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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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ist?«
    »Ach ja, doch …«, antwortete Bergmüller nach kurzem Überlegen. »Da hat sie doch in dieser üblen Mordserie ermittelt und wäre fast selbst getötet worden.«
    »Eben«, sagte Zielkow. »Oberstaatsanwalt Menn und Wiebkes Onkel haben ihr damals in buchstäblich letzter Sekunde das Leben gerettet.«
    »Wie romantisch«, ätzte Bergmüller. »Damals habt ihr mich aber nicht geholt.«
    »Den Fehler wollte ich diesmal vermeiden«, lobte Zielkow ihn sicherheitshalber schon mal im Voraus.
    »Also gut. Zeig mir die DVD .«
    Zielkow legte die silbrig glänzende Scheibe in den DVD -Player und startete den Film. Er musste die Szenen nicht noch mal sehen und beobachtete deshalb Bergmüller, der jedoch keine Regung zeigte. Danach gab er ihm das Gedicht. Bergmüller las es nicht nur, sondern sprach es leise vor sich hin. Er wirkte hoch konzentriert.
    »Was hältst du davon?«, fragte Zielkow, als er fand, dass Bergmüller genug Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. »Könnte es ein Snuff-Film sein, den sich ein Irrer besorgt hat, um Kollegin Menn zu erschrecken?«
    »Ist das deine Theorie?«
    Zielkow schüttelte den Kopf. »Die eines Kollegen.«
    »Eher unwahrscheinlich«, meinte Bergmüller. »Diese Filme sind ein Mythos. Bis heute wurde weltweit nicht ein einziger Fall nachgewiesen. Aber unterstellen wir mal, es gibt sie und das hier ist ein Snuff-Video. So etwas würde mit Sicherheit nur in kleinen, verschwiegenen Zirkeln verhökert. Außerdem würde es ein Vermögen kosten. Wenn der Absender des Schreibens seine Drohung umsetzt, Kollegin Menn sieben derartige Morde zu präsentieren, müsste er ziemlich viel Kohle flüssig haben. Nein, an die Snuff-Theorie glaube ich nicht.«
    »Wieso sieben Morde?«, fragte Zielkow verschreckt und fürchtete, nicht schnell genug gehandelt zu haben.
    »Max und Moritz haben sieben Streiche begangen. Und der Täter scheint sie sich zum Vorbild nehmen zu wollen.«
    Zielkow schämte sich. Darauf hätte er auch selbst kommen können. Schnell fragte er: »Du sprichst von ›ihm‹, nicht von ›ihnen‹. Meinst du, dass es ein einzelner Täter ist?«
    »Da bin ich mir sogar ziemlich sicher. Serientäter sind in der Regel psychisch gestörte Soziopathen. Irgendetwas ist in ihrer Sozialisierung schiefgegangen, und im Oberstübchen funktioniert so einiges nicht richtig.« Bergmüller tippte sich vielsagend an die Stirn. »Sie leben in ihrer eigenen Welt, zu der kein anderer Zugang hat, was einen Mittäter sehr unwahrscheinlich macht.«
    »Bist du denn überhaupt sicher, dass es sich um einen Serientäter handelt und wir tatsächlich mit sieben Morden rechnen müssen?«
    »Keineswegs. Kann gut sein, dass es dabei bleibt und wir ›nur‹ einen Mord aufzuklären haben. Das wäre schlimm genug. Doch die Vorgehensweise passt zu einem Serientäter.«
    »Inwiefern?«
    »Er spielt mit uns. Er wendet sich von sich aus an die Polizei, weil er zeigen will, dass er klüger ist und wir ihn nicht kriegen werden. Er diktiert die Regeln. Dazu gehört die Forderung, dass die Sollich wieder in den Dienst kommt.«
    »Menn.«
    »Wie auch immer. Einige Hinweise liefert er uns bewusst, sie gehören zum Spiel. Andere teilt er uns unbewusst mit. Zum Beispiel macht mich die Verwendung des Gedichts von Wilhelm Busch stutzig. Ich will da noch nicht zu viel hineininterpretieren, aber ›Max und Moritz‹ ist geprägt von der Moralvorstellung des 19.   Jahrhunderts. Kinder haben brav zu sein. Böse Buben werden bestraft. Eine mögliche Theorie – ich betone: eine Theorie – könnte sein, dass es sich um einen von seiner Mutter unterdrückten Menschen handelt. Er quält und ermordet eine Frau und lehnt sich dadurch sowohl gegen die Frau an sich als auch gegen die von ihr repräsentierten Moralvorstellungen auf.«
    »Klingt gut, aber damit haben wir noch keinen Täter«, meinte Zielkow. »Von ihren Müttern schlecht behandelte Jungs gibt’s schließlich reihenweise.
    Bergmüller holte gerade tief Luft, um zu antworten, als es klopfte. Unwirsch rief Zielkow »Herein« und sagte, als er den Kollegen Franck eintreten sah: »Ich habe jetzt wirklich keine Zeit.«
    »Ich glaube doch, Herr Zielkow«, widersprach Carsten Franck mit Grabesmiene, legte eine selbst gebrannte DVD auf Zielkows Schreibtisch und drückte seinem konsternierten Chef einen Zettel in die Hand.
    Bleich las Zielkow, was dort geschrieben stand.
    »Jedermann im Dorfe kannte
    Eine, die sich Wiebke nannte.
    Mörder fangen, Spuren lesen,
    Leichen finden, die

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