Raubzug mit dem Bumerang
Lappen, der fürchterlich nach Chloroform stank, auf sein Gesicht gepresst.
Die Eistüte fiel zu Boden.
Kurzes Strampeln. Lobi schirmte ab und griff zu zugleich. Kevin verlor das
Bewusstsein. Sein letzter Gedanke war: Schiet! Das kommt davon! Ich...
„Schnell!“, zischte Lobi.
„Was denn sonst?!“, knurrte
Einohr. „Dachtest du, ich will erst noch Picknick machen?!“
Der Junge wurde in den
Schlafsack gesteckt. Reißverschluss zu. Einohr schulterte die 51 Kilo. Vier
Minuten später wurde Kevin in den grauen Kastenwagen gelegt, in Sichtweite des
Elternhauses.
Als der Wagen abfuhr, klingelte
dort das Telefon. Nasoreit, der sich mühsam zur Ruhe zwang, berichtete
Elisabeth Kleinknecht, Kevin sei ihm ausgebüxt, ob er denn schon zu Hause eingetroffen
wäre.
„Nein! Ist er nicht!“, schrie
Kevins Mutter. Ihr versagten die Nerven.
12. Schlimme Nachricht
Karl kannte als Einziger den
Weg und führte seine Freunde in ein westliches Stadtrandviertel, etwa 20
Fahrrad-Minuten vom Friedhof entfernt, wobei die Fahrrad-Minuten bei Rushhour
und Stoßzeiten mehr zählen als dieselbe Strecke mit dem Kfz. Denn im Stau, bei
Stop-and-Go oder anderen Zähflüssigkeiten gibt’s nichts Langsameres als ein
Auto.
Reblaus-Weg. Tim blickte eine
eher ländliche Straße entlang, mit Siedlungshäusern und Wohnblöcken. Nur einer
war gelb und hatte zwei Eingänge. Vor dem entfernteren stand ein dunkelgrüner
Pick-up. Eben stieg dort ein Typ ein: an die zwei Meter lang, im Overall, dürr
wie Stacheldraht, ein bleiches Gesicht. Unter dem verwegenen Filzhut hing
schwarzes Haar hervor.
Totenblume!, dachte Tim. Und
der Wagen fuhr ab. Er war beim Start etwa 250 Meter entfernt, jetzt schon 300
und Fabian Fenloh trat aufs Gas, als hätte er einen Ferrari unter den
Gesäßhöckern.
„Oh! Mist!“, rief Gaby.
Tim erwog einen Spurt. Aber es
war aussichtslos. Also sparte er sich die Show.
„Um besch... eidene zehn
Sekunden zu spät“, meinte Klößchen. „Aber jetzt kennen wir ihn. Und irgendwann
kommt er zurück.“
„Vielleicht will er seinen
Freund Jürgen Dünnler besuchen“, überlegte Karl, „weil er noch nicht weiß, dass
der seit letzter Nacht und missglücktem Überfall im Koma liegt.“
Auf dem Herweg hatten sich TKKG
ausgiebig Gedanken gemacht über das verdächtige Freundespaar. Allein die
Tatsache, dass Fenloh den Dünnler gut kannte, war ein belastendes Indiz. Und
Klößchen hatte die alte, aber nicht ganz dumme Spruchweisheit zitiert: ,Sage
mir, mit wem du umgehst und ich sage dir, wer du bist.’
„Uns wäre geholfen.“, sagte
Tim, „wenn wir — am besten heimlich — den Pick-up durchsuchen könnten. Ich
denke an die Klebeband-Rolle. Wenn wir die bei Fenloh finden, haben wir
Gewissheit.“
„Ein Beweis ist es aber nicht“,
Karl wiegte den Kopf. „Es sei denn, Fenloh hätte Fingerabdrücke hinterlassen.
Aber ich sagte ja schon, dass ich das für sehr unwahrscheinlich halte.“
„Gaby“, Tim wandte sich an
seine Freundin, „wo wohnt Dünnler?“
„Keine Ahnung. Ich hörte, was
in der Nacht passiert ist, weiß aber keine Eckdaten.“
Tim überlegte. Kommissar
Glockner anrufen? Nein, noch zu früh. Stand Dünnler im Telefonbuch? Vielleicht.
Dann fiel Tim die schnellste Möglichkeit ein.
„Pfote! Ruf doch mal Wespe an.
Der sagt’s dir bestimmt.“
Wespe — das ist Inspektor
Bienert, 28, seit kurzem Mitarbeiter in Kommissar Glockners Dezernat für
Schwerverbrechen. Wespe — dauerverliebt in Gaby, aber wohl wissend, dass da nie
etwas laufen wird — sagt nie nein, wenn TKKG ihn um Infos anzapfen.
Gaby hatte schon ihr Handy am
Ohr, hatte das Präsidium angewählt und die Durchwahl zu Wespes Schreibtisch. Er
war da — Glück gehabt! — , hatte vermutlich seine Cowboystiefel-Füße in einem
Schreibtischfach deponiert und den Mund voller Gummibärchen.
„Wespe, ich bin’s, die Gaby.
Hallo!“
Die Jungs konnten nicht
verstehen, was er antwortete, aber es klang wie Freudenschrei und Liebesschwur.
„Ja“, sagte Gaby, „ich bin mit
den Jungs unterwegs und brauche eine Adresse. Die von diesem Jürgen Dünnler,
der letzte Nacht... Ja, genau den. Wie? Doch, ich weiß, dass der im Krankenhaus
liegt und nicht ansprechbar ist. Wir wollen ja auch nur seine Adresse. — Klar
doch. Die Wohnung ist versiegelt. Nein, wir werden dort nicht eindringen,
Wespe. Uns interessiert, wo er wohnt. Das ist alles. — Heh, komm schon! Spiel
nicht den Oberstaatsanwalt. Also... Gutsherrenstraße 23. Leicht zu
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