Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
Bücher lagen auf den Tischen zwischen den Sesseln, und Kerzen lagen bereit, um beim Lesen Licht zu spenden. An den Wänden hingen in regelmäßigen Abständen Glocken, die vermuten ließen, daß sofort ein Diener erscheinen würde, wenn ein Gast einen Wunsch hatte. Insgesamt war es ein sehr bequem eingerichteter, gemütlicher Raum.
Matteo hatte sich eben erst gesetzt, als der Herr des Hauses hereinkam. Er stand sofort wieder auf und begrüßte den Magier mit der angemessenen Höflichkeit. Auch wenn von Jordaini nicht erwartet wurde, den Blick zu senken, wenn sie sich verbeugten, machte Matteo es trotzdem, um seine Überraschung zu verbergen. Er konnte sich nicht vorstellen, wieso die Frau, die Tzigone zur Welt gebracht hatte, einen solchen Mann hätte heiraten sollen.
Exchelsor war ein sanftmütig dreinblickender, dicklicher und blasser Mann. Er hatte schütteres Haupthaar mit Ansatz zur Glatze und reichte Matteo bis zu den Schultern. Seine Augen waren verkniffen wie bei einem Mann, der nur wenig Zeit außerhalb seines Hauses verbringt. Sein dunkelbrauner Bart war gepflegt, und er trug schlichte, gute Kleidung. Wie sein Empfangssaal machte auch der Mann selbst nicht den Eindruck, als müsse er etwas vorgeben, was er eigentlich nicht war. Er wirkte wie jemand, der mit seinen Lebensumständen zufrieden war und keinen Ehrgeiz hatte, mehr zu erreichen. Als Matteo nach dem Wort suchte, das den Mann am besten beschrieb, kam ihm sofort »gut« in den Sinn.
»Zuviel der Ehre«, protestierte Dhamari sanft. »Ich hoffe, Ihr werdet mir Gelegenheit geben, mich für Eure Geste zu revanchieren. Wenn es etwas gibt, mit dem ich Euch dienen könnte, sagt es frei heraus.«
Matteo sah dem Mann in die neugierigen Augen. »Ihr seid äußerst großzügig, aber vielleicht bedauert Ihr Euer freundliches Angebot, wenn Ihr erst meine Geschichte gehört habt.«
»Wir werden über die Geschichte urteilen, wenn sie erzählt ist. Darf ich Euch Wein anbieten?« Dhamari wies auf das Kühlbecken. »Exchelsor Rose, ein guter Begleiter für lange und durstig machende Geschichten.«
Der Jordain lehnte dankend ab und setzte sich in den Sessel, den Dhamari Exchelsor ihm anbot. Er erzählte ihm in knappen Worten die Geschichte über Akhlaurs Sumpf und beschrieb die Verletzung, die Kiva in eine lange und schlafähnliche Trance versetzt hatte, ließ dabei aber ihre Flucht aus.
»Ihr seht also«, schloß er, »es ist sehr wichtig, über den Verbleib des Portals so viel zu erfahren, wie wir können. Wenn nicht von Kiva, dann vielleicht von denen, die mit ihr zu tun hatten.«
Dhamari lehnte sich zurück. »Ihr seid wirklich gut vorbereitet. Ich hatte schon fast die Zeit vergessen, die ich mit Kiva in diesem Turm verbrachte.«
Das war allerdings eine Neuigkeit! »Wie lange ist das her?«
»Ich würde sagen ... gut sechsundzwanzig Jahre«, sagte der Magier. »Wir waren beide Schüler derselben Herrin, einer sehr begabten Magierin der Beschwörerschule. Es ist fast unmöglich, daß es schon so lange her sein soll!«
Matteo hatte vorgehabt, Kiva zu erwähnen und sich dann an Keturah heranzuarbeiten, doch dies war eine unerwartete Abkürzung. »Könnte diese Magierin, Eure ehemalige Herrin, etwas über Kiva aus der Zeit nach der Ausbildung wissen?«
»Ob sie es könnte? Ja, zu ihrem und meinem Bedauern!« Exchelsor atmete tief durch und lächelte entschuldigend. »Vergebt mir. Ich spreche selten von Keturah. Es bereitet mir große Freude, aber auch große Trauer. Vielleicht ist Euch ihr Name bekannt.«
»Er wurde in Akhlaurs Sumpf erwähnt.«
»Ich kann mir den Grund vorstellen.« Dhamari beugte sich in seinem Sessel vor. »Dieses Mädchen, diese unausgebildete Bürgerliche, deren Stimme den Laraken fesselte – erzählt mir von ihr.«
Matteo spreizte beiläufig die Hände. »Da gibt es wenig zu sagen. Sie ist Straßenkünstlerin, sie hat ein mildes Herz und einen wachen Verstand. Sie kann jede Stimme nachahmen, die sie hört. Sie ist in der Kunst ungeübt, aber sie hat hier und da Zauber aufgeschnappt. Sie hat großes wildes Talent, wie man in dieser zivilisierten Zeit nur selten findet, aber sie wird jetzt ausgebildet.«
»Ja, bei Basel, wie ich hörte«, sagte Dhamari. »Ich war einer der vielen Magier, die sich angeboten haben, sie auszubilden, aber der Rat und das Mädchen selbst waren Basel zugeneigt. Er hat viel Erfahrung als Lehrer, wie Ihr wißt.«
Matteo wußte es nicht, nickte aber. »Meister Basel mag es, Lehrlinge um sich zu haben«,
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