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Raue See

Raue See

Titel: Raue See
Autoren: Ralph Westerhoff
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»Die Soko trifft sich morgen um fünfzehn Uhr zum ersten Sondierungsgespräch. Die Zeit drängt, wie du weißt. Bis dahin muss Kollegin Menn an Bord sein.«
    »Warum erst am Nachmittag? Die Zeit drängt, wie du selbst sagst.«
    »Zum einen benötige ich etwas Zeit, um ein möglichst versiertes Team zusammenzustellen. Und die Kollegen müssen sich auch erst einmal mit den vorhandenen Fakten beschäftigen. Nichts ist ineffektiver als Meetings mit schlecht vorbereiteten Teilnehmern.«
    Zielkow nickte und ging. Er überlegte, ob er zuerst den Innenminister und dann Wiebke informieren oder es umgekehrt angehen sollte. Er entschied sich für die einfachere Alternative und fuhr ins Ministerium. Eine Voraussetzung dafür, dass Wiebke wieder in den Dienst zurückkehren konnte, war die Freistellung des Ehemannes, was immer der davon halten mochte. Darüber konnte nur der Minister entscheiden. Morgen, am Donnerstag, würde er dann die Operation »Wiebke Menn« in Angriff nehmen.
    * * *
    Mit einer derartigen Beharrlichkeit hatte Max-Xaver Mayr nicht gerechnet. Es gab wohl doch noch so etwas wie Kollegialität. Der Partner der vermissten Annegret Schleibohm, dieser Dr.   Hans-Werner Sinn, hatte in den letzten Tagen buchstäblich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um etwas über den Verbleib der Wirtschaftsprüferin zu erfahren.
    Auf eigene Kosten hatte die Kanzlei in der »Süddeutschen Zeitung«, in den beiden Münchener Boulevardblättern » AZ « und » TZ « und sogar im Lokalteil der »Bild« eine Suchanzeige veröffentlicht. Sinn musste außerdem einen Draht zur Staatsanwaltschaft haben, denn von dieser hatte Mayr am Montag die Weisung erhalten, nach Frau Dr.   Schleibohm zu fahnden.
    Die Zeitungsanzeigen waren ein voller Erfolg gewesen. Dutzende von Zeugen hatten sich gemeldet. Inzwischen zeichnete sich folgendes Bild ab: Annegret Schleibohm war zuletzt am Montag vergangener Woche im Café Roma gesehen worden. Die Kellnerin und viele weitere Gäste konnten sich erinnern, dass sie gegen halb fünf von einem Mann abgeholt worden war. Die Beschreibungen dieser Person waren jedoch so vage, dass sie sich nicht für eine Phantomzeichnung oder gar eine vorläufige Festnahme eigneten. Mayr müsste alle Männer zwischen dreißig und fünfzig, die einen Meter fünfundsiebzig bis einen Meter fünfundachtzig groß waren, vernehmen. Also praktisch jeden.
    Weiter stand fest, dass die beiden mit einem Auto weggefahren waren, das ein Münchener Kennzeichen gehabt hatte. Damit endeten aber auch schon die Übereinstimmungen der Zeugenaussagen. Die einen meinten, einen Audi A6 oder A8 gesehen zu haben, andere schworen, es sei ein Lexus gewesen. Die Mehrheit hatte zwar einen BMW in Erinnerung, doch etwa die Hälfte dieser Zeugen wollte einen 5er, die anderen einen 7er gesehen haben. Die Farbpalette reichte von schwarz über dunkelblau bis anthrazit, und auch diese Spur erkaltete zusehends.
    Die heißeste Spur hatte sich jedoch nicht aus den Zeugenaussagen ergeben, sondern durch die Aufnahme der polizeilichen Ermittlungen. Sie führte zu einem Münchener Rechtsanwalt, einem gewissen Dr.   Tobias Zimmerer. Nachdem Mayr nämlich einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung der vermissten Person erwirkt hatte, befand sich der Laptop von Annegret Schleibohm nun im Besitz der Polizei.
    Die Kollegen der KTU hatten einige Zeit gebraucht, um das Passwort zu entschlüsseln, dann aber im Kalender der Vermissten den entscheidenden Eintrag gefunden: Am Montag, dem 18.   Juni, war sie um sechzehn Uhr dreißig mit besagtem Dr.   Tobias Zimmerer im Café Roma verabredet gewesen.
    Dass es in München so einige Männer mit dem Namen Tobias Zimmerer gab, hatte sich bei Mayrs Ermittlungen als das geringste Problem herausgestellt: Es gab nur einen Tobias Zimmerer mit Doktortitel. Allerdings hatte dieser Rechtsanwalt in der Vernehmung glaubhaft versichert, die Vermisste nicht zu kennen und mit ihr keinen Kontakt gehabt zu haben. Da Zimmerer außerdem nachweisen konnte, dass er in der fraglichen Woche in den USA gewesen war, hatte sich letztlich auch diese Spur als der berühmte Schlag ins Wasser erwiesen.
    Die Funkzellenpeilung, also die Ortung des Handys der Vermissten, hatte auch kein Ergebnis gebracht. Für dieses Verfahren müsste das Handy eingeschaltet sein. Dies war, wie sich aus den Aufzeichnungen des Mobilfunkbetreibers ergab, jedoch seit jenem Montag nicht mehr der Fall gewesen. Am Tag ihres Verschwindens war Annegret Schleibohms Handy
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