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Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Titel: Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Cunningham
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konnte sich mehrere Möglichkeiten denken. Er verdankte seinen Posten dem Tod seines Vorgängers. Der vorherige Ratgeber der Königin war durch einen ihrer Automaten zu Tode gekommen.
    Dieser Punkt hatte Matteo lange nachdenken lassen. Niemand im Palast sprach je von diesem Unfall. Auch im Kolleg war der Tod des Jordain nie erwähnt worden. Matteo war damals noch Student gewesen, und er hätte ganz sicher von einer derartigen Geschichte gehört. War es möglich, daß ein Mann starb und darüber genauso beharrlich geschwiegen wurde, wie die Schuldigen ungeschoren davonkamen? Halruaa war ein Land des Rechts, und zweifellos stand nicht einmal die Königin über dem Gesetz.
    Doch soweit Matteo es beurteilen konnte, war nichts getan worden, um der seltsamen, gefährlichen Freizeitbeschäftigung der Königin Einhalt zu gebieten.
    Viele Dinge, die seine adlige Herrin angingen, waren Matteo ein Rätsel, und dazu zählte auch das sonderbare Lied, das sie bei ihrer letzten Begegnung gesungen hatte. Einen Moment hatte sie ihn an Tzigone erinnert.
    Dabei hatte sie weder eine ähnliche Stimme, noch gab es äußerliche Parallelen zwischen der Königin und seiner Freundin. Ganz bestimmt sah er Geister in einem Haus, das gar nicht verflucht war! Er hatte Tzigone versprochen, ihr bei der Suche nach ihrer Mutter zu helfen, und natürlich würde er im Gesicht jeder Frau nach Tzigones Zügen suchen. Daß sie als Imitatorin so gut war und es schaffte, nach Belieben anders auszusehen, machte die Sache nicht leichter. Er hatte keinen Zweifel, daß sie der Hälfte aller Frauen von Halruaa ähnlich sehen konnte!
    In Gedanken versunken ging er einem kichernden Liebespaar aus dem Weg, das aus einer Schenke gewankt kam und sich gegenseitig stützte, um auf der Straße nicht den Halt zu verlieren. Als Matteo an der schmalen Gasse vorüberging, die hinter der Taverne verlief, regte sich eine kleine Gestalt im Schatten, und ein schmutziges Gesicht folgte ihm mit dem Blick, als er weiterging.
    Der Jordain setzte seinen Weg fort, nahm aber die leisen Schritte hinter sich deutlich wahr. Es überraschte ihn nicht, als er eine flüchtige Berührung am Heft seines silbernen Dolchs wahrnahm.
    Matteo griff ruckartig hinter sich und bekam ein dünnes Handgelenk zu fassen. Er wirbelte zu dem Dieb herum, verdrehte ihm den Arm und packte ihn so, daß er mit dem Rücken zu Matteo stand. Er drängte seinen Gefangenen zurück in die Gasse, wo sie unbeobachteter waren. Das alles tat er rasch und mit so wenigen Geräuschen und Bewegungen wie nur möglich. Die Gesetze des Landes waren für Diebe hart und gnadenlos.
    Der Dieb schien das zu verstehen und ließ Matteo gewähren, war aber zweifellos mit den Gedanken bei der Flucht, die er antreten würde, sobald sie in der Abgeschiedenheit der Gasse waren.
    Matteo schob den Dieb hinter einen Kistenstapel. »Du hast von mir nichts zu befürchten«, flüsterte er. »Diebstahl läßt auf große Armut schließen. Wenn dem so ist, dann sag es frei heraus. Ich werde dich nicht verraten und dir helfen, so gut ich kann.«
    »Tja, wenn das so ist ... mich juckt da eine Stelle zwischen den Schulterblättern, an die ich einfach nicht herankomme«, erwiderte eine vertraute Altstimme, die nur mit Mühe ein Lachen unterdrückte.
    Eine Fülle vertrauter Gefühle durchfuhr Matteo – Amüsement, Zuneigung, Wut und jene Mischung aus Verärgerung und Erleichterung, wenn er auf einen von Andris’ Streichen hereinfiel.
    »Tzigone«, flüsterte er und ließ den scheinbaren Straßenbalg los, der sich zu ihm umdrehte.
    Obwohl er jetzt wußte, wen er vor sich hatte, konnte Matteo seine Freundin unter ihrer Tarnung noch immer nicht genau erkennen. Sie hatte sich eine dunkle Paste ins Gesicht geschmiert, um den Eindruck von Sonnenbräune zu erwecken, und ihre geschwollene Wange ließ noch die gelblichen Ränder einer schweren Prellung erkennen. Sie nahm einen kleinen, zusammengerollten Lappen aus dem Mund, und prompt nahm ihr Gesicht vertraute Züge an.
    Tzigone faßte mit beiden Händen in sein Haar und zog ihn zu sich herab, damit sie ihm einen dicken Kuß auf die Nase geben konnte. Dann wischte sie die Farbe ab, die sie auf seiner Haut hinterlassen hatte.
    Matteo war verwirrt und machte einen Schritt zurück, um seine Jordaini-Würde wie einen Umhang um sich zu legen. »Kleidet Basel Indoulur so seine Lehrlinge?«
    »Ich kleide mich selbst an, vielen Dank«, gab Tzigone zurück. Ihre Augen strahlten voller Schalk. »Das gilt auch für das

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