Raue See
verwesen,
Täterhatz mit SEK ,
Dafür war die Wiebke da.
Doch seit vielen Wochen nun
Pflegt sie gar nichts mehr zu tun.
Sitzt herum und kocht stattdessen
Mann und Kind das Mittagessen.
Lässt ihn manchmal Windeln tauschen
Und geht mit and’ren Müttern plauschen,
Um nach diesen Ruhephasen
Ihm gepflegt einen zu blasen.
Max und Moritz daher dachten
Wie wir sie verdrießlich machen.
Kommt sie nicht, wird es ganz heiter,
Dann morden wir halt fröhlich weiter.
Dieses war der zweite Streich,
Doch der dritte folgt sogleich
Das Sogleich ist eine Frist,
Die genau zwei Wochen ist.«
Nach Zielkow las auch Bergmüller den Zettel. Carsten Franck deutete auf die DVD , Zielkow nickte, und wenig später sahen sie einen weiteren bestialischen Mord. Es war wie eine Kopie des ersten. Doch die Hoffnung, dass es sich wirklich um eine Kopie handeln könnte, zerstörte der Täter gleich zu Beginn. Die Kamera war auf die gefesselte, zitternde Frau am Holzkreuz gerichtet. Auf ihrem Bauch lag die Ausgabe der »Norddeutschen Neuesten Nachrichten« vom vergangenen Samstag. Sie sahen also einen zweiten Mord.
»Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber jetzt ist es sicher: Das ist der Anfang einer Serie«, bemerkte Bergmüller.
»Von der wir wissen, dass sie sieben Opfer umfassen wird«, fügte Zielkow mit leichter Verzweiflung in der Stimme hinzu. »Fünf stehen also noch aus. Fünf Menschen, die wir retten müssen. Wir müssen sie warnen. Warnen und beschützen.«
»Warnen, Eberhard? Wen denn?«, fragte Bergmüller. »Willst du die gesamte weibliche Bevölkerung Deutschlands in Schutzhaft nehmen?«
»Die von Rostock reicht doch«, entgegnete Zielkow.
»Woher willst du wissen, dass die Opfer aus Rostock stammen?«, entgegnete Bergmüller.
»Wieso? Das dürfte doch klar sein. Die Zeitung spricht für sich. Der Mord muss hier passiert sein.«
Bergmüller schüttelte den Kopf. Seine ganze Körperhaltung verriet, dass er von den analytischen Fähigkeiten seines Kollegen nicht viel hielt. Zielkow ärgerte das mächtig.
»Einmal muss der Tatort nicht identisch mit dem Ort des Verschwindens der Opfer sein. Davon völlig abgesehen, ist es zwar möglich und auch wahrscheinlich, aber keineswegs sicher, dass er sich überhaupt im Raum Rostock befindet«, dozierte Bergmüller. »Sicher ist nur, dass der Täter sich an die Rostocker Polizei wendet. Das ist, genau wie die Zeitung, zwar ein Indiz dafür, dass der Täter nicht gerade in Garmisch-Partenkirchen mordet. Mehr aber auch nicht. Und selbst wenn es diese Gegend hier ist und sogar die Opfer alle von hier stammen: Auch die Rostocker Frauen kannst du nicht komplett in Schutzhaft nehmen.«
»Aber warnen muss ich sie doch!« Bei Zielkow machte sich Verzweiflung breit.
»Wovor?«, fragte Bergmüller kühl. »Dass ein Irrer sie aufgreifen könnte? Und sie bitte, bitte vorsichtig sein sollen? Mit derartigem Aktionismus kommen wir keinen Schritt weiter.«
»Hast ja recht«, erwiderte Zielkow nun wieder etwas ruhiger. »Was schlägst du stattdessen vor?«
»Wir stellen eine Sonderkommission zusammen. Ich brauche dazu jeden freien Mann, Zugang zu den Labors, Computern und so weiter.«
»Du kriegst alles, was du brauchst«, sagte Zielkow.
»Wie sollen wir die Soko nennen?«, fragte Carsten Franck.
»Liegt nahe«, meinte Zielkow. »Max und Moritz.«
»Wie auch sonst.« Bergmüller blickte Zielkow in die Augen. »Außerdem schlage ich vor, dass du …«
»Ich weiß.« Zielkow seufzte. »Ich muss Kollegin Menn in den Dienst zurückholen.«
»Soll ich das vielleicht machen?«
»Um Gottes willen, nein«, entfuhr es Zielkow. »Ich glaube, das mache besser ich.«
Bergmüller sah ihn nur unverwandt an. »Ach ja, Eberhard, noch was.«
»Was?«
» Ich leite die Sonderkommission und nicht Kollegin Menn. Zwei Häuptlinge kann kein Indianerstamm gebrauchen.«
»Natürlich«, antwortete Zielkow und wusste zugleich, dass Wiebke an dieser Kröte lange würde schlucken müssen.
In den nächsten zehn Minuten bekam Zielkow dann noch mit, was Bergmüller unter konsequenter Polizeiarbeit verstand. Das zufällig anwesende erste Mitglied der Soko »Max und Moritz«, der Kollege Carsten Franck, bekam innerhalb kürzester Zeit so viele Aufgaben übertragen, dass ihm – seinem gequälten Gesichtsausdruck nach zu urteilen – schmerzhaft klar wurde, dass bis zur Verhaftung des Täters an Feierabend nicht zu denken war.
»Ach, Eberhard«, sagte Bergmüller, als sich Zielkow verabschiedete.
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