Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
wie möglich machen, ehe die Monsune einsetzten. Weniger verständlich war die Anzahl der Karawanen, die im Nath verschwanden, und war da noch ein völlig unbegreiflicher Angriff wilder Elfen auf den Spiegel der Herrin. Als Vorsichtsmaßnahme gegen weitere Übergriffe hatte es eine massive Verlagerung von Truppen an die Westgrenze gegeben. Weitere Wachen waren in den Norden entsandt worden, um die Elektrum-Minen und die in ihrer Nähe befindliche Münzstätte zu beschützen. Die Gebirgszüge, die den Wall nach Osten bildeten, waren allem Anschein nach sicher und ruhig. Aber es gab große Aktivität in Akhlaurs Sumpf.
»Na, das paßt ja«, murmelte sie. Nachdem sich herumgesprochen hatte, daß der Laraken besiegt war, hatte der Sumpf viel von seinem Schrecken verloren. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Horden magiebegabter Idioten dorthin vordrangen, um irgendwelchen Gerüchten auf den Grund zu gehen, die von Akhlaurs verlorenem Schatz erzählten.
Tzigone schnaubte verächtlich. Als nächstes suchte sie den Raum nach einem Versteck ab, in dem Procopio Septus wichtige Dokumente aufbewahrte. In einem Holzstuhl stieß sie auf ein Geheimfach, aus dem sie einen ansehnlichen Stapel Pergamente hervorholte. Darunter fand sich auch eine Liste der früheren Herren Zephyrs.
Sie zog den Pergamentfetzen heraus, den sie in eine Tasche gesteckt hatte – die Notizen, die Sinestra an dem Tag mitgenommen hatte, als sie die Kammer des Elfen-Jordain durchsucht hatten. Diese Information schien ihr wichtig, auch wenn sie sich über den Grund nicht sicher war.
Ihr Blick fiel auf den ersten Namen auf der Liste mit Zephyrs Herren.
Akhlaur Reiptael, Nekromant.
Tzigone stieß fast zischend den Atem aus. Zephyr hatte also dem berüchtigten Akhlaur gedient, dem Magier, über dessen Vermächtnis sie an allen Ecken und Enden stolperte!
Sie hätte darauf wetten können, daß der alte Elf mit dieser Tatsache nicht gerne geprahlt hätte. Aber sie hätte das Doppelte darauf verwettet, daß diese Aufzeichnung ausschließlich in Procopio Septus’ Arbeitszimmer zu finden war. Es war die Art von Information, die ein mächtiger Erkenntniszauberer herausfinden mochte, aber nichts, worüber er in Tavernen Trinklieder hören wollte.
Zephyr, Kiva, Akhlaur, der Laraken, Keturah und nun sie – und Matteo und vielleicht sogar sein Freund Andris. Sie hingen alle irgendwie zusammen, aber Tzigone vermochte das Muster nicht zu sehen, in das sie alle verwoben waren.
Sie machte rasch eine Abschrift von Zephyrs Geschichte und eilte zum Palast, da sie hoffte, daß Matteo mehr damit anzufangen wußte. Unterwegs »borgte« sie sich passende Kleidung und Ausstattung, dann begab sie sich in den Palast.
Obwohl es schon spät am Abend war, war Matteo nicht in seinem Raum. Ohne bemerkt zu werden, entdeckte Tzigone ihn schließlich im Vorratsraum der Küche, wo er Verpflegung für seine Reise zusammenstellte. Er war nicht allein, da es in den Räumlichkeiten von Personal wimmelte.
»Bei den Göttern«, stieß Tzigone hervor. »Schlafen Palastdiener nie?«
Ein leises, rasch unterdrücktes Kichern lenkte ihre Aufmerksamkeit auf einen nahen Ziegenstall. Sie entdeckte eine Kanne mit Frischmilch gleich neben einer Leiter, die hinauf zum Speicher führte. Tzigone kletterte rasch hinaus und fand genau das vor, was sie erwartet hatte. Ein Pärchen im Heu, das von seiner Umgebung nichts wahrnahm, ein Stück daneben ein Durcheinander an Kleidungsstücken, derer man sich hastig entledigt hatte.
Tzigone zog rasch das Gewand einer Kammerdienerin aus und streifte das kurze blaue Kleid des Mädchens über. Sie kletterte nach unten, nahm die Milchkanne und lief Matteo in den Weg, wobei sie darauf achtete, daß etwas vom Inhalt der Kanne auf seinen Stiefeln landete.
Er nahm Tzigones Milchmädchenkostüm kommentarlos hin und schaffte es, nicht die Augen zu verdrehen, als sie sich im rollenden Akzent der nordländischen Hirten übertrieben bei ihm entschuldigte. Er folgte ihr, während sie weitersprach und sich Schritt für Schritt zurückzog. Er nahm während des Ablenkungsmanövers ohne Zögern die Liste an sich, die sie ihm gab, und steckte sie in seinen Gürtel.
Bei Mystra , dachte sie bewundernd. Es gibt vielleicht doch noch Hoffnung für ihn!
Sie gingen zu einem ruhigen Fleckchen zwischen Ziegenstall und Brauerei. Matteo zog die Notiz hervor, überflog sie und sah Tzigone finster an. »Woher hast du das?«
»Es gibt da eine neue Taverne am Südtor«, begann sie
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