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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Der Sportwagen sprang nach vorn und sie rasten ins Dorf hinab, am Gasthaus Krone vorbei, ließen die Kirche links liegen und bogen auf den schmalen Weg, der aufs Hardt hinaufführte, ein.
    »Da! Wer ist das dort?«
    Bubi hatte Fuchs als Erster entdeckt. Fuchs rannte mit wehendem Mantel über die Wiese, genau auf sie zu. Immer wieder blickte er sich um und stolperte den steilen Hang herab.
    »Das werden wir gleich erfahren.« Kiefer riss das Lenkrad herum und das lädierte Auto setzte mit Vollgas über einen schmalen Graben. Der Motor heulte auf, als die Räder kurz den Bodenkontakt verloren. Fuchs entdeckte sie und blieb stehen. Der Wagen kam direkt auf ihn zu und irgendwo hinter ihm wartete eine wütende Menschenmenge.
    »Mach dein Gewehr bereit«, befahl Kiefer. Bubi hatte Mühe, das Gewehr nicht aus den Händen zu verlieren, geschweige denn zu entsichern, so wie Kiefer über die Wiese raste.
    »Jetzt haben wir ihn!«
    »Er blutet am Kopf«, brüllte Bubi. Kiefer stellte den Wagen quer, stieß die Fahrertür auf und brachte seine Waffe in Anschlag. Sie stiegen aus, die Aufregung pochte in ihnen und der Fremde stand vor ih nen, Überraschung und Entsetzen im Gesicht.
    »Hände hoch«, schrie Kiefer und ging auf Fuchs zu. »Hast du nicht gehört, nimm deine Pfoten hoch!«
    Fuchs folgte dem Befehl. Er streckte die Arme zur Seite, zeigte seine Handflächen. Ringsum freies Feld, kein Strauch, kein Busch, hinter dem er sich verstecken konnte. Er spürte die Wölbung des Geldbündels in seiner Hosentasche. Sollte alles schon wieder vorbei sein? Was würden sie mit ihm machen, mit ihm, dem Mörder eines Polizisten?
    »Ich bin unbewaffnet«, rief er und streckte die leeren Hände nach vorn.
    »Heb sie hoch! Weit über den Kopf!«
    Noch wussten diese beiden nichts von dem, was gerade geschehen war, wussten nicht, dass er ein Mörder war.
    »Los Bubi, sieh nach, ob er Waffen bei sich hat.« Und, zu Fuchs: »Wage nicht, Dummheiten zu machen. Eine falsche Bewegung und du bist ein Sieb!«
    Bubi ging zu Fuchs und tastete ihn nach Waffen ab.
    »Nichts«, sagte er schließlich und sowohl seine als auch Kiefers Gesichtszüge entspannten sich ein wenig. »Er hat nichts bei sich.«
    »Sagte ich doch.« Fuchs schöpfte neuen Mut. Sie hatten ihn nicht sofort getötet und sie wussten jetzt, dass er unbewaffnet war. Jetzt musste er rasch handeln, sie schnell davon überzeugen, ihn laufen zu lassen. Hinter ihm konnten jeden Augenblick die Krankenschwester und andere Zeugen auftauchen und alles verderben. »Lasst mich ge hen«, sagte er und sah sich um. »Bitte, ich habe nichts getan.«
    »Und wovor rennst du dann davon, he? Und was ist mit deinem Gesicht passiert? Beim Spaziergang aufgerissen, was?« Kiefer hielt Fuchs den Gewehrlauf unter die Nase und drehte dessen Kopf zur Sei te, um die Wunde besser begutachten zu können. »Na los, sag schon, wer bist du?«
    Fuchs’ erste Regung war, sich mit Lügen und Beteuerungen aus die ser Lage zu befreien. Aber ihm war klar, dass es nur noch wenige Momente waren, die alle von der Wahrheit trennten. Dann war es zu spät, war nicht nur seine Beute, sondern auch sein Leben in Gefahr.
    »Ich habe Geld«, flüsterte er und zeigte seine braunen Zahnstummel. »Viel Geld habe ich und ihr könnt die Hälfte davon haben, wenn ihr mich laufen lasst!«
    Kiefer sah zu Bubi hinüber, der zuckte mit den Schultern. »Ich hab kein Geld gespürt.«
    »Da, in meiner linken Hosentasche. Zwanzigtausend. Könnt nachzählen, alles da. Zehn für euch und zehn behalte ich und ihr seht mich nie wieder.«
    »Sieh nach«, befahl Kiefer.
    Bubi griff in die angegebene Tasche und tatsächlich – ein schlammverschmiertes, durchweichtes Bündel Geld.
    »Schnell. Beeilt euch! Nehmt die Hälfte und schon bin ich weg, wir haben uns nie gesehen.«
    Kiefer betrachtete das Geldbündel, dann Hermann Fuchs. Die Männer sahen sich lange in die Augen, schließlich senkte Fuchs den Blick. Der Klügere gibt nach, dachte er. Kiefer lächelte. Er hatte einen Entschluss gefasst.
    »Lauf«, sagte er zu Fuchs. »Verschwinde!«
    »Und meine Hälfte?« Fuchs klammerte sich an seine Beute wie eine festgebissene Bulldogge.
    »Ich zähle bis drei.« Kiefers Augen blitzten. »Wenn du dann noch hier bist, nehmen wir dich fest. Wenn dir das lieber ist …«
    Fuchs machte den Mund auf, wollte einen letzten Versuch im Kampf um sein Geld starten, erkannte aber, dass jedes weitere Wort seine Lage nur noch verschlimmern konnte. Lauf, sagte er sich, lauf

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