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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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Socken auch. Stiefpa sitzt mit einem riesigen Becher in seinem Sessel. »Wie ist es gelaufen?«, fragt er.
    »Kleine Schritte«, sagt Grandma und geht nach oben.
    Er lässt mich seinen Kaffee probieren, ganz fürchterlich.
    »Warum heißt es Coffeeshop, wenn es da überall was zu essen gibt?«, frage ich ihn.
    »Na ja, das Wichtigste, was sie verkaufen, ist eben der Kaffee, weil die meisten von uns den brauchen, damit sie auf Touren bleiben, so wie ein Auto Benzin.«
    Ma trinkt nur Wasser und Milch und Saft, so wie ich. Ich frage mich, wie die auf Touren bleibt. »Und was trinken Kinder?«
    »Ach, Kinder sind doch immer so putzmunter, als hätten sie lauter Bohnen im Hintern.«
    Baked Beans, meinetwegen, aber grüne Bohnen sind mein Feindessen. Es ist ein paar Abendessen her, da hat Grandma die gemacht, und ich habe einfach so getan, als würde ich sie auf meinem Teller nicht sehen. Jetzt, wo ich in der Welt bin, esse ich nie, nie mehr grüne Bohnen.
     
     
     
    Ich sitze auf den Stufen und höre den Damen zu.
    »Mmm. Kann besser rechnen als ich, aber traut sich auf keine Rutsche«, sagt Grandma.
    Ich glaube, es geht um mich.
    Die Damen sind ihr Lesezirkel, ich weiß aber nicht, warum, Bücher lesen tun die nämlich gar nicht. Sie hat vergesst, die Damen abzusagen, deshalb sind sie alle um 03:30 gekommen, mit lauter Tellern voll Kuchen und so Sachen. Ich kriege drei Stücke Kuchen auf einen kleinen Teller, aber dann soll ich mich verdünnisieren. Außerdem hat Grandma mir fünf Schlüssel an einem Schlüsselring gegeben, auf dem steht: POZZO’S HOUSE OF PIZZA , ich frage mich, wie man ein Haus aus Pizza bauen kann, sackt das denn nicht zusammen? Die Schlüssel sind eigentlich nicht für irgendwo rein, aber sie klimpern, und ich habe sie gekriegt, weil ich versprochen habe, nicht mehr den Schlüssel aus der Vitrine mit dem ganzen Hochprozentigen zu ziehen. Der erste Kuchen heißt Kokos, ekelhaft. Der zweite ist Zitrone, der dritte ist weiß ich nicht, aber der schmeckt mir am besten.
    »Du musst doch vollkommen erledigt sein«, sagt die Dame mit der höchsten Stimme.
    »Ich bewundere dich grenzenlos«, sagt eine andere.
    Außerdem habe ich die Kamera ausgeliehen gekriegt, nicht die von Stiefpa mit allen Schikanen und dem riesengroßen Kreis, aber eine andere, die ist in dem Auge von Grandmas Mobiltelefon versteckt. Wenn es klingelt, soll ich sie rufen und bloß nicht drangehen. Bis jetzt habe ich zehn Bilder, erstens meine weichen Schuhe, zweitens das Helle an der Decke im Fitnessraum, drittens das Dunkel im Keller (nur ist das Bild zu hell geworden), viertens meine Hand innen mit den ganzen Linien, fünftens ein Loch neben dem Kühlschrank, ich dachte, vielleicht ist es ja ein Mauseloch, sechstens mein Knie in der Hose, siebtens der Teppich im Wohnzimmer von ganz nah, achtens sollte Dora sein, als sie heute Morgen im Fernseher kam, aber man sieht nur lauter Zickzacke, neuntens Stiefpa, wo er nicht lacht, und zehntens eins aus dem Fenster, wo gerade eine Möwe vorbeifliegt, nur sieht man die Möwe auf dem Foto nicht. Eigentlich wollte ich auch noch eins von mir im Spiegel machen, aber dann wäre ich ja ein Paparazzi.
    »Also, auf den Fotos sieht er ja aus wie ein richtiger kleiner Engel«, sagt eine von den Damen gerade.
    Wie hat sie meine zehn Fotos gesehen? Und außerdem sehe ich kein bisschen aus wie ein Engel, die sind doch gigantossal und mit Flügeln.
    »Meinst du etwa diesen unscharfen Filmbeitrag vor dem Polizeirevier?«, sagt Grandma.
    »Aber nein, die Nahaufnahmen, als sie das Interview mit …«
    »Meiner Tochter, ja. Aber Nahaufnahmen von Jack ?« Sie hört sich unheimlich wütend an.
    »Ach, Liebes, das Internet ist doch voll davon«, sagt noch eine Stimme.
    Dann reden alle möglichen Stimmen durcheinander.
    »Hast du das denn nicht gewusst?«
    »Heutzutage sickert doch alles durch.«
    »Die Welt ist wirklich ein Dorf.«
    »Schrecklich.«
    »Die ganzen fürchterlichen Sachen, die jeden Tag in den Nachrichten kommen, manchmal würde ich am liebsten den ganzen Tag bei zugezogenen Vorhängen im Bett bleiben.«
    »Ich kann es immer noch nicht fassen«, sagt eine tiefe Stimme. »Ich weiß noch, wie ich Bill vor sieben Jahren gesagt habe, wie konnte das nur einem Mädchen passieren, das wir kennen ?«
    »Wir haben alle gedacht, sie ist tot. Natürlich wollten wir nie sagen, dass …«
    »Und du hast nie die Hoffnung aufgegeben.«
    »Wer hätte sich denn vorstellen können …«
    »Möchte noch jemand

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