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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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Ermittlern die Haare zu Berge stehen ließ? Ausgeschlossen.
    »Sie ist entführt und ermordet worden. Aus ermittlungstaktischen Gründen darf ich Ihnen dazu aber leider nichts Näheres sagen. Es handelt sich um einen Serientäter, und wir würden das Leben weiterer Frauen gefährden«, dozierte Wiebke und kam sich ungeheuer altklug vor. Was interessierte einen Hinterbliebenen, der vom Tod eines geliebten Menschen erfuhr, schon die Ermittlungstaktik? Doch zu ihrer Überraschung blieb der erwartete Protest aus.
    »Kann ich sie denn wenigstens noch einmal sehen?«, fragte die Mutter flehentlich. »Und wann können wir sie beerdigen?«
    Was für einen Scheißjob sie doch manchmal hatte.
    »Wir haben die Leiche Ihrer Tochter leider noch nicht gefunden«, brachte Wiebke hervor. »Wir wissen nur, dass sie tot ist. Bei den anderen Opfern kennen wir noch nicht einmal die Identität.«
    »Wie viele hat er denn umgebracht?«, fragte Stefanie Voigt.
    »Drei«, sagte Wiebke. Wahrscheinlich vier, aber das war ja noch nicht sicher. Vielleicht lebte Bojana Vesely ja noch. Sie mussten sie nur finden. Bis jetzt waren es nur drei. »Fühlen Sie sich in der Lage, mir noch ein paar Fragen zu beantworten?«, fragte Wiebke nach einer Anstandspause.
    Beide Frauen bejahten.
    »Es besteht die Vermutung, dass Claudia ihren Entführer gekannt hat. In ihrer Wohnung sind keinerlei Einbruchsspuren festgestellt worden. Ihren Wagen haben die Kölner Kollegen dreißig Kilometer von der Wohnung entfernt gefunden, ordnungsgemäß verschlossen. Er stand an einer wenig befahrenen Straße, die zur Klinik Roderbirken führt. Können Sie sich vorstellen, was sie da wollte?«
    »Roderbirken?«, wiederholte Gisela Voigt verwundert. »Das ist die Rehaklinik, in der mein Mann nach seinem ersten Herzinfarkt war. Aber das ist vierzehn Jahre her! Keine Ahnung, was Claudia da wollte.«
    Wiebke notierte die Antwort. »Einem Eintrag in ihrem Kalender zufolge hatte sich Claudia für den Abend des 6.   Juli mit einem gewissen Lorenz zum Kino verabredet. Kennen Sie zufällig einen Lorenz?«
    »Nein«, antwortete Stephanie Voigt. »Aber das heißt nichts.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Nun, äh, Claudia ging mit verschiedenen Männern aus. Sie war, äh, wie soll ich das sagen …«
    »Sie war mannstoll«, ergänzte Gisela Voigt. »Ich war nicht sehr glücklich darüber. Aber was sollte ich machen? Seit der Sache mit Werner hatte sie es mit keinem länger als eine Woche ausgehalten.«
    »Gut, danke«, sagte Wiebke. »Das wäre es für den Moment. Wenn ich noch Fragen habe, rufe ich Sie an. Und bitte, wenn Ihnen etwas einfällt – mag es auf den ersten Blick noch so belanglos erscheinen –, melden Sie sich bitte. Tag und Nacht.« Wiebke reichte den beiden ihre Karte. »Da steht auch meine Handynummer drauf.«
    »Ich bleibe in Rostock, bis Sie sie gefunden haben«, sagte Gisela Voigt. »Ich wohne im Radisson Blu.«
    Wiebke begleitete die beiden Frauen hinaus, verabschiedete sich und kehrte zu ihrem Schreibtisch zurück. Lena hatte die Zeugenbefragung aufmerksam verfolgt.
    »Viel ist es nicht, was die beiden uns sagen konnten, oder?«, fragte sie.
    Wiebke atmete tief ein und aus. »Nein«, gab sie zu. »Ich hatte mir mehr erhofft. Aber vielleicht gibt uns der PC der Toten mehr Auskunft. Möglicherweise kriegen wir damit raus, wer dieser Lorenz ist.«
    »Wo ist der PC ?«
    »Auf dem Weg hierher. Ich habe die Kölner Kollegen gebeten, ihn mir zu schicken.«
    »Was versprichst du dir davon?«
    »Viele Menschen vertrauen dem PC mehr an als ihren Mitmenschen. Er ist das zentrale Kommunikationsinstrument unserer Zeit. Es sollen sogar schon Liebesbeziehungen durch ihn zustande gekommen sein.«
    »Nun werde mal nicht zynisch«, meinte Lena halb ernst, halb scherzend.
    »Lass uns weitermachen und hoffen, dass unser Täter nicht Ernst gemacht hat.«
    Lena und Wiebke durchforsteten weiter die Akten der vermissten Personen. Wie fast alle Mitglieder der Soko trauten sie sich nicht, Feierabend zu machen. Als es aber bereits nach halb neun war und sich immer noch nichts getan hatte, schlug Wiebke mit der Faust auf den Tisch. »Jetzt habe ich aber genug«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu der erschrocken aufblickenden Lena. »Wir warten hier wie das Kaninchen vor der Schlange darauf, dass wir einen Brief, ein Paket oder was auch immer kriegen. Wir machen uns fertig. Ich gehe jetzt nach Hause. Und du auch.« Sie rief Bergmüller an, der ebenfalls noch in seinem Büro war. Er

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