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Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Titel: Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Cunningham
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vorsichtig.«
    »Vielleicht war auch jemand vor uns hier«, gab Tzigone zurück. »Vielleicht will Procopio wie ich unbedingt die Verbindung zwischen Zephyr und Kiva finden.«
    »Aber Procopio würde doch nichts mit einer abtrünnigen Elfe zu tun haben wollen«, warf Sinestra ein.
    »Das meine ich ja. Er würde versuchen, alles wegzuschaffen, was als Verbindung zwischen den beiden gelten könnte.« Tzigone seufzte und ließ ihre vor Anspannung verhärteten Schultern kreisen, um sie zu lockern. »Ich bin fertig. Wollt Ihr etwas mitnehmen, bevor wir uns auf den Weg machen?«
    Die Magierin sah sich in dem kargen Raum um und tippte sich mit dem Zeigefinger nachdenklich ans Kinn. »Hier ist nicht viel, was man mitnehmen könnte. Das Los eines Jordain scheint mir recht blaß.«
    »Stimmt, aber irgend etwas gibt es immer.« Tzigone machte sich wieder an die Arbeit, suchte erneut nach Geheimfächern und tastete die Kleidung nach versteckten Taschen ab. Sie stieß auf eine winzige Tasche, die in den Saum der Tunika eingenäht war. In ihr steckte ein zusammengefaltetes Stück Pergament, das feinen braunen Staub enthielt. Sie zeigte es Sinestra Belajoon. »Sieht das interessant aus?«
    Die Magierin befeuchtete eine Fingerspitze, drückte sie in das Pulver und leckte ab. Dann verzog sie das Gesicht. »Ekelhaft. Das ist schon fast eine Garantie, daß es sich um eine wichtige Zauberkomponente handelt. Ich nehme es.«
    »Nicht alles«, warnte Tzigone sie. »Der habgierige Dieb wird gefaßt. Wenn Ihr nur eine Fingerspitze nehmt, wird Procopio wahrscheinlich nicht auf die Suche nach Euch gehen.«
    Sinestra Belajoon sah sie erstaunt an. »Warum sollte er? Ich bezweifele, daß er von unserer Anwesenheit weiß. Magier verfügen über gesicherte Räume, in denen sie ihre Zauberkomponenten lagern.«
    »Wenn jemand verdächtigt wird, werden als erstes die mit Abwehren versehenen Räume durchsucht«, betonte Tzigone. »Außerdem war erst vor kurzem jemand hier. Die Falltür wurde mit einem Messer geöffnet – man sieht das an den frischen Kratzern auf dem Holz und an den Fingerabdrücken im Staub. Ich würde auf Procopio wetten. Seine Diener würden es nie wagen, hier einzutreten.«
    »Wieso denn nicht? Procopio vertraut seinen Dienern viel zu sehr. Sieh doch, wie ungestört wir umherlaufen können!«
    Tzigone versuchte gar nicht erst, es zu erklären. Sie wußte nicht, warum sie Magie so deutlich wahrnahm, dabei aber für Magie praktisch unsichtbar blieb. Magische Schutzvorrichtungen fanden sich an fast jeder Tür und in jedem Gang im Landhaus. Sie hatte sie wahrgenommen, ohne entdeckt zu werden. Sinestra Belajoon, die sich einen halben Schritt hinter ihr hielt, war nach wie vor ihr Schatten. Tzigone hatte auf harte Art und Weise gelernt, wie weit die Grenzen ihrer geschützten Sphäre reichten. Sie kannte und nutzte sie, aber sie verstand sie nicht.
    »Wir müssen los«, sagte sie nur knapp.
    Sinestra Belajoons Augen strahlten vor Begeisterung, auch wenn ihr »Schatz« spärlich und von ungewissem Wert war. In ihrem Elan vergaß sie, den halben Schritt Abstand zu halten, aber Tzigone sagte nichts. Als sie an einem großen ovalen Spiegel vorübergingen, warf sie einen Blick auf ihr Abbild. Tzigone sah so aus wie in jedem anderen Spiegel – aber nicht Sinestra Belajoon.
    Die Diebin sah sich im Gang um, bis sie sicher war, daß sie allein waren. Sie packte Sinestra am Arm, riß ihr das vieles verdeckende Tuch vom Kopf und zerrte sie vor den Spiegel.
    Sinestra Belajoons Augen weiteten sich vor Entsetzen, dann wurden sie vor Resignation matt, als sie sah, wie das Verstreichen der Jahre unter ihrer magischen Tarnung versteckt worden war.
    Das Spiegelbild der Magierin war nicht nur älter, sondern auch deutlich unattraktiver. Ihr Haar war noch immer lang und voll, aber es war nicht glänzend schwarz, sondern hatte im Lauf der Zeit eine aschbraune Farbe angenommen. Außerdem zogen sich graue Strähnen hindurch. Sie war noch immer schlank, doch ihre Kurven waren nicht so üppig. Ihr Gesicht war nicht herzförmig, sondern spitz, ihr Mund breiter. Falten waren in ihren Augenwinkeln zu sehen. Die glatte, seidige Haut, die die Farbe dunklen Honigs hatte, wich einem blassen Teint, der mit Sommersprossen übersät war. Nicht das Gesicht einer verhätschelten Edlen, sondern das einer Bürgerlichen, die ein hartes Leben hinter sich hatte – oder einer Magierin, die zu viele Jahre ihres Lebens auf der Flucht verbracht hatte.
    »Seht uns an«, flüsterte

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