Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
falsche Bücher hervor, ehe sie fand, was sie suchte.
»Hier ist es – Notizen über alle Jordaini-Ratgeber, die in Procopios Diensten gestanden haben.« Sie blätterte die Seiten rasch durch und stieß einen langen Pfiff aus. »Er hatte aber eine ganze Menge. Ich frage mich nur, warum.«
»Vergiß die anderen, wir sind Zephyrs wegen hier«, erinnerte Sinestra sie. Sie trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und sah nervös von Tür zu Tür.
»Hier.« Tzigone fuhr mit dem Finger über die Seite und überflog die ordentlichen Runen. »Zephyr hat mal für Königin Fiordella gearbeitet. Beeindruckend.«
»Was heißt das?«
Tzigone zuckte mit den Schultern. »Wenn ich das mal wüßte. Notiert folgendes: Als Fiordella starb, wechselte Zephyr zur Nekromantin Cyclominia, von dort zu Rondati Denister und schließlich zu Procopio.«
Die Magierin notierte alles hastig auf einem Stück Pergament. »Irgend jemand vor der Königin?«
Tzigone las die Namen der Herren, die Sinestra mitgeschrieben hatte. »Das reicht fast 200 Jahre zurück, aber er war auch sehr alt. Hier steht nicht, was er davor tat.« Sie seufzte enttäuscht und klappte das Buch zu. »Wir müssen uns in Zephyrs Kammer umsehen.«
Sinestra Belajoon machte einen zweifelnden Eindruck, gab Tzigone aber das Pergament zurück und folgte der jungen Diebin, die mit schnellen Schritten durch die Bibliothek ging und vorsichtig Regale und Wandverkleidungen berührte.
»Hier«, sagte sie schließlich. Sie lehnte sich an eines der Regale, das sich wie eine Wetterfahne in einer steifen Brise drehte. Kleine Lampen flackerten in der Dunkelheit und zeigten den Verlauf eines langen, schmalen Flurs.
Sinestra Belajoon spähte hinein. »Magisches Licht. Kein Staub. Nicht meine Vorstellung von einem Geheimgang.«
»Wenn Ihr Spinnweben und Geister wollt, dann gibt es in den unteren Ebene interessantere Gänge«, sagte Tzigone teils im Spaß, teils ernstgemeint. Sie bedeutete Sinestra, sich in Bewegung zu setzen. Die Magierin stöhnte zwar auf, betrat aber dann den Durchgang.
Sie eilten bis zum Ende des Gangs und dann eine enge Wendeltreppe hinauf. »Magier-Fürsten mögen es nicht, wenn sie warten müssen«, erklärte Tzigone. »Sie haben gerne einige Geheimnisse. Wenn Ihr erst einmal ein paar Landhäuser gesehen habt, wird Euch das Muster bewußt werden: Nebengänge für die Diener, private Eingänge für die Ratgeber und Geliebten. Ich wette Brotkrumen gegen Eure Münzen, daß diese Treppe in den Raum seines Hauptratgebers führt.«
Tzigone hatte beinahe recht. Der Gang endete in einem aufwendig eingerichteten Schlafraum. Zwei Dienerinnen waren damit beschäftigt, die zerknitterten Laken von dem breiten Bett abzuziehen. Sie schreckten auf und sahen die beiden Neuankömmlinge an.
»Nehmt Euer Kopftuch ab«, flüsterte Tzigone.
Sinestra Belajoon gehorchte. Ihr Haar fiel in langen, glänzend dunklen Wellen um ihr Gesicht.
»Zieht Euch aus.«
Die Magierin verzog amüsiert den Mund, als sie verstand, was Tzigone vorhatte. Sie begann, die Kleidung der Dienerin abzulegen, darunter kam ein prachtvolles Gewand zum Vorschein.
Tzigone wandte sich den beiden Dienerinnen zu. »Ist das Bad bereit?«
Die beiden Mädchen sahen einander an. »Nein«, stammelte dann eine von ihnen.
»Na, dann geht in die Küche und holt heißes Wasser! Seht zu, daß ihr es mit Jasmin und Ysop verseht. Meister Procopio hat ausdrücklich um eine Verabredung bei Sonnenaufgang gebeten, wir haben also keine Zeit zu vergeuden.«
Die beiden Dienerinnen eilten aus dem Raum, um sich der Aufgabe zu widmen, die ihnen angeblich übertragen worden war. Sinestra Belajoon kicherte und legte ihr Tuch wieder um.
»Das war schnell reagiert. Kehren wir in die Bibliothek zurück und versuchen es noch einmal?«
»Ja, es sei denn, Ihr wollt auf Procopio warten.«
Sie brauchten noch zwei Versuche, dann endlich fanden sie den Weg zu Zephyrs Kammer. Der Raum war spärlich und spartanisch eingerichtet: ein Bett, ein Tisch mit Tintenfaß und Kerze, ein kleiner Wandspiegel, drei schmale Fenster. Einige Jordaini-Kleidungsstücke in strahlendem Weiß hingen noch an den Wandhaken.
Dennoch durchsuchte Tzigone den gesamten Raum systematisch. Sie stieß auf ein kleines leeres Schränkchen hinter dem Spiegel und ein Versteck im Boden, sonst nichts.
»Nichts hier beweist eine Verbindung zwischen Zephyr und Kiva«, sagte sie dann. »Ich war sicher, daß er einen winzigen Hinweis hinterlassen hätte.«
»Vielleicht war er ja
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