Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
sind so schwierig, weil Kiva auf freiem Fuß ist, und die Verwundbarkeit der Azuthaner ist durchaus real.«
Ferris reagiere mit einem finsteren Blick. »Du mißt dieser Elfe eine viel zu große Bedeutung bei.«
»Darüber könnte man vielleicht ein andermal diskutieren. Ich werde Eure Frage über Tzigone beantworten. Laßt die Azuthaner sich um ihren guten Namen sorgen, die Jordaini sind durch einen Eid gebunden, dem Land zu dienen. Ich nehme die Hilfe und die Freundschaft derer an, die einen ähnlichen Eid geleistet haben.«
»Du sollst deinem Herrn dienen«, erinnerte Ferris ihn. »Du sollst dich nicht persönlichen Interessen widmen.«
»Ich habe die königliche Erlaubnis zu tun, was ich für richtig halte, und die Ressourcen zu benutzen, die ich benötige.«
»Ich weiß«, beklagte sich der Direktor. »Themo hat gestern das Kolleg verlassen. Er ist schneller geritten, als ein Floh von einem Feuermolch springt. Es ist nicht richtig, einen Jordain in Dienst zu nehmen, der seine Ausbildung nicht abgeschlossen hat.«
»Vielleicht sollte Themo seine Ausbildung nie beenden. Im Herzen ist er ein Krieger, kein Jordain. Ich wollte ihn jetzt freigegeben wissen, ehe er die Rituale und Prüfungen der letzten Stufe über sich ergehen lassen muß.« Matteo machte eine bedeutungsvolle Pause, dann fügte er an: »Wie es bei einigen anderen der Fall gewesen ist.«
Ferris kniff die Augen leicht zusammen. »Wieso kommst du auf die Idee, die Erfahrung eines Jordain sollte sich von der eines anderen unterscheiden? Jordaini sind verpflichtet, über die Art dieser Rituale zu schweigen.«
»Aber erst anschließend , und bei Mystra, welcher Mann möchte damit schon prahlen!« sagte er hitzig. »Eines weiß ich: Diese Praxis ist verkehrt!«
Ferris’ Gesicht verfinsterte sich. »Willst du den gesamten Orden in Frage stellen? Die Regeln mögen hart erscheinen, aber es gibt sie aus gutem Grund.«
»Wenn ich alle Gründe kenne, werde ich mir ein Urteil bilden.«
»Es ist dir nicht bestimmt, alles zu wissen, junger Jordain. Du wurdest als Ratgeber ausgebildet, nicht als Richter!« herrschte Ferris Grail ihn an.
»Indem ich die Wahrheit suche, tue ich nicht mehr als das, wofür ich ausgebildet wurde ... wofür ich gezüchtet wurde«, berichtigte er sich bitter.
Es folgte ein langes Schweigen. Matteo sah die Schuldgefühle und die Angst, die sich auf dem Gesicht des Magiers abzeichneten. Ihm wurde klar, daß Jinkor möglicherweise nicht der einzige gewesen war, von dem Kiva Informationen erhalten hatte. Über die Jahre hatte jemand die Jordaini-Studenten verraten, die Kivas Zwecken am besten dienten. Wer konnte diesen Verrat besser begehen als der Leiter des Kollegs? Oder Ferris, der ein Erkenntniszauberer war, kannte den Schuldigen, mußte aber schweigen, um das Kolleg vor einem Skandal zu beschützen. Das würde seine Bereitschaft erklären, sich nicht um Kivas Verschwinden zu kümmern.
»Du kannst Themo haben«, sagte Ferris schließlich. »Er wird von seinen Jordaini-Eiden entbunden. Dafür will ich dein Wort, daß du dich nicht mehr mit diesen verborgenen Dingen befaßt.«
»Das kann ich nicht versprechen«, erwiderte Matteo ohne ausschweifende Formulierungen.
Ferris’ Gesicht verfinsterte sich. Einen Moment lang dachte Matteo, er würde sein Versprechen zurückziehen und Themo nicht gehen lassen, doch dann gab der Magier seine starre Haltung auf und fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht.
»Wie du willst. Mystras Segen mit dir. Ich bitte dich nur, daß du nach deiner Rückkehr ins Kolleg kommst. Es gibt Dinge, die du wissen solltest, ehe du weiter auf diesem Weg nachforschst.«
»Wie zum Beispiel die Tatsache, daß der Nekromant Akhlaur bei der Entstehung des Ordens eine Rolle gespielt hat?«
Es war ein Schuß ins Blaue, aber Grail wurde so blaß, daß Matteo erkannte, daß er ins Schwarze getroffen hatte. »Komm ins Kolleg«, sagte er noch einmal. »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen. Möge Mystra uns beiden gnädig sein.«
ACHTZEHNTES KAPITEL
T zigone betrachtete den Turm aus grünem Marmor und versuchte, sich vorzustellen, wie ihre Mutter dort gelebt und die Dinge getan hatte, die Exchelsor und das halruaanische Recht von ihr behaupteten. Sie schüttelte sich, um diese Gedanken loszuwerden, dann schritt sie zum Tor. Der Diener fragte nach ihrem Namen und dem Grund für ihre Bitte um eine Audienz. Als er zurückkam, wurde er von einem schmächtigen Mann mit schütterem Haupthaar
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