Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
benötigt sofort meine Anwesenheit.«
»Eure Antwort?« fragte die Altardienerin.
»Es kann nur eine geben. Ich werde morgen beim ersten Licht nach Halarahh abreisen.«
»Ich begleite dich«, verkündete Iago.
»Ich ebenfalls!« erklärte Themo. Er schlug mit den Zügeln auf den Nacken seiner Echse, als wolle er auf ihr den gesamten Weg zurückreiten. Die große Kreatur hob und senkte kurz die Schultern, was an die Geste eines resignierenden Menschen erinnerte.
Matteo legte dem großen Jordain die Hand auf die Schulter. »Ich würde dich gern mitnehmen, aber deine Ausbildung ist nicht abgeschlossen.«
»Ausbildung!« grollte Themo. »In meinem Kopf sind so viele Informationen, daß für gar nichts anderes mehr Platz ist. Ab und zu muß ein Mann aufhören zu denken und statt dessen handeln. Bei Mystra! Was dieses Land braucht, ist ein Krieg!«
Finstere Erinnerungen an die jüngsten Sumpfkämpfe nahmen vor Iagos Augen Gestalt an. Einen Moment lang glaubte Matteo, Iago würde seine Waffe ziehen und dafür sorgen, daß Themos Theorien mit seinem eigenen Blut weggespült wurden. Der kleine Jordain erlangte aber rasch die Fassung wieder.
»Krieg folgt üblicherweise daraus, daß man aufhört zu denken«, bemerkte Iago. »Ich kann also davon ausgehen, daß dein Argument eine logische Grundlage besitzt.«
»Logik«, zischte Themo. »Mir war es lieber, als du mich Pferdearsch nanntest.«
Iago lächelte. »Glücklich ist, wer sich mit dem zufrieden gibt, was und wer er ist.« Obwohl er Themo meinte, warf Iago Matteo einen langen, finsteren Blick zu.
Themo, dessen Spaß an einer guten Beleidigung seine Spitzfindigkeit überstieg, hörte den Scherz und überhörte die Warnung. Matteo merkte sich das und würde in der kommenden Zeit noch oft daran denken.
* * *
Die Reise nach Halarahh verlief ohne Zwischenfälle. Der Halar war tief und zog mit großer Geschwindigkeit durch sein Bett, so daß die Boote der Azuth-Anhänger wie tieffliegende Schwäne über das Wasser schossen. Am Deltahafen wechselten Matteo und Iago auf ein seetüchtiges Schiff. Der Kapitän hielt sich dicht an der Küste, da draußen auf dem See düstere graue Wolken wie riesenhafte Zwerge rollten und polterten, die man aus dem Schlaf gerissen hatte. Am Ende des Tages kamen die Docks von Halarahh in Sicht.
Die beiden Jordaini lehnten sich gegen die Reling und sahen zu, wie sich der Abstand zwischen Schiff und Stadt verringerte.
»Wir haben noch gar nicht über deine Pläne gesprochen, Iago. Wirst du zu Procopio Septus zurückkehren?«
Der kleine Jordain zuckte die Achseln. »Zweifellos wird Meister Procopio mich an den ersten unbedeutenden Magier übergeben, der meine Dienste in Anspruch nehmen will.«
Matteo schüttelte den Kopf. »Du bist ein angesehener Stratege, und Meister Procopio ist ein ehrgeiziger Mann. Er wird dich nicht einfach gehenlassen.«
»Er ist ehrgeizig«, pflichtete Iago ihm bei, »und deshalb kann er es sich nicht leisten zu versagen. Zephyr war Kivas Verbündeter. Ich habe für sie gekämpft. Auch wenn das Jordaini-Kolleg mich von allem Fehlverhalten freigesprochen hat, könnte es für viele Beobachter so aussehen, als seien beide von der Norm abweichenden Jordaini Procopios vom Inhalt des gleichen Nachttopfs getroffen worden.«
»Du hast gegen den Laraken gekämpft und gesiegt«, erinnerte Matteo ihn. »Dein Erfolg dürfte reichen, um Zephyrs Verrat vergessen zu machen. Auf jeden Fall beweist der Sieg dein Geschick im Kampf, und das schätzt Procopio hoch ein. Er ist zu ehrgeizig, um deine Talente bei einer Hebamme oder einem Apotheker vergeudet sehen zu wollen.«
Iago schnaubte. »In Wahrheit würde ich lieber einem Salbenmischer dienen als einem Kriegsherrn.«
Kriegsherr. Der Titel lastete sehr auf der Stille, die folgte. Matteo nickte finster. »Dann siehst du es auch so. Procopio bereitet sich darauf, diesen Mantel zu tragen.«
»Procopio ist ehrgeizig«, wiederholte Iago behutsam.
»Krieg ist oft der Weg zur Macht. Bleib bei Procopio, wenn du kannst«, drängte Matteo. »Man sollte ihn im Auge halten.«
Iago sah ihn ungläubig an. »Was schlägst du vor?«
Matteo dachte sorgfältig über seine nächsten Worte nach, da er sich auf neues, gefährliches Terrain begab. »Wir Jordaini legen viele Eide ab, die uns an unsere Herren, an Halruaa und die Wahrheit binden. Was, wenn diese Eide in einen Konflikt miteinander geraten?«
»Aber ...«
»Hör mich erst an. Was ist unsere oberste Pflicht? Dienen wir dem Ehrgeiz
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