Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
Begegnung hatte ihn aus der Fassung gebracht, und zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, völlig sprachlos zu sein.
»Du glotzt wie ein Fisch an der Angel«, erklang eine volltönende Altstimme an seiner Seite.
Es war Cassias Stimme, und Matteo machte einen erschrockenen Satz, da seine Ohren ihm einen Streich zu spielen schienen. Einen Herzschlag später wurde ihm klar, wer gesprochen hatte. Er wirbelte herum und sah Tzigones Gesicht vor sich, die ihm nichts als Ärger eingehandelt hatte. Zu seiner Überraschung machte sie einen sehr zufriedenen Eindruck.
»Das war leicht«, sagte sie strahlend. »Ich mußte nur in Cassias Hörweite erwähnen, daß du und dieser Frando eine öffentliche Debatte beabsichtigt, und schon war sie auf dem Weg zu dir. Ist etwas Interessantes dabei herausgekommen?«
»Das kann man sagen«, erwiderte er knapp.
Tzigone runzelte die Stirn und reichte ihm einen kleinen Leinensack. »Den kannst du für mich tragen. Das stellt dein Ansehen als höflicher, anständiger Jordain wieder her.«
Matteo nahm gedankenverloren den Sack und legte ihn sich über die Schulter. »Du hast keine Ahnung, was du angerichtet hast.«
»Doch. Ich habe Cassia auf dich aufmerksam gemacht. Du mußt mir auch diesmal nicht danken.«
Matteo sah zum Himmel auf. »Auch da kann ich dir nicht widersprechen.«
Sie sah ihn mißtrauisch an. »Du klingst nicht erfreut. Ich muß sagen, es ist schwer, eine Schuld bei dir zu begleichen. Aber ich weiß genau das Richtige – etwas, das selbst du nicht ablehnen kannst.«
Sie machte sich zielstrebig auf den Weg durch die Menge. Matteo folgte ihr, auch wenn er sich vor den Problemen fürchtete, die ihre nächste gute Tat mit sich bringen mochte.
Sie überquerten den Markt, bis sie eine kleine Seitenstraße erreicht hatten, in der sich ein Stand an den anderen reihte. Sie alle waren mit seidenen Zeltbahnen in leuchtenden Regenbogenfarben abgeschirmt. Die Nachmittagssonne brach durch die Bäume, die der Straße Schatten spendeten und denen ein wenig Abkühlung verschafften, die für ein Mittagsmahl dort blieben. Gemurmel und köstliche Düfte erfüllten die Luft.
Tzigone blieb unter einem karmesinroten Zeltdach stehen und holte tief Luft, während sie eine Reihe geflochtener Gebäckstücke betrachtete, die zum Trocknen auf ein Holzregal in T-Form gelegt worden waren. Weiteres Gebäck schwamm in einem Kessel, in dem Fett brodelte, das sie rasch prall und braun werden ließ und zugleich die Luft mit einem Hauch gebackenen Süßbrots erfüllte. Der Bäcker war gerade damit beschäftigt, eine neue Lage in feingemahlenem Zucker zu rollen, der mit seltenen Gewürzen wie Nelkenpfeffer, Kardamom und Muskat versetzt war. Tzigone tastete ihre Taschen ab und holte schließlich ein paar keilförmige Elektrumstücke hervor, die für kleine Beträge als Währung akzeptiert wurden.
»Zwei Galgenstricke«, sagte sie zum Bäcker und deutete auf einen langen Gebäckzopf mit einer Schlaufe an einem Ende. »Und tauchen Sie sie doch bitte noch mal in das Gewürz, damit sie so richtig gut und klebrig sind.«
Matteo schüttelte den Kopf, als sie ihm eine der gepuderten Köstlichkeiten hinhielt. Er wies auf die Unterseite des Kessels, die rotglühend war, ohne daß ein Feuer darunter brannte.
»Der Kessel wird magisch beheizt«, erklärte er. »Solche Dinge sind einem Jordain verboten.«
Einen Moment lang starrte sie ihn an, dann zuckte sie die Achseln und biß herzhaft in das gezuckerte Brot. »Schmeckt auch nicht anders. Aber umkommen wird es nicht. Ich bin hungrig genug, um sie beide zu essen«, versicherte sie. »Und was ist mit dir? Komm, laß uns weitergehen und nach etwas suchen, das du essen darfst.«
Er nahm den Beutel von der Schulter. »Das ist nicht nötig, außerdem reicht die Zeit nicht. Ich werde bei Sonnenuntergang im Haus meines Patrons zurückerwartet, und zuvor muß ich sicherstellen, daß Procopios Nachricht korrekt überbracht wird.«
Tzigone grinste und versetzte ihm einen freundschaftlichen Schubs. »Ah! Dann bist du bei ihm also nicht so in Ungnade gefallen, wie du angedeutet hast.«
Matteo seufzte und lehnte sich gegen den dicken silbernen Stamm eines der großen Bäume, die in der Straße für Schatten sorgten. »Das werde ich, sobald Procopio von Frandos Herausforderung hört.«
»Warum sollte ihn das kümmern? Dieser Frando ist selbst für einen Jordain ein Idiot. Ich kenne Esel, die ihm in einer Diskussion überlegen sind.«
»Das mag schon sein,
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