Raubzug mit dem Bumerang
Bullen
verständigen, dass sie euch jagen. Er wird euch hinhalten und hoffen, dass ihr
mich umbringt. Natürlich wird er alles so drehen, dass er untadelig dasteht.
Aber ich bin angeschmiert, mich hat das Schicksal in den Hintern gekniffen.
Euch natürlich auch. Denn... hah!“ Kevin ließ den letzten Vokal durch den
Laderaum knallen und verzog dann das Gesicht zur gequälten Grimasse. „Ja?“ Der
Kahle wandte den Kopf.
Kevin antwortete nicht. Er
starrte auf ein Phantasiebild in weiter Ferne, das nur er sah. Die Zähne
bearbeiteten die Unterlippe.
„O ja!“ Kevin schnalzte. „Das
ist es. Damit kriegt ihr ihn. Dafür spuckt er eine Million aus. Hah, und ich
bin’s, der euch den Tipp gibt. Ich mache ihn fertig, den Mistkerl.“ Lobi fuhr
etwas langsamer und wandte ein Lauschohr nach hinten. Otto hatte sich
umgedreht. Beide merkten nicht, dass jetzt die Rollen vertauscht waren. Nicht
mehr sie bestimmten, Kevin hatte das Sagen. Von ihm hing ab, was getan wurde.
„Woran denkst du?“, fragte
Otto.
„Gestern habe ich zufällig
gehört, wie er — der Kleinknecht — telefoniert hat. Mit Walm-Haunstetten. Der ist
Parteisekretär oder so was, jedenfalls ein richtiger Speichellecker beim
Kleinknecht. Dauernd haben die beiden irgendwas zu tuscheln. Ich denke mal, die
planen Teuflisches. Gestern aber ging es um eine Stahlkassette. Die ist in
unserem Ferienhaus. In Oberseprich-Falin. Dort...“
„Das ist ja ganz in der Nähe“,
wurde er von Lobi unterbrochen. „Nur ‘ne schlappe Autostunde südlich der
Stadt.“
„50 Minuten“, erklärte Kevin.
„Ein Nobeldorf“, wusste Otto,
„in schönster Landschaft. Zwei Golfplätze, den Seprich-See, drei Luxus-Hotels
mit Gourmetküche und ringsum das Jagdgebiet des Grafen Waldherr von Schnick.“
„Donnerwetter!“, staunte Lobi.
„Du weißt ja Bescheid.“
„Hab mal dort gearbeitet.“ Otto
drehte sich wieder um zu dem Jungen. „Also mal weiter! Was ist mit der Kassette?“
„Sie liegt dort im Safe. Aber
ich weiß, wie der aufgeht. Die Kombination kenne ich.“
„Weiter!“
„Der Walm-Haunstetten hat dort
auch seine Wochenend-Datscha ( Ferienhaus ), jedenfalls sagte der
Kleinknecht, er solle sich die Kassette aus dem Safe holen. Die Kombination
lautet 567.“
„Was enthält die Kassette?“
Kevin feixte. „Unterlagen,
Verträge, Quittungen. Es geht um illegale Waffenlieferungen in den Nahen Osten.
Offenbar ein ganz heißes Ei. Der Kleinknecht und sein Hinten-rein-Kriecher
haben ihre dreckigen Finger in dem Geschäft. Ich weiß nicht alles, habe aber am
Rande einiges — genügend — mitgekriegt. Mit der Kassette habt ihr ihn in der
Hand. Er wird sie zurückkaufen — für jeden Preis. Und kein Bulle wird von dem
Deal was erfahren.“
Otto pfiff durch die Zähne.
Lobi sagte: „Wir müssen den
Chef anrufen. Er soll entscheiden.“
Otto nickte und zog ein Handy
aus der Jackentasche. „Also gut, Totenblume wird mal wieder entscheiden.“
Totenblume?, dachte Kevin.
Komischer Name für einen Gangsterboss. Dann ist er also der Planer.
Der kahle Otto hatte gewählt,
bekam aber keine Verbindung. „Verdammt! Wie das? Ist ihm sein Gerät aus der
Tasche gefallen?“
„Reg dich ab! Kann doch mal
vorkommen. Probier’s in fünf Minuten noch mal.“
Schweigen. Der Wagen rollte. Es
war eine sehr einsame Straße ohne Verkehr.
Himmel!, dachte Kevin. Diese
Idioten! Die glauben auch alles. Jetzt habe ich sie in der Ecke, wo sie hin
sollen! Ich und Daddy Todfeinde? Hah! Auf der ganzen Welt gibt’s keinen
Stiefvater, der seinen Stiefsohn so liebt — wie Daddy mich. Und ich würde
sterben für ihn. Natürlich ist er nicht ganz koscher — wie das so ist bei
Rechtsverdrehern und Volksverdummern. Aber für mich ist er der beste aller
Väter und für Mutti der beste Ehemann. Wenn ich nur wüsste, ob die Kassette
wirklich so gefährlich ist. Oder hat Daddy einen Witz gemacht?
Es gab diese Kassette. Sie
befand sich im Ferienhaus. Letzten Sonntag hatte Kevin gesehen, wie sein Daddy
sie im Safe einschloss. Natürlich hatte Kevins gewiefte Neugier obsiegt. Er
wollte wissen, welches Geheimnis da in dem Safe gelagert werde.
„Das“, hatte Dr. Kleinknecht
erklärt, „ist eine neue Geheimwaffe für Spione und Agenten, sozusagen der
Prototyp. Wer die Kassette gewaltsam öffnet, setzt augenblicklich eine
unsichtbare Gaswolke frei. Im Umkreis von sechs, sieben Metern streckt sie
alles nieder, was lebt und atmet. Sofortige Bewusstlosigkeit, die bis zu zehn
Stunden
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