Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
zarten weißen Federn der Flügel, die aus ihren Schultern wuchsen. Mit einem schnellen brutalen Ruck riß sie sie ihr aus.
Der Körper der Undine krümmte sich in Agonie, und dann war sie verschwunden. Außer den Federn in Kivas Händen und der leuchtenden Phiole am Ufer erinnerte nichts mehr an sie.
Die Elfen standen da und waren zutiefst entsetzt. Kiva ignorierte sie und setzte die Phiole an die Lippen. Die leuchtende Flüssigkeit verschwand, während aus Kivas Schultern Flügel wuchsen. Andris hatte einen solchen Zauber noch nie gesehen, doch was sie getan hatte, war nicht schwer zu verstehen. Sie hatte die Lebenskraft der Undine an sich gerissen und damit zumindest vorübergehend die Fähigkeit jener Kreatur erlangt, im Wasser zu leben.
Elfischer Stahl fuhr fauchend aus vielen Scheiden, und alle Klingen wiesen auf Kivas Herz. Sie sprach ein einziges Wort, und im nächsten Moment glühten die Waffen rot, so daß die Elfen nichts anderes tun konnten, als sie mit einem Aufschrei fallen zu lassen, wo sie zischend und dampfend die nasse Erde versengten. Die Elfen stießen ihre verbrannten Hände in das kühlende Wasser.
Kiva sah zu Andris. »Töte sie.«
Er schüttelte den Kopf.
»Was ist mit der Kabale?« fragte sie höhnisch. »Welcher Preis ist zu hoch für ihre Vernichtung?«
»Dieser hier«, antwortete er leise.
Kiva hob die Hand und ließ blaues Feuer aufflammen. Ein Blitz schoß ins Wasser, raste über die Oberfläche und jagte in die bereits verbrannten Hände der Elfen. Bevor Andris sie aufhalten, bevor er überhaupt ein einziges Wort dagegen vorbringen konnte, lagen die Elfen tot am Ufer.
»Kein Preis ist zu hoch«, sagte sie entschlossen.
* * *
Dhamari Exchelsor saß am Fenster seines Turms und sah der bunt bemalten Avariel nach, die in der Begleitung Dutzender anderer Schiffe nach Norden flog. Natürlich würde auch Basel nach Norden fliegen, obwohl er seit langem mit Procopio Septus im Streit lag, denn Tzigone würde sich wünschen, an der Seite ihres Jordain zu kämpfen. Wenn Basel sich nicht darauf eingelassen hätte, dann war Dhamari sich sicher, Tzigone hätte einen anderen Weg gefunden, um ihr Ziel zu erreichen.
Aus den Straßen unter ihm war der Kampflärm zu hören, der von der mechanischen Armee der Königin ausging. Ihr Umfang war höchst beeindruckend. Mechanische Krieger kamen aus Kartoffelkellern und Hinterzimmern, Ställen, Gästezimmern und Gärten und fielen alles an, was sich ihnen in den Weg stellte. Dhamaris Erkundungszauber zufolge kam es überall zu kleinen Scharmützeln. Er sah mit an, wie zwei metallene Gnolle – abscheuliche Bestien mit Köpfen, die an Wüstendingos erinnerten – durch eine Straße polterten und einander ein kreischendes Kind zuwarfen, als wäre es ein Spielzeug. Dhamaris Wachen eilten hinterher und ließen den Turm unbewacht.
Es war egal. Der Magier sah ihnen zu und spielte mit einer kleinen Münze, die ihn an Tzigones Seite bringen würde, sobald der todbringende Zauber gewirkt und die Finsteren Feen herbeigerufen worden waren.
Sie würde sie rufen, dafür hatte Kiva gesorgt, ganz gleich, ob sie es wußte oder nicht.
* * *
Procopio hatte hunderte von Malen solche Kämpfe im Modell durchgespielt. Warum aber war er dann so wenig auf das Gemetzel vorbereitet gewesen?
So wie Kiva ihn gewarnt hatte, waren kleine Crinti-Gruppen in den Bergen in Stellung gegangen und hatten sich Vorsprünge ausgesucht, die höher lagen, als die Himmelsschiffe fliegen konnten. Sie waren zu gut geschützt und boten den fliegenden Magiern weder ein klares Ziel, noch konnte man sich eine Vorstellung davon machen, wie viele es waren. Wahrscheinlich waren es, wie Matteo vermutet hatte, deutlich mehr, als Kiva zugegeben hatte. In einem weiten Tal unter ihnen lieferte sich eine Gruppe Söldner unter dem Kommando des Jordain Iago einen blutigen Nahkampf mit den grauen Kriegerinnen.
Die meisten Himmelsschiffe tauchten tief ins Tal hinab. Der Kampf wurde auf so engem Raum ausgetragen, daß die Magier ihre Zauber nicht wirksam einsetzen konnten, also wurden die an Bord befindlichen Krieger an Seilen hinuntergelassen, um in den Kampf einzugreifen. Einige der mutigeren Crinti kletterten an eben diesen Seilen auch nach oben, um den Kampf auf die Himmelsschiffe zu verlagern.
Procopio hatte kleine Gruppe nach oben in die Berge geschickt, damit sie dort die anderen Crinti herausspülten. Sie eilten vorwiegend zu Positionen, die er »gesehen« hatte. Unter diesen Männern befand sich
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