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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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hatten sich bisher auf die Hand und die kalten Utensilien des Besamers aus Freiburg beschränkt. Fuchs stellte die Mistgabel zur Seite und ging zu Eva hinüber. Unterwegs nahm er den Knüppel aus seinem Versteck. Er war aufgeregt wie ein kleiner Junge, der auf der Suche nach den von den Eltern versteckten Weihnachtsgeschenken durch das dunkle Haus streift. Fuchs konnte sein Weihnachtsgeschenk deutlich sehen. Eva kauerte neben einem Tier auf einem winzigen Schemel. Sie hatte sich schnell an die neue Arbeit gewöhnt und war dankbar. Mit Arbeit verging die Zeit, die unendlich langen Stunden des Wartens auf Hans. Und diese Arbeit hier gab ihr das Gefühl, wichtig zu sein, war doch Milch die einzige verlässliche Nahrungsquelle des Dorfes.
    Hier im Stall hatte ihre Arbeit einen Sinn und sie sah einen Erfolg, ein Erlebnis, welches sie in ihrer kleinen Praxis nur noch selten hatte. Eva arbeitete länger, als für ihren und Leas Bedarf nötig war. Assauer bekam etwas ab und natürlich Susanne, Frieder und auch Bubi, der die Tage verschlief und nachts auf sie alle aufpasste. Was noch übrig war, gab sie Bea. Fuchs schlug kurz und trocken zu. Er musste sich zurückhalten, um sie nicht aus Versehen zu töten. Das mit einem Lappen umwickelte Ende des Knüppels traf Eva am Hinterkopf – ein trockenes, sattes Geräusch. Sie wurde von ihrem Schemel nach vorn geworfen, gegen den warmen Bauch des Tieres. Die Kuh erschrak, tänzelte zur Seite und warf den Eimer um. Der rollte über den Steinboden. Das dabei entstehende Geräusch musste Tote erwecken, dachte Fuchs. Er blieb stehen und sah sich um.
    »Eva? Alles in Ordnung?« Lydia Albicker befand sich am anderen Ende des Stalles.
    »Ich bin’s«, antwortete Fuchs. »Eva ist kurz rüber ins Haus.«
    Die Kuh betrachtete die Bewusstlose. Sie machte weder einen neugierigen noch sonst einen sonderlich beteiligten Eindruck. Nach einer kurzen Unterbrechung setzte sie ihr Wiederkäuen fort und in ihren dunkelbraunen Augen lagen Desinteresse und die Verständnislosigkeit der ganzen Welt. Aus einer winzigen Wunde an Evas Hinterkopf sickerte ein Tropfen Blut. Fuchs ließ den Knüppel fallen, packte Eva unter den Armen und richtete sie auf. Er bückte sich und kippte sich die Frau über die Schulter. Noch ein letzter Kontrollblick durch den Stall – aber alles war ruhig, die Bäuerin hatte nichts bemerkt. Fuchs schleppte seine Beute in das vorbereitete Versteck und zog die Tür hinter sich zu. Erst jetzt hatte er Zeit, die Qualität seines Schlages zu überprüfen. Lebte sie noch? Er nahm ihr Handgelenk und suchte ihren Puls. Und er fand ihn. Er ließ sich auf den Boden sinken. Durch die Ritzen der Holztür fielen die letzten Sonnenstrahlen dieses Tages. Er fesselte Eva und band ihr ein Tuch um den Mund, verschnürte sein Geschenk an Martin Kiefer. Dessen Dankbarkeit war Fuchs gewiss und das Gefühl des Triumphes, die Vorfreude, die er empfand, ließen seine Hände vor Aufregung zittern. Wie leicht alles gegangen war! Sein Plan hatte perfekt geklappt und nicht einmal Bubi und Kiefer ahnten, was soeben geschehen war. Zum Schluss stülpte er Eva einen Sack über den Kopf. Kurz vor neunzehn Uhr saß Martin Kiefer im Gasthaus Krone beim Frühstück. Bubi saß neben ihm und berichtete von Hildegund Teufels Beerdigung.
    »Du und Fuchs – ihr seid so ziemlich die Einzigen, die nicht auf dem Friedhof waren.«
    »Was geht mich die alte Teufel an?«, raunzte Kiefer ihn an. Er hatte am Morgen Eva getroffen. Sie war auf dem Weg ins Pfarrhaus, er kam von seiner Nachtschicht und wollte nur noch ins Bett. Er hatte Eva den Weg verstellt. Komm zu mir zurück, hatte er gesagt. Sie versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben. Hans kommt nicht zurück. Ich bin hier. Ich kann dich ernähren! Ich bitte dich nur einmal! Nur dieses eine Mal! Eva war einfach losgerannt. Kein Wort, nicht einmal ein Blick!
    Oh, wie er sie hasste. Und wie er sie liebte!
    Kiefer spuckte ein Getreidekorn auf den Boden. Edeltraud Winterhalder, die Wirtin, hatte stolz zwei Scheiben ihres ersten selbst gebackenen Brotes serviert, dazu ein Spiegelei. Dem Ei fehlte Salz und das Brot war hart und voller Körner. Vollkornbrot nannte sie es. Sollte gesund sein.
    Bubi hatte eine Kanne Milch mitgebracht und sich neben seinen Freund gesetzt. »Gibt’s was Neues in Bonndorf?«, fragte er. »Wie lange kannst du die dort noch hinhalten und sabotieren?«
    Kiefer kaute und lächelte Bubi an. »Ein paar Tage vielleicht, länger nicht.« Er leckte den Teller

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