Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
Bürschchen«, sagte Tzigone zu sich selbst. Ihr sarkastischer Ausdruck schmolz dahin, dann sah sie Matteo bittend an. »Es könnte die einzige Möglichkeit sein, die Wahrheit über Keturah zu erfahren. Ich weiß, ihr Jordaini seid der Wahrheit verpflichtet«, fügte sie hastig an, »und ich will dich auch nicht bitten, für mich zu lügen. Ich möchte nur, daß du ... ein wenig bohrst, ohne mit der Wahrheit herauszurücken.«
Matteo dachte einen Moment nach. »Du bist ein großes Risiko eingegangen, so offen über Keturah zu sprechen. Kannst du Basel trauen?«
»Gewissermaßen.«
Matteo lächelte schwach und humorlos. »Ein Wort, das man derzeit häufig hört. Gut, ich werde zu diesem Magier gehen und alles in Erfahrung bringen, was er zu sagen bereit ist.«
Aus einem Impuls heraus warf Tzigone Matteo die Arme um den Hals. Aus dem Augenwinkel sah sie zwei in Weiß gekleidete Männer aus dem Palasttor kommen. Vom Schalk erfaßt ließ sie sich fallen, so daß Matteo automatisch seine Arme um sie legte, um sie festzuhalten. Einen Moment später löste sie sich aus seiner Umarmung und trat einen Schritt zurück. Ihre Augen funkelten, um ihre Lippen spielte ein lässiges Lächeln.
»O nein, Herr«, protestierte sie atemlos, während sie ihm seinen eigenen Beutel Münzen zurückgab. »Wer könnte für eine solche Meisterleistung einen Preis nennen?«
Sie seufzte tief und glättete ihr Haar. Dann wandte sie sich um und stolzierte mit dem schwungvollen Gang einer Hure davon. Sie warf einen Blick zurück und grinste, als sie die respektvollen Blicke bemerkte, die die Jordaini Matteo zuwarfen. Einer der Männer klopfte ihm im Vorübergehen kameradschaftlich auf die Schulter.
Matteo warf ihr einen finsteren Blick zu und hatte nach wenigen Schritten zu ihr aufgeschlossen. »Du hast dir Sorgen um deinen Ruf gemacht«, sagte Tzigone mit Unschuldsmiene und wahrten den Abstand. »Der scheint jetzt einen gewaltigen Satz nach oben gemacht zu haben.«
Sein ernster Gesichtsausdruck verschwand, und fast gegen seinen Willen mußte er lächeln. Rasch setzte er wieder seine wütende Miene auf und nahm sich eine Melone von einem Karren, der an ihm vorbeigeschoben wurde. Der Händler wollte protestieren, aber da warf ihm Matteo eine Münze zu, dann hielt er die Melone so, als wolle er sie Tzigone hinterherwerfen.
Sie stieß einen hellen Schrei aus und flüchtete sich in eine Nische der Palastmauer. Als kein Geschoß kam, spähte sie vorsichtig um die Ecke.
Matteo stand ein paar Schritte entfernt und hielt ihr ein Stück Melone hin. »Frühstück?«
Tzigone nahm das angebotene Fruchtstück und deutete auf den Platz auf der Bank gleich neben ihr. Matteo nahm Platz. Der Ratgeber der Königin und die geschminkte Streunerin saßen Seite an Seite und aßen die Frucht, dann teilten sie sich den kleinen Laib Brot, den Tzigone aus ihrer Tasche holte. Ausnahmsweise fragte Matteo nicht, wie sie an das Brot gelangt war, und gab auch keinen Kommentar von sich, was die seltsamen Blicke der Passanten anging, die das ungleiche Paar auf sich zog.
Sie sprachen nicht von den Unterschieden, die sie beide voneinander trennten, und auch nicht über die Probleme, die sie beide verbanden. Doch als die Sonne sich über die östliche Stadtmauer erhob, wich auch die Dunkelheit, die sich über Tzigones Herz gelegt hatte.
ZWÖLFTES KAPITEL
M atteo ging direkt zum Turm Dhamari Exchelsors. Er war sicher, man würde ihm Einlaß gewähren. Niemand verweigerte sich dem Jordain der Königin, auch wenn die Gründe für die Gastfreundschaft unterschiedlich waren. Matteo war daran gewöhnt, mit allem konfrontiert zu werden – von äußerster Zurückhaltung bis hin zu völliger Begeisterung, je nachdem, mit welcher Nachricht man rechnete.
Matteo erklärte dem Wachmann am Tor, er komme nicht in Angelegenheiten der Königin, sondern aus einem persönlichen Grund. Er sah die Reaktion des Dieners: Verzweiflung spiegelte sich in seinen Augen, als hätte die Erklärung eine große Hoffnung zerschmettert. Einige Leute waren in ihrem Ehrgeiz wahrhaft grenzenlos!
Der Wachmann kehrte rasch zurück und führte Matteo in den Turm. Der Empfangssaal war nicht groß, bot aber genug Platz für einige bequeme Sessel und verstreute kleine Tische. In einer Ecke sprudelte ein Brunnen und ergoß das Naß über Weinflaschen, die in einem magischen gekühlten Becken standen. Silberkelche standen auf einem Tisch gleich neben dem Brunnen, unter einer Glashaube lagen gezuckerte Früchte.
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