Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
Komponenten und feiner Schnitzarbeiten willen erlegt. Es war eine Sitte, an die sich Keturah nie hatte gewöhnen können.
Der Behir verharrte am Ufer. Winzige blaue Funken zuckten, als die Kreatur schnupperte und den Geruch von Keturahs Magie in sich aufnahm.
Deren Melodie veränderte sich zu einem Wiegenlied, das den Behir gähnen ließ. Als er das gewaltige Maul aufriß, blitzten kristallene Reißzähne auf. Die Kreatur umkreiste sie zweimal wie ein schläfriger Hund, dann legte sie sich hin und bettete das Maul auf die Vorderpfoten. Das magische Knistern ließ nach, als der Behir tief einschlief.
Keturah sang weiter, breitete die Arme aus und setzte zu einem Verkleinerungszauber an. Jedesmal, wenn sie die Hände aufeinander zubewegte, verringerte sie den Abstand etwas, und im gleichen Maß schrumpfte auch der Behir, bis das drei Meter sechzig lange Geschöpf nicht mehr größer war als eine Libelle.
Sie nahm den winzigen Behir und setzte ihn auf ihre Schulter, wo er sich instinktiv am Stoff ihrer Tunika festklammerte. Keturah machte sich auf den Heimweg und überlegte unterwegs, wie und wo sie das Tier am besten freilassen sollte.
Ein paar Schritte vor ihrem Turm blieb sie stehen und mußte sich wie so oft darüber wundern, daß dies tatsächlich ihr Anwesen war. Von einer Mauer umgeben, handelte es sich um eine ganze Reihe edler Gebäude: die Quartiere für die Diener, ein Gästehaus, ein Badehaus, sogar ein Stall war vorhanden. Der weitläufige Garten duftete nach blühenden Kräutern und war vom morgendlichen Gesang der Vögel erfüllt. Die Krönung ihres Anwesens war der Magierturm, ein hoch aufragendes, sechsseitiges Bauwerk aus grüngeädertem Marmor, überzogen von blühenden Ranken und gekrönt von einer zwiebelförmigen Spitze aus mit Grünspan überzogenem Kupfer.
Mit 25 war Keturah ungewöhnlich jung für eine Besitzerin eines so prachtvollen Anwesens, doch sie beherrschte die Kunst der Beschwörung, eine Kunst, die in Halruaa hochangesehen war und die ungewöhnlichste aller magischen Talente darstellte, wahrhaft meisterlich. Sie war sehr gefragt, und dementsprechend wurde sie auch entlohnt. Der Turm war der Lohn dafür gewesen, Dhamari Exchelsor zu unterweisen, den einzigen Sohn aus einer Familie wohlhabender Elektrumminen-Besitzer und Weinhändler. Keturah gefiel es nicht, daß sie ihr Zuhause einem einzigen Schüler zu verdanken hatte, aber dies war der übliche Weg. Der Lohn für die Ausbildung war hoch gewesen. Einem wahrlich begabten Schüler mangelte es zwar nie an Lehrern, doch von aufstrebenden Magiern mit mäßigem Talent wurde erwartet, daß sie für ihre Ausbildung gut bezahlten. Dhamari Exchelsor war in der Tat ein Mann mit mäßigem Talent.
Sie mußte ihm lassen, daß er hart arbeitete. Anders als einige von Keturahs anderen Lehrlingen zeigte Dhamari kein Interesse an ihr oder seinen Mitschülerinnen. Auch belästigte er nicht die Dienstmädchen. Er war adrett, höflich und respektvoll. Keturah hätte ihn für völlig gefühlskalt gehalten, wäre da nicht seine Faszination für die neueste Schülerin gewesen.
Keturah seufzte und ärgerte sich darüber, welchen Weg ihre Gedanken eingeschlagen hatten. Kiva, eine Altardienerin aus dem Tempel des Azuth, war erst vor kurzem zu Keturah geschickt worden, da sie pflichtgemäß in allen magischen Künsten unterwiesen werden mußte. Kiva war eine wilde Elfe, eine Seltenheit in Halruaah. Ihre goldenen Augen erinnerten Keturah an eine Dschungelkatze, und sie vermutete, daß sie gleichermaßen unberechenbar war.
Einer Sache war sich Keturah sicher: Kiva übte einen schlechten Einfluß auf Dhamari aus. Er war von legendären Geschöpfen und dunkler Magie begeistert, und die exotische Kiva schien seine Phantasie zu beflügeln. In jüngster Zeit hatte er Keturah nach Zaubern gefragt, die ihm erlaubten, so wie sie Kreaturen herbeizurufen und zu befehligen. Doch Dhamari hatte kaum Talent für diese Form der Beschwörung – genaugenommen für keine Form dieser Zauberkunst. Bald würde Keturah ihn anhalten müssen, sich einen neuen Meister zu suchen und anderen Formen der Magie zuzuwenden. Der bloße Gedanke erfüllte sie mit großer Erleichterung.
Keturah verwarf diese Überlegungen und durchschritt das äußere Tor. Sie blieb so abrupt stehen, als hätte der Atem eines Eisdrachen sie mitten in der Bewegung erstarren lassen.
Ihre Nackenhaare stellten sich auf, Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen. Ein zweites Schaudern bestätigte, was ihre
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