Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
her, um über wichtige Dinge zu sprechen, und statt dessen habt Ihr Euch die Geschichten eines alten Mannes angehört. Was kann ich Euch sagen, das Euch weiterhelfen wird?«
»Kiva spürte Keturah auf und hat Euch gegenüber damit geprahlt. Ich verstehe das erste – sie war eine Bluthündin, die ihre Pflicht tat –, aber nicht das zweite. Warum sollte sie das tun? Gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen Euch dreien, die die Elfe zur Rache veranlaßten?«
Der Magier dachte nach, dann nickte er. »Kiva beschwor einen Kobold und wurde ihn nicht wieder los. Die Kreatur richtete beträchtlichen Schaden an, bis Keturah kam und ihn bändigte. Sie verbannte Kiva aus diesem Turm.«
»Es gab also eine Meinungsverschiedenheit.«
»Nicht von Keturahs Seite aus. Sie verbannte Kiva, weil es richtig und vernünftig war. Ich stehe vor Euch als Beweis dafür, daß in Keturahs Herzen kein Platz für Groll war«, sagte er und fuhr widerwillig fort: »Ihr müßt wissen, daß ich Kiva bei dem Zauber half. Keturah vergab mir nicht nur, sondern heiratete mich auch.«
Die Miene des Magiers verfinsterte sich. »Trotzdem kann ich kaum glauben, daß Kiva es deswegen genoß, Keturah zu töten. Wer könnte zu etwas so bösartigem fähig sein?«
Da Dhamaris Frage rhetorisch war, antwortete Matteo nicht. Er bedankte sich mit den typischen Höflichkeitsfloskeln und ging. Als er den grünen Turm hinter sich gelassen hatte, ging Matteo im Geiste alles durch, was er gehört hatte. Spreu und Weizen, wie wahr! Keturah war eine gefallene Magierin, Mörderin und Ehebrecherin. Wie sollte er Tzigone all das sagen?
Aber wie konnte er es verschweigen? Wichtige Wahrheiten vor einem Freund zu verheimlichen war genauso falsch wie eine offene Lüge.
Aber war das nicht exakt das, was Tzigone tat? Sie mußte von Basels Vergangenheit wissen – sie war so vorsichtig und wachsam wie jeder, den Matteo kennengelernt hatte. Vielleicht tat sie aber auch genau das, worum sie ihn gebeten hatte, und bildete sich ein Urteil über den Mann. Er war nicht sicher, ob er wütend oder dankbar sein sollte. Er hatte keine Ahnung, was er empfinden sollte.
Matteo nahm das Medaillon aus der Tasche und betrachtete es. Es war schlicht und wies auf kein besonderes handwerkliches Geschick hin. Aber Keturah war als Magierin erfolgreich genug gewesen, um Schüler auszubilden und einen edlen Turm aus grünem Marmor zu besitzen. Sie hätte wohl kaum einen so schmucklosen Anhänger getragen, wenn er nicht auf besonders machtvolle Weise verzaubert war. Wenn dem so war, mochte es sein, daß er Tzigone in Gefahr brachte, wenn er ihn ihr gab. Er kannte Dhamari nicht gut genug, um ihm zu trauen.
Die Vernunft verlangte von ihm, das Stück von einem Magier untersuchen zu lassen, doch wem sollte er sich anvertrauen? Gewiß nicht Beatrix. Da das Medaillon keine Zahnräder oder Bänder aufwies, würde es sie nicht interessieren. Auch nicht Procopio und auch keinem der Magier des Jordaini-Kollegs.
Eine Idee schoß ihm durch den Kopf, die er aber nicht näher untersuchen wollte, da er fürchtete, sie könne der Jordaini-Logik nicht standhalten.
Matteo machte auf dem Absatz kehrt und ging direkt zum nächsten Boulevard. Er ließ mehrere magische Transportmittel passieren und wartete auf das Poltern eines gewöhnlichen Vierspänners. Matteo wies den Kutscher an, ihn zu Basel Indoulurs Turm zu bringen.
Das Heim des Magiers in Halarahh war ein bescheidenes, gemütliches Landhaus in einer ruhigen Seitenstraße, das kaum dem Zuhause eines ehrgeizigen Magierfürsten entsprach. Matteo hielt sich vor Augen, daß Meister Basel der Bürgermeister einer anderen Stadt war, wo er ohne Zweifel im üblichen Luxus schwelgte. Er bat den Kutscher zu warten, dann nannte er der Torwache seinen Namen und den seines Herrn und bat um eine Privataudienz bei Basel.
Ein Diener führte Matteo durch den Garten zu einem kleinen Haus, das von Ranken überzogen war. Nachdem Matteo eingetreten war, fielen ihm große Fenster auf, durch die das Sonnenlicht in den Raum flutete, die er von draußen aber nicht hatte sehen können. Meister Basel war – so schien es – für heimliche Treffen bestens vorbereitet.
Als Basel eintrat, war Matteos erster Gedanke, Dhamari müsse sich über die Vergangenheit des Magiers geirrt haben. Jordaini-Meister waren üblicherweise ein Vorbild für die Schlichtheit und Disziplin, die sie ihren Schülern abverlangten. Basels Kleidung war aus purpurner und karmesinroter Seide, Farben, die sich
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