allzu sehr.«
Matteo trat unbehaglich von einem Bein aufs andere. »Ihr sprecht offen, ich werde das Gleiche tun. Eine Aktion zieht eine Reaktion nach sich. Ich weiß genug über die Geschichte, um zu verstehen, daß Männer, die sich so voller Eifer auf eine Schlacht vorbereiten, normalerweise auch eine solche finden.«
»Doch im Land herrscht Frieden, und das schon seit Jahren. Denkst du, das wäre so, wenn niemand auf eine Schlacht vorbereitet wäre? Was glaubst du, warum sich unsere Feinde von uns fernhalten? Die Elfenbrut der Crinti und ihre Untergebenen, die Dambraii, die Wilden von Mhair, die Barbaren der Shaar-Wüste, die Magier von Thay, Unther und Mulhorand und Mystra weiß, wer noch alles? Weil wir stark sind«, erklärte Procopio völlig von seinen Worten überzeugt.
Matteo hatte das schon oft gehört. Es war schwierig, da die Linie zwischen einer starken Verteidigung und einer starken Nation mit Hang zu offensiver Handlungsweise sehr dünn war und im Nebel verlief. Er fragte sich unwillkürlich, wie diese Leidenschaft für Militärstrategien zu Procopios persönlichen Zielen paßte. Wenn der Magier meinte, der beste Weg, den Thron zu erringen, sei, Kriegsheld zu werden, wie weit würde er dann gehen, um seine Absicht zu verwirklichen?
Der Magier schien das Unbehagen seines Ratgebers zu bemerken, beendete das Thema und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Er öffnete eine Lade und holte eine kleine Schriftrolle heraus.
»Ich möchte, daß du für mich eine Nachricht an Xavierlyn überbringst. Hast du schon von ihr gehört?«
Matteo nickte. Zephyr hatte ihm ausführlich von allen Magiern erzählt, die im Senat der Stadt saßen. Xavierlyn war eine mächtige Erkenntniszauberin, eine entfernte Verwandte König Zalathorms, die von vielen als seine wahrscheinliche Nachfolgerin betrachtet wurde. Damit war sie Procopios offensichtlichste Rivalin.
»Ich bin Frando begegnet, ihrem jordainischen Ratgeber. Er hat es sich zur Angewohnheit gemacht, vor der Siesta auf dem Platz der Bäume zu sprechen.«
»Zweifellos kommen viele dorthin, um ihm zuzuhören und sich auf den Mittagsschlaf vorzubereiten«, sagte Procopio trocken. »Ich habe den Mann gehört. Seine Vorträge bringen den Schlaf viel wirkungsvoller als jeder Zauber und jeder Trank.«
Matteo verzog den Mund, mied es aber, der Einschätzung seines Patrons über einen anderen Jordain beizupflichten. Er nahm die Schriftrolle und überflog sie. Dann gab er sie zurück und wiederholte die Nachricht Wort für Wort. Der Magier nickte zufrieden, und Matteo machte sich auf.
Er ging zügig und erreichte den Platz der Bäume kurz vor Hochsonne. Es war ein hübscher, mit rosafarbenen und grünen Steinen gepflasterter Platz. Umgeben war er von kunstvollen Eisengittern und -bögen. Die Luft war erfüllt vom Duft reifender Trauben und den angenehmen Gerüchen, die vom nahegelegenen Markt herüberwehten. Stühle und kleine Tische standen auf dem Platz, damit Spaziergänger den Schatten nutzen konnten, den der Platz bot.
In der Mitte des Platzes gab es eine erhöhte Fläche, die abwechselnd von Herolden, Straßenmusikanten und Magiern benutzt wurde, die etwas zu präsentieren hatten. Frando, ein dunkler, stämmiger Mann, der fünfzehn Jahre älter war als Matteo,
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