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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Wrackteile hinweg einen kurzen Blick zu der Menschengruppe, aber dort machte noch niemand Anstalten, hierher zu kommen. Sie standen dicht bei dicht, wahrscheinlich um die Krankenschwester.
    Der Irre stand hinter ihm, ratlos und unschlüssig.
    Fuchs tastete nach seinem Geld und fand es in der Brusttasche von Becks Jacke. Er zerrte das Bündel hervor, als das geschlagene Wild plötzlich seine Hand unter dem Körper hervorriss. Er hörte das Klicken einer Waffe, die entsichert wird, dann blickte er in den Lauf der Dienstpistole des Polizisten.

64
    09:33 Uhr, Hardt bei Wellendingen
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    »MAMAAA!!!«
    Lea ließ Assauers Hand los. Der bemerkte es nicht einmal. Eva war auf die Menschengruppe zugegangen. Was auch immer diese seltsame Versammlung bedeutete, hier, vor den Toren ihres Heimatdorfes, konnte es sich nur um Menschen aus Wellendingen handeln. Zuerst erkannte sie den Pfarrer. Den Blicken der Menschen folgend, hatte sich Kühne zu der einzelnen Person umgedreht. Das leise Murmeln Dutzender Gespräche, alle Bewegungen froren ein. Nur der Regen tropfte zeitlos weiter. Wie ein vergessenes Opfer der Flugzeugkatastrophe tauchte Eva aus dem Regenschleier auf, eine leuchtend blaue Mülltüte auf dem Kopf. Als Eva nur noch einen Steinwurf weit entfernt war, riss sie sich die Kopfbedeckung herunter.
    »Mama!«
    Das war Lea! Eva suchte die Gruppe nach ihrer Tochter ab. Tränen stiegen in ihr hoch und in ihrem Magen regte sich ein gewaltiger Kloß, der dort immer lag und nur auf Gelegenheiten wie diese wartete. Er kletterte nach oben und schnürte ihren Hals von innen zu.
    »Lea!« Ihre Stimme klang wie das letzte Röcheln eines Erstickenden.
    Eva rannte los, stolperte, schlug der Länge nach in den Schlamm, rap pelte sich wieder auf. Als sie Lea endlich in den Armen hielt, war sie für einen kurzen Moment ohne Fragen. Sie war die glücklichste Frau der Welt.
    »Wo warst du, Mama?« Lea wischte sich die Tränen ab. »Haben sie dich noch gebraucht, im Krankenhaus?« Aber Eva konnte nicht antworten. Sie hatte ihr Kind wieder. Sie weinte, weinte alle Angst und Einsamkeit der letzten Tage aus sich heraus. Lea hielt Eva in den Armen.
    »Jetzt wird alles wieder gut, Mama.«

65
    09:34 Uhr, Hardt bei Wellendingen
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    Beck drückte ohne Zögern ab. Er spürte, dass dies hier das Ende war. Aber er würde nicht allein gehen! Wenn heute der Tag war, an dem er sterben sollte, dann würde dieses Schwein ihn begleiten!
    Fuchs zuckte zur Seite, aber es war bereits zu spät. Das Projektil streifte seine rechte Wange. Er spürte Haut zerreißen, dann wurde es warm, Blut sickerte den Hals hinab.
    Wieso ist der Tod verwundbar?, überlegte Thomas und glotzte auf das verunstaltete Gesicht. Mit weit aufgerissenen Augen betrachtete er die Kämpfenden.
    Fuchs schrie auf. Zorn und Schmerz tobten in ihm. So war das nicht geplant! Er trat Beck die Waffe aus der Hand. Schnell, er musste sich beeilen. Sie werden den Schuss gehört haben, gleich, gleich sind sie hier!
    Schlammbeschmiert und bis auf die Knochen durchweicht, streckten sich beide Männer nach der Pistole. Beck schrie voller Wut und Schmerz. Die Welt war ein schlammverschmiertes Bild, vielleicht das letzte Bild, welches er jemals zu sehen bekam.
    Fuchs trat ihm in den Magen. Er hechtete aus der Pfütze. Die Waffe lag neben den Füßen des Irren, der aber keine Anstalten machte, sich nach ihr zu bücken.
    Fuchs fühlte endlich das Metall in seiner Hand, er warf sich auf den Rü cken. In diesem Augenblick erhob sich Beck, um sich auf den Angrei fer zu stürzen. Er schrie wie ein Tier, wie ein verwundetes Tier, Schlamm und Blut spritzten aus seinem Mund, der rechte Arm hing schlaff nach unten.
    Der Schuss stoppte Becks Sprung und warf ihn zur Seite. Die Kugel drang unterhalb seines Schlüsselbeines ein und zerfetzte Becks ohnehin schon lädierte rechte Schulter. Ein Schwall Blut spritzte hervor, direkt über Fuchs’ Beine.
    Im Fallen sah Joachim Beck noch einmal Thomas, der mit schreckstarren Augen auf Becks Schulter glotzte. Joachim Beck sah Hermann Fuchs, er sah Flugzeugtrümmer und viele, viele bunte Regenschirme. Eva kam auf ihn zu gerannt. Eva. Sie hielt ein Kind im Arm. Lea?
    Dann wurde es dunkel. Regen prasselte ihm ins Gesicht. Hermann Fuchs packte das Geldbündel und sprang auf. Hinter ihm stand der Verrückte und von vorn näherte sich die schreiende Krankenschwester. Ihr folgten immer mehr Menschen aus der Gruppe.
    Fuchs zielte auf Thomas’ Brust und drückte ab.
    Klick.
    Er

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