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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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dem Katalog wird er sich die Frauen nicht bestellt haben.«
    »Lass hören«, sagte Bergmüller. »Wie willst du das anstellen?«
    »Unser Täter lässt seine Taten nach einem ganz bestimmten Muster ablaufen. Dieses Muster hat für ihn einen hohen Stellenwert. Stimmt doch, oder?«
    »Absolut.«
    »Die Taten werden im Abstand von genau zwei Wochen vollzogen, immer am oder kurz nach dem Samstag vor dem Mittwoch, an dem wir die DVD bekommen. Da die Opfer zu Beginn des Videos unversehrt und bei Bewusstsein sind, haben sie sich zuvor entweder freiwillig in seine Gewalt begeben und wurden überrumpelt, oder er hat sie gewaltsam entführt.«
    »Interessant. Und weiter?«
    »Ich möchte in diesem Zusammenhang unterstellen, dass die Opfer maximal zwei Wochen vor ihrem Tod verschwunden sein können.«
    »Wieso?«
    »Es ist schwierig genug, eine einzige Person unbemerkt in seine Gewalt zu bringen und dort zu behalten. Bei mehreren wird es fast unmöglich. Also macht es Sinn, erst ein Opfer zu töten und dann auf die Suche nach dem nächsten zu gehen.«
    »Das ist nicht zwingend so, Wiebke«, widersprach Bergmüller. »Er könnte sie auch, verzeih mir, ›gesammelt‹ und in sein Verlies eingesperrt haben, um dann eine nach der anderen zu töten.«
    »Sicher«, antwortete sie. »Dann müsste es aber ein sehr großes Verlies sein.«
    Wiebke erschrak selbst über ihre kühle Rationalität. Doch es erschien ihr sinnvoller, jetzt emotionslos vorzugehen, als durch irgendwelche Gefühlsduseleien noch mehr Menschenleben aufs Spiel zu setzen.
    »Außerdem würde diese Vorgehensweise meinem Ansatz überhaupt nicht widersprechen.«
    »Der da wäre?«
    »Ich möchte die INPOL -Datei checken und alle weiblichen Vermissten ab vierzehn Tage vor dem ersten Mord herausfiltern.«
    »Und dann?«
    »Dann möchte ich versuchen, anhand der Vermisstenakten den potenziell in Frage kommenden Opferkreis zusammenzustellen. Die Region könnte von Interesse sein, wenn wir weiterhin unterstellen, dass die Opfer aus der Gegend stammen. Oder wenn wir von einem Tatort in der Nähe ausgehen und Transport- oder Reisewege berücksichtigen müssen. Vielleicht handelt es sich bei den Frauen um Touristen. Auf jeden Fall müssten im zweiten Schritt ihre Sozialkontakte gecheckt werden. Vielleicht kommen wir ihm so auf die Spur.«
    Bergmüller kraulte sich nachdenklich das Kinn. »Könnte klappen, wenn auch nicht mit Sicherheit. Du weißt, dass wir unter Zeitdruck stehen. Wie hat er noch geschrieben? ›Eingesperrt …‹«
    »›Eingesperrt in dem Verlies / Ist die Nächste ohnedies. / Bibbernd wartet sie dort schon / Auf ihre bald’ge Exekution.‹ Ich kenne die Akten, Reinhard.«
    »Eben. Wir haben nicht viel Zeit, und ich kenne zwar nicht die genaue Zahl der Vermissten …«
    »Aber ich«, triumphierte Wiebke. »Pro Tag verschwinden in Deutschland etwa zweihundert Personen. Das wären in zwei Wochen zweitausendachthundert, aufgerundet dreitausend Fälle pro Streich. Insgesamt wären das bis zum angekündigten vierten Streich rund zwölftausend zu überprüfende Datensätze. Zu viel, wie ich einräumen muss. Davon sind aber zwei Drittel Männer. Bleiben viertausend Vermisstenfälle, von denen sich die Hälfte nach einer Woche, gut drei Viertel nach einem Monat aufklären. So lässt sich unsere Suche auf etwa tausendfünfhundert Fälle eingrenzen.«
    »Trotzdem.« Bergmüller zweifelte noch. »Bei tausendfünfhundert Fällen bist du bei im Schnitt dreißig Minuten pro Fall siebenhundertfünfzig Stunden beschäftigt. Unmöglich zu schaffen.«
    »Allein sicher nicht, aber zu zweit mit entsprechender Power schon.«
    Bergmüller überlegte einen Moment und gab auf. »Wen willst du?«, fragte er.
    »Lena«, sagte Wiebke wie aus der Pistole geschossen. »Lena Svenson.«
    »Wer ist das?«
    »Sie ist Polizeiobermeisterin.«
    »Du willst eine von den Uniformierten? Die hat doch gar nicht die entsprechende Ausbildung!«
    »Reinhard, ich bitte dich. Es ist schon schwer genug zu akzeptieren, dass ich hier gar nichts mehr zu sagen habe. Lass mich wenigstens für meine eigenen Aufgaben selbst die Leute aussuchen, denen ich vertraue.«
    »Wie du meinst. Ich kümmere mich darum. Schreib mir bitte den Namen der Kollegin und den ihres Dienstvorgesetzten auf, damit ich ihn informieren kann, dass er sie bis auf Weiteres abstellen muss.«
    Wiebke nickte und schrieb die Namen auf einen Zettel.
    »Hat deine Recherche bei den Altfällen wirklich nichts ergeben? Ich meine, du kannst da

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