Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
langsam ausbreitete wie ein Teppich aus Licht. In seine magischen Fäden eingewoben war das Bild einer gewaltigen Streitmacht, die sich am Fuße eines Gebirges versammelt hatte.
Der Gesang verstummte, erstickt vom entsetzten Schnappen nach Luft, das den Raum erfüllte.
»Halruaa steht eine Invasion bevor!« rief einer der Magier.
»Nein«, warf Matteo ein und trat vor, damit er auf den schimmernden Teppich zeigen konnte. »Dieser Gipfel ist der Jhiridial im Ostwall. Achtet auf die Sonne: Sie erhebt sich hinter den Bergen.«
»Bei Mystra«, fluchte Zalathorm leise, als er verstand, was Matteo hatte sagen wollen. »Diese Truppen stehen nicht auf der anderen Seite der Gebirgskette. Sie befinden sich auf halruaanischem Boden!«
Matteo nickte: »Die Invasion hat bereits begonnen.«
ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
H eller Zorn bahnte sich seinen Weg durch Procopios Adern wie kochender Stahl. Er stand in einem Moment vor dem König, der der wichtigste überhaupt für sein weiteres Leben hätte sein sollen. Diesem verfluchten Matteo hatte er zu verdanken, daß alle Pläne und Träume wie Wasser zwischen seinen Fingern hindurchrannen.
Aber vielleicht war noch etwas zu retten. »Euer Majestät, ich werde eine Flotte von Himmelsschiffen in den Nath befehligen, um die Crinti zurückzuschlagen, und dann am östlichen Wall zu Eurer Armee stoßen.«
Zalathorm nickte. »Gut. Wenn die Crinti so zahlreich sind, wie Matteo befürchtet, könnten sie unseren Streitkräften in den Rücken fallen.«
Procopio sah den lästigen Jordain an. »Ich bitte darum, daß Matteo mich begleitet. Während er in meinem Dienst war, entwickelten wir viele Strategien, um einer ebensolchen Invasion begegnen zu können.«
Es war ein subtile Methode, für sich selbst ein wenig von dem Erfolg in Anspruch zu nehmen, den Matteo mit seiner frühen Warnung für sich hatte verbuchen können. Noch besser war, daß er so auf eine Bedrohung anspielte, die er bereits gesehen hatte, als Zalathorm noch nichts von ihr wußte. Es war nicht ganz, was er erhofft hatte, aber er würde damit arbeiten können.
»Ihr seid offenbar gut vorbereitet«, bemerkte Zalathorm und blickte Procopio mit Augen an, die viel zu viel sahen. »Ich werde den Angriff auf die nahende Mulhorandi-Armee führen. Ihr anderen kommt mit euren Leuten nach.«
›Gut‹, dachte Procopio. ›Zwei Schlachten. Eine wird Zalathorm gewinnen, die andere ich.‹
Matteo war noch nicht fertig. »Euer Majestät, es gibt noch eine andere Gefahr. Ich würde sie nicht gern nicht vor dem versammelten Rat ansprechen.«
»Wir haben keine Zeit für Takt!« gab Zalathorm zurück. »Du selbst hast gesagt, die Sicherheit Halruaas habe vor allen anderen Belangen zu stehen. Sprich!«
Mit offensichtlichem Widerwillen berichtete Matteo, wie Kiva in die Gemächer der Königin eingedrungen war und viele der mechanischen Kreaturen mitgenommen hatte. »Ich fürchte, diese Kreaturen befinden sich ganz in der Nähe. Die Magie, die erforderlich ist, um solch große Objekte zu bewegen, ist immens. Kiva hat einen mächtigen Zauber gewirkt, der jede Armee versprengen kann, indem die Soldaten an viele in der Nähe gelegenen Stellen versetzt werden.«
Zalathorms Augen wurden schmal. »Du hast diesen Zauber gehört? Wie kann es sein, daß du in den Gemächern der Königin warst, als das geschah?«
»Ich war nicht dort, sondern dieses Objekt.«
Er zeigte dem König die magische Flasche, dann zog er den Korken heraus. Procopio mußte ein Lachen unterdrücken, als er erkannte, daß die Flasche dem Abbild eines der großen Magier der Nordländer nachempfunden war. Es hieß, daß der alte Weise einen langen Schatten warf, aber gleich bis nach Halruaa?
Das Echo von Kivas Elfensopran erfüllte den Raum mit magiegeschwängertem Gesang, und Procopio vergaß darüber alles andere. Als der Zauber vollständig gesprochen war, setzte Matteo den Korken wieder auf.
Der König machte eine finstere Miene. »Nun gut. Dann muß die Stadt befestigt und gesichert werden. Der Kampfmagier Lhamadas wird die städtische Miliz befehligen.«
»Es gibt noch eine weitere Gefahr«, sagte Matteo mit schwerer Stimme. »Im Inneren des Palastes selbst.«
Er zog den Korken wieder heraus. Die Stimme Königin Beatrix’ antwortete auf Kivas Fragen. Der gesamte Senat hörte mit an, wie Kiva Beatrix für ihre gute Arbeit lobte.
Lange Zeit herrschte betroffenes Schweigen im Ratssaal. »Wenn ich Euch dies hätte ersparen können, Herr«, sagte Matteo leise, »dann
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