Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
sprach gerade zum Thema Piratenüberfälle. Mit dem Geschick eines Alchimisten und einer wichtigtuerischen Stimme machte Frando aus dem aufregenden Thema einen einschläfernden Vortrag. Matteo ließ sich unter einem Baum mit rosafarbenen Trauben nieder und versuchte, interessiert auszusehen.
Endlich kam der Jordain zum Schluß seines Vortrags und nahm den spärlichen Applaus mit einer tiefen Verbeugung zur Kenntnis. Sein selbstzufriedenes Lächeln wurde noch breiter, als er Matteo sah. Der stand auf und ging dem Kollegen entgegen, um ihn zu begrüßen.
»Wenn das nicht das neueste Füllen in Procopios Stall ist«, sagte Frando mit einem Hauch von Gehässigkeit. »Du bist hier, um mir zuzuhören und von mir zu lernen, stimmt’s?«
Matteo hob die Augenbrauen. Diesmal schien es ihm angemessen, die üblichen Floskeln einfach zu überspringen. »Mein Patron hat mich geschickt, mit einer Nachricht für die Magierin Xavierlyn«, sagte er knapp. »Er bittet mich, sie dir anzuvertrauen.«
Es war eine recht normale Aufgabe, doch zu seiner Überraschung zischte Frando wütend: »Mir ist klar, daß es dir nichts ausmacht, den Laufburschen zu spielen, aber ich nutze meine Zeit für wichtigere Dinge. Warum konnte Procopio nicht einfach eine Schriftrolle schicken? Oder wenn er ein so mächtiger Erkenntniszauberer ist, wie er behauptet, warum hat er dann keine Magie eingesetzt?«
Matteo blinzelte, verblüfft von dieser Reaktion. »Schriftrollen können gestohlen, eingesehen oder magisch verändert werden. Botschafter können abgefangen, bestochen, bedroht oder magisch beeinflußt werden, oder die Information wird aus ihrem Kopf geholt. Selbst magische Botschaften können abgefangen werden, und es besteht sogar die Möglichkeit, daß ein magisch begabter Überbringer den Empfänger beeinflussen könnte, so wie die schwache Magie eines Barden sein Publikum für seine Musik empfänglich macht«, erklärte er geduldig. »Jeder Jordaini der ersten Stufe weiß das.«
Zu spät erkannte Matteo, wie seine Worte aufgefaßt werden konnten. Frandos Gesicht verfinsterte sich vor Zorn, dennoch konnte er gegen Matteos Worte nichts einwenden.
»Gib mir die Nachricht«, sagte er nur.
Zu Matteos Überraschung erfaßte der Jordain die Nachricht beim ersten Mal nicht richtig. Er wiederholte sie und ließ sie nicht nur an mehreren Stellen anders klingen, sondern hatte auch zwei grobe Fehler eingebaut. Matteo wiederholte geduldig Procopios detaillierten Bericht gleich zweimal und bestand darauf, daß der andere Mann ihn wortwörtlich wiederholte.
»Es reicht«, rief Frando mit vor Wut gerötetem Gesicht. »Du veränderst die Worte, um dich über mich lustig zu machen!«
Matteo schluckte rasch den aufkeimenden Zorn aufgrund dieser Anklage herunter. »Ich habe den Auftrag, eine Nachricht an deine Patronin zu überbringen, die frei von Fehlern und magischer Beeinflussung ist. Vielleicht sollte ich sie besser vor ihr wiederholen.« Er wandte sich ab, um genau das zu tun.
Frando packte ihn am Arm und riß ihn herum. »Du würdest mich so beleidigen wollen?«
»Du hast mich weitaus schlimmer beleidigt«, gab Matteo zurück und riß sich aus der Umklammerung los. »Du hast mich einen Lügner genannt.«
»Das bist du auch!«
Der Impuls war stärker als die Ausbildung. Matteos Faust schoß vor und traf Frando am Kinn. Der Mann taumelte und fiel über einen Stuhl. Er ging schwer zu Boden, und als er wieder aufstand, hielt er in jeder Hand einen Dolch.
Das brachte Matteo in Bedrängnis. Es war gegen das Gesetz, daß ein Jordain gegen einen anderen eine Waffe zog. Wenn er sich verteidigte, würden er und Frando für das gleiche Vergehen verurteilt werden, da Matteo als Erster zugeschlagen hatte. Doch dem Zorn in Frandos Augen nach zu urteilen würde dieser angreifen, ob Matteo seine Waffen zückte oder nicht.
Ehe er jedoch reagieren konnte, drängte sich eine zierliche Frau zwischen ihn und Frando. Ihre Kleidung war eine Kombination aus den Farben Scharlachrot, Orange und Gelb, die in den Augen schmerzte. Matteos Herz hüpfte vor Freude und Sorge zugleich, als er Tzigone erkannte. Sie war als Gauklerin gekleidet, trug leuchtend gelbe Hosen, eine orangefarbenes Hemd und dazu eine rote Weste, die mit kleinen polierten Glasstückchen besetzt war, die wie Edelsteine wirken sollten. Auf dem Kopf trug sie einen Turban aus bunten Tüchern. Ihr Gesicht war sauber und geschminkt, was ihre Augen groß und exotisch wirken ließ. Selbst ihre Fingernägel waren
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