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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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aber dennoch die Bevölkerung zur Wachsamkeit aufzurufen, und verkündeten die Einrichtung einer Telefonhotline. Die entsprechende Sondertelefonnummer hing gut lesbar für alle hinter ihnen an der Wand.
    »Diese Nummer steht ab heute, zwölf Uhr, bis zur Ergreifung des Täters vierundzwanzig Stunden täglich zur Verfügung. Die Meldung von Auffälligkeiten oder ungewöhnlichen Vorkommnissen, insbesondere das Verschwinden von weiblichen Personen zwischen dreißig und fünfzig Jahren, kann über die Telefonhotline oder über jede Polizeidienststelle erfolgen.«
    Kaum dass die offizielle Pressekonferenz beendet war, mussten Bergmüller und Zielkow noch eine Reihe von Interviews geben. Nachdem sie um dreizehn Uhr auch die überstanden hatten, beschlossen sie, völlig fertig, erst einmal gemeinsam etwas essen zu gehen.
    * * *
    Es klopfte, und Wiebke rief automatisch: »Herein!«
    Reinhard Bergmüller betrat, sichtlich geknickt, ihr Büro und fragte: »Darf ich mich setzen?«
    »Sicher doch«, antwortete Wiebke, ohne von ihrer Akte aufzublicken. Dass sie sauer war, versuchte sie erst gar nicht zu verbergen. Dass er sie bei der Pressekonferenz nicht dabeihaben wollte, konnte sie ja noch akzeptieren, doch er hätte wenigstens pünktlich zu ihrer dienstlichen Verabredung um halb elf erscheinen können. Sechs, sieben Mal war sie bei ihm gewesen, nur um jedes Mal unverrichteter Dinge wieder gehen zu müssen. Sie fühlte sich wie ein dummes Schulmädel, das darauf wartete, dass man ihr zuhörte. Sie war immerhin Kriminalhauptkommissarin und keine subalterne Hilfskraft.
    »Entschuldigung«, sagte Bergmüller. »Es tut mir leid.«
    »Was tut dir leid?«
    »Dass ich dich versetzt habe. Aber die PK hat deutlich länger gedauert als erwartet.«
    »Ich hab’s mitbekommen«, unterbrach sie ihn und deutete auf das kleine Radio auf dem Fenstersims.
    »Danach waren wir, Eberhard und ich, so fertig, dass wir erst mal eine Pizza essen gegangen sind. Als ich zurück ins Büro kam, hatte ich, du kennst das ja, einige ›extrem wichtige‹ Rückrufe zu tätigen und musste meine Mails checken …«
    »Waren es 148.713   Stück?«, fragte sie schnippisch.
    »Äh, wieso?«, kam es verstört zurück. Wiebke winkte ab. Offensichtlich kannte er Tim Bendzkos Hit nicht.
    »Dazwischen mal kurz den Hörer nehmen, um mich anzurufen und zu sagen, dass es später wird, das ging wohl nicht?«
    »Ich sagte ja, es tut mir leid.«
    »Ich komm mir vergackeiert vor. Als wäre ich die Quotenblonde, die nur deswegen dabei ist, weil es die Gleichstellungsbeauftragte durchgesetzt hat.«
    »Wiebke, ich sagte, dass es mir leidtut. Soll ich vielleicht noch vor dir auf die Knie fallen?«
    »Um Gottes willen, nur das nicht.« Sie lächelte bei der Vorstellung. »Ein bisschen mehr Respekt in Zukunft würde völlig reichen.«
    »Versprochen.«
    »Gut, vergessen wir’s«, sagte sie mit einer wegwischenden Handbewegung. »Ich muss mit dir über den Inhalt meiner Arbeit reden.«
    »Nur zu.«
    »Ich glaube inzwischen nicht mehr, dass wir mit meinen alten Fällen wirklich weiterkommen.«
    »Warum glaubst du das nicht?«
    »Morde sind in fast allen Fällen Beziehungstaten. Dass er die Opfer umbringt, nur um mich zu provozieren, ist daher unwahrscheinlich. Es muss auch eine Beziehung zwischen Täter und Opfer geben.«
    »Klug geschlossen, Wiebke«, sagte Bergmüller. »Deine Theorie hat nur den kleinen Schönheitsfehler, dass wir weder den Täter noch die Opfer kennen. Daher lässt sich auch keine Beziehung zwischen beiden feststellen.«
    »Schon. Aber bis jetzt sind wir nur von der Täterseite an die Sache rangegangen. Wir suchen nach denjenigen, die einen Grund hätten, mich zu hassen. Wir kontrollieren die üblichen Verdächtigen, also Gewalttäter auf freiem Fuß, Personen mit sexuellen Vorstrafen und so weiter. Wir suchen nach dem Betätigungsfeld des Täters, dem Tatort. Das ist auch alles solide Polizeiarbeit und muss getan werden.«
    »Worauf willst du hinaus?«, fragte Bergmüller bohrend.
    »Irgendetwas Zählbares ist dabei doch bis jetzt nicht herausgekommen, oder?«
    »Außer einer Menge Protokolle und Überstunden nicht wirklich«, räumte er ein.
    »Siehst du? Ich würde deshalb vorschlagen, stärker von der Opferseite her zu ermitteln, also primär zu versuchen, die Opfer zu identifizieren. Kennen wir den Namen wenigstens eines Opfers, können wir dessen Sozialkontakte überprüfen und so vielleicht auf den Täter stoßen. Denn eines ist ja wohl mal klar: Aus

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