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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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Rollrasen gekauft, damit zwischen den Parkplätzen wenigstens ein bisschen Grün war.«
    »Das hat sich ja gelohnt«, sagte Wiebke anerkennend. »Was ist das?«, wollte sie wissen, als sie am »Aqua Tropicana« vorbeikamen.
    »Das ist, oder besser war, ein im tropischen Stil eingerichtetes Erlebnisbad. Ist aber leider seit Kurzem geschlossen. Die wollen stattdessen ein neues Erlebnisbad im Wikingerstil bauen.«
    Sie erreichten ein Gebiet mit kleinen Ferienhäusern. Wegen der inzwischen hohen Bäume und der Dominanz der Betonburg waren sie Wiebke auf den ersten Blick überhaupt nicht aufgefallen. Als sie die Häuser schließlich sah, durchzog sie ein wohliges Heimatgefühl. »Finnhäuser«, sagte sie. »Wie bei uns!«
    »Nicht wie«, erwiderte Bergmüller, während er die Tür zu einem der Häuser aufschloss. »Sie sind von ›euch‹.«
    »Wie jetzt?«
    »Wir nennen die Dinger Nurdachhäuser. Aber es sind Finnhäuser, Häuser ohne Seitenwände, wie sie in der DDR in den Feriengebieten zuhauf standen. Die DDR hat sie damals auch geliefert und sogar aufgebaut.«
    »Gab’s im glorreichen Westen denn keine Firma, die das auch gekonnt hätte?«, fragte Wiebke schnippisch.
    Bergmüller zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung«, sagte er und führte Wiebke in den Wohnraum. »Jedenfalls wurden die Häuser irgendwann an Privatpersonen verkauft. 1995 hat man mir das hier angeboten. Für mich optimal. Groß genug für zwei Personen. Liegeplatz in unmittelbarer Nähe. Nah bei Kiel.«
    Wiebke hatte inzwischen auf dem Sofa Platz genommen und sah sich um. Die Einrichtung atmete den Stil der siebziger Jahre. Die Wände waren mit Fichtenbrettern in Nut-und-Feder-Technik verkleidet, das Sofa mit grün-orangem Stoff bezogen. Die offene Küche schien mit dem Notwendigsten ausgestattet zu sein. Oben vermutete Wiebke das Schlafzimmer.
    Bergmüller machte sich am Kaminofen zu schaffen. Er füllte Kohle ein und setzte ihn in Gang. Langsam vertrieb die sich entwickelnde Wärme die Kühle im Raum.
    »Als die Häuser errichtet wurden, hatten sie gar keine Heizung. Mein Vorbesitzer hat den Kamin hier eingebaut. Außerdem habe ich Nachtspeicheröfen. Ich finde aber, dass der Kamin eine schönere Wärme abgibt.«
    »Warum nimmst du Kohle und nicht Holz?«, fragte Wiebke.
    »Kohle hat einen höheren Brennwert. Das, was ich eben eingefüllt habe, reicht locker bis morgen nach dem Frühstück.«
    Mit einem Mal überkam Wiebke eine bleierne Müdigkeit. Sie verzichteten auf den Wein. Bergmüller baute das Sofa zu einem Bett um und holte ihr aus dem oberen Raum ein Kissen und eine Decke. Wiebke zog sich aus, vergaß sogar das Zähneputzen und fiel in einen komatösen Schlaf.
    Leises Geschirrklappern und das unvergleichliche Aroma frisch gebrühten Kaffees weckten sie. Wiebke rieb sich verschlafen die Augen und sah Bergmüller in der Küche hantieren. Der Tisch war bereits für zwei Personen gedeckt. Eine Kerze brannte. In den Gläsern befand sich frisch gepresster Orangensaft.
    »Das ist ja lieb«, sagte sie. »Du hast Frühstück gemacht!«
    »Guten Morgen«, rief er ihr aus der Küche zu. »Ich hoffe, du hast gut geschlafen?«
    »Wie ein Stein.«
    Sie stand auf, kramte in ihrer Sporttasche, in die sie ihre Sachen für dieses Wochenende einfach hineingeworfen hatte, holte den Kulturbeutel hervor und ging in das kleine Badezimmer. Sie spürte seine Blicke auf dem Weg dorthin, aber das konnte sie ihm nicht verübeln. Sie trug knappe Unterwäsche, und er war schließlich ein Mann.
    Der Durchlauferhitzer schaffte es gerade so, das Wasser auf erträgliche Temperaturen zu bringen. Warm ist was anderes, dachte Wiebke und beeilte sich mit dem Duschen. Nach dem Zähneputzen und Föhnen hüllte sie sich in das für sie bereitgelegte Frotteetuch und ging zurück in den Wohnraum.
    »Wie wird das Wetter?«, fragte sie und wühlte in der Sporttasche.
    »Traumhaft«, sagte Bergmüller. »Wolkenlos bis zweiundzwanzig Grad.«
    Wiebke ließ das Badetuch fallen und stand kurzzeitig nackt vor ihm. Früher hatte sie gern mit ihrer nackten Haut provoziert. Wie so vieles war auch dieses Verlangen seit Langem wie verschüttet. Jetzt aber spürte sie das Kribbeln wieder, weil sie wusste, dass er sie ansehen und begehren würde. Sie zog frische Unterwäsche an und ein schlichtes weißes Kleid.
    »Es ist ja alles da«, sagte sie, als sie am Frühstückstisch Platz genommen hatte. »Ich wusste gar nicht, dass du so gut sortiert bist, noch dazu in deiner Ferienwohnung.«
    »Ich

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