Raue See
er atemlos. »Alle in den Konferenzraum!«
* * *
»Endlich kommt Bewegung in die Sache«, sagte Bergmüller. Er wirkte erleichtert. »Wir wissen nun, wer das Opfer des vierten Streichs werden soll. Hoffentlich sind wir nicht zu spät dran. Kollege Franck, bitte berichten Sie, was Sie mir erzählt haben.«
Carsten Franck räusperte sich. »Am Freitagnachmittag wurde die tschechische Prostituierte Bojana Vesely von einem Freier in dessen Wagen mitgenommen. Nachdem sie nach zwei Stunden noch nicht zurückgekehrt war, haben ihre Freundinnen und deren Bekannte, vermutlich Zuhälter, die Gegend abgesucht, waren aber nicht erfolgreich. Am nächsten Abend begann auch die tschechische Polizei, die Gegend abzusuchen, wurde aber ebenfalls nicht fündig. Da der Ort des Verschwindens im deutsch-tschechischen Grenzgebiet liegt, bat man die deutschen Kollegen um Amtshilfe. Bojana Vesely tauchte nicht wieder auf, aber das Auto des Freiers, dessen Kennzeichen von den Freundinnen notiert worden war, wurde in einem Waldstück in der Nähe von Philippsreut gefunden.«
Die Kollegen schrieben alle beflissen mit. Jeder wusste, dass es nun auf die Details ankam.
»Wo bleibt eigentlich Streicher?«, fragte Bergmüller gereizt.
»Der muss etwas wirklich Dringendes erledigen, Reinhard«, sagte Wiebke. »Ich erkläre das gleich.«
»Gut«, brummte Bergmüller. »Franck, machen Sie weiter.«
»Das Fahrzeug war unverschlossen, und dass es zum Begehen einer Straftat verwendet wurde, ist ohne jeden Zweifel.«
»Warum?«, fragte ein Kollege.
»Die Sitze waren benzindurchtränkt, und auf dem Fahrersitz lag ein Zeitzünder, der aber wegen eines abgerutschten Kabels den Dienst versagt hat. Der Täter wollte offenbar seine Spuren beseitigen.«
»Und weshalb sind wir sicher, dass diese Bojana das nächste Opfer werden soll?«, fragte ein anderer Kollege.
»Der Wagen, ein Honda Prelude, wurde in Prag bei einer Autovermietung angemietet. Nach Vorlage von Ausweis und Führerschein. Den Recherchen der tschechischen Kollegen zufolge handelte es sich um einen älteren Mann mit Krempenhut.«
Wiebke schwante etwas. »Wer war der Mieter?«, fragte sie ahnungsvoll.
»Es war Maximilian Wilhelm Busch mit der uns schon bekannten Adresse des Wilhelm-Busch-Museums.« Franck war sich der Wirkung seiner Worte bewusst und machte eine kurze Pause, um Wiebke und den anderen Gelegenheit zu geben, das zu verdauen. »Die Kollegen in Philippsreut haben in dem Waldgebiet, in dem der Honda gefunden wurde, außerdem die Reifenspuren eines anderen Fahrzeugs sichergestellt. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass er die Prostituierte umgeladen und in dem zweiten Fahrzeug weitertransportiert hat.«
»Wo ist der Mietwagen jetzt?«
»Er wird von den bayerischen Kollegen auf Spuren untersucht. Es befinden sich jede Menge Fingerabdrücke im Auto. Außerdem wurden Haare in der Verkleidung, die der Täter für seine Wilhelm-Busch-Nummer verwendete und im Fahrzeug zurückließ, sichergestellt. Bald werden wir die DNA und die Fingerabdrücke des Täters haben.«
»Wenn er steht in der Datei, ist bald Schluss mit der Übeltäterei«, stellte Bergmüller in einem von niemandem geteilten Anflug von Humor fest. »Gute Arbeit, Kollege!«
Carsten Franck strahlte über das ganze Gesicht. Das unerwartete Lob tat ihm offensichtlich gut.
»Ah, Dr. Streicher«, sagte Bergmüller, als die Tür geöffnet wurde und der Gerichtsmediziner den Raum betrat. Streicher suchte den Blickkontakt zu Wiebke und hob den Daumen.
»Dann habe ich auch noch was«, sagte Wiebke und ärgerte sich darüber, dass es sie aufregte, dass der junge Kollege die Lorbeeren einheimste. »Wir wissen, wer das Opfer des dritten Streichs war.«
Augenblicklich herrschte wieder Stille im Raum.
»Na dann raus damit«, sagte Bergmüller nur.
Wiebke erhob sich und berichtete über ihre Recherchen und die Entdeckung, die sie und Lena heute gemacht hatten. Das Ganze fiel etwas ausführlicher aus, als es sonst ihre Art war. Es konnte doch aber nicht sein, dass ausgerechnet dann, wenn ihr ein entscheidender Durchbruch gelang, die Arbeit eines anderen gewürdigt wurde.
»Sind die Tattoos auf dem Foto und auf dem Video wirklich identisch?«, fragte Bergmüller.
Streicher nickte. »Ja, Irrtum ausgeschlossen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist das Opfer des dritten Streichs Claudia Voigt aus Köln.«
Bergmüller klatschte aufmunternd in die Hände: »Großartig. Wiebke, kriegt alles raus, was ihr
Weitere Kostenlose Bücher