Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
Vom Netzwerk:
ab und schob ihn zur Seite. Dann setzte er sich gerade hin. »Ich gebe diesem Fuchs noch bis Ende der Woche. Heu te ist Montag. Spätestens Freitag will ich von ihm wissen, wann und wo wir Eva am gefahrlosesten schnappen können.«
    »Also verschwinden wir spätestens Freitag!« Bubis Augen leuchteten. Endlich! Endlich gab es ein konkretes Datum. Aber was, wenn Fuchs bis dahin keine verwertbaren Informationen beschaffen konnte?
    »Dann gehen wir zu Eva nach Hause, irgendwann in der Nacht, klopfen und nehmen sie einfach mit. Gut, da ist noch dieser Assauer, aber mit dem alten Sack werden wir zwei schon fertig. Und der lästige Balg bekommt einen Tritt.« Kiefer lachte. Er brauchte nur an die Visage ihres verschollenen Vaters zu denken und war sofort bis in die Haarspitzen motiviert.
    »Lea wird kein Haar gekrümmt, verstehst du?!« Bubi war plötzlich ernst. »Du kannst machen, was du willst, ich helfe dir sogar dabei. Aber von Lea lässt du die Finger!« Bubi hatte nach dem Gewehr gegriffen, das auf seinem Schoß lag und Kiefer war sich einen Moment nicht mehr sicher, ob Bubi wirklich rückhaltlos hinter ihm stand. Aber das war nur eine kurze Regung. Natürlich war Bubi sein Mann. Bubi war ein hilfloses Etwas ohne ihn. Gut, Lea war sein Schwachpunkt, aber den konnte man verzeihen.
    »Keine Angst. Dem Balg wird nichts passieren.« Bubis Finger entspannten sich. Bubi wollte Kiefer noch nach ihrem Ziel fragen. Bis jetzt war Kiefer einer Antwort immer aus dem Weg gegangen. Bubi wusste nur von einer Handvoll Männer und Frauen, die er angeblich in Bonndorf angeworben hatte und als seine künftige Elitetruppe bezeichnete. Mithilfe dieser Truppe und der Waffen, die sie in Sattlers Haus versteckt hatten, wäre die Zukunft, so Kiefer, ein Kinderspiel. Aber wie genau diese Zukunft aussehen sollte, wusste Bubi noch immer nicht, auch nicht, welche konkrete Rolle ihm dabei zugedacht war. Einerseits vertraute er seinem Freund, andererseits war es nun doch langsam an der Zeit für eine handfeste Information. Bubi beugte sich also gerade über den Tisch, als die Tür aufflog und Hermann Fuchs eintrat, besser gesagt, er flog förmlich in den Schankraum, stolperte über einen Fußabtreter und wäre der Tresen nicht im Weg gestanden, an dem er sich festhalten konnte, wäre er vermutlich irgendwo zwischen den Stühlen auf den Boden geschlagen. So aber rettete ihn die Theke. Er brauchte einen Moment, bis sich seine Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, dann entdeckte er Kiefer und Bubi und kam sofort herüber.
    »Was willst du hier?«, zischte Kiefer. »Hab ich dir nicht gesagt, dass wir in der Öffentlichkeit nicht zusammen gesehen werden dür…«
    »Ich habe Eva!«
    »Du hast was?!« Kiefer sprang auf. Sein Stuhl kippte nach hinten und schlug auf die Holzdielen. Umgehend erschien Edeltraud Winterhalder und fragte, ob alles in Ordnung wäre.
    »Ist es, ist es«, sagte Kiefer und wedelte mit der Hand, was so viel heißen sollte wie Hau endlich ab.
    »Du hast was?« Kiefer drückte Fuchs auf einen Stuhl und beugte sich weit über den Tisch, um ja kein Wort zu verpassen.
    »Ich hab deine Eva!« Hermann Fuchs’ Augen strahlten. Das war der lang erwartete Triumph! Oh, wie er sich auf sein Geld freute! Wie er sich auf das Morgen und Übermorgen freute! Diese Eva war, so glaubte Fuchs, seine Eintrittskarte in eine bessere Zukunft, eine Zukunft mit Männern wie Kiefer und Bubi Faust.
    »Wieso hast du es allein gemacht? Wie hast du es gemacht? Wo ist sie jetzt?«
    »Sie ist noch oben im Stall. Oder besser: unter dem Stall in einem vergessenen Keller. Weißt du, die Gelegenheit war einfach zu günstig. Sie und ich waren ganz allein im Stall und nachdem ich heute Mor-gen dem Verrückten über den Weg gelaufen bin, wusste ich, dass wir uns beeilen müssen. Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht hat er mich erkannt, vielleicht aber auch nicht. Aber wenn er mich erkannt hat, dann geht er bestimmt zu seiner Krankenschwester.«
    »Hast du sie gefesselt?«
    »Natürlich!«
    »Und wenn sie schreit?«
    »Ich hab sie fein säuberlich gefesselt und geknebelt. Sie hat keine Chance, sich bemerkbar zu machen. Außerdem ist der alte Keller ziemlich ab vom Schuss. Da kommt zufällig niemand vorbei.«
    »Du bist auch dort vorbeigekommen.«
    »Ich hab auch gesucht. Ich hab ein Versteck gesucht und gefunden.«
    Kiefer lehnte sich zurück. Das ging alles ziemlich schnell. Er spielte mit dem Milchglas und nahm immer wieder einen winzigen Schluck daraus.

Weitere Kostenlose Bücher