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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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Tee?« Das ist Grandma.
    »Ach, ich weiß nicht. Ich habe einmal eine Woche in einem Kloster in Schottland verbracht. Diese himmlische Ruhe.«
    Meine Kuchen sind weg außer der mit dem Kokos. Ich lasse den Teller auf der Stufe, gehe hoch ins Schlafzimmer und gucke meine Schätze an. Ich tue Schlimmerzahn wieder in den Mund und lutsche ein bisschen. Wie Ma schmeckt er nicht.
     
     
     
    Grandma hat im Keller eine große Kiste mit Legos gefunden, die gehört Paul und Ma. »Was willst du gerne bauen?«, fragt sie mich. »Ein Haus? Einen Wolkenkratzer? Vielleicht sogar eine Stadt?«
    »Mach mal halblang«, sagt Stiefpa hinter seiner Zeitung.
    Es gibt so viele klitzekleine Teile in allen Farben, dass es aussieht wie eine Suppe. »Also«, sagt Grandma, »tob dich einfach aus. Ich muss bügeln.«
    Ich gucke die Legos an, aber anfassen tue ich sie nicht, nachher gehen sie noch kaputt.
    Nach einer Minute legt Stiefpa seine Zeitung hin. »Das habe ich ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht.« Er fängt an, sich einfach irgendwelche Teile zu nehmen und sie so zusammenzudrücken, dass sie aneinander kleben bleiben.
    »Warum hast du das schon seit …«
    »Gute Frage, Jack.«
    »Hast du mit deinen Kindern Lego gespielt?«
    »Ich habe keine Kinder.«
    »Wieso?«
    Stiefpa zuckt mit den Achseln. »Hat eben einfach nicht sein sollen.«
    Ich gucke auf seine Hände, sie sind klumpig, aber schlau. »Gibt es ein Wort für Erwachsene, wenn sie keine Eltern sind?«
    Stiefpa lacht. »Leute, die was anderes zu tun haben.«
    »Was für anderes?«
    »Ihre Arbeit, schätze ich. Freunde. Reisen. Hobbys.«
    »Was sind Hobbys?«
    »Wochenendbeschäftigungen. Ich habe zum Beispiel früher Münzen gesammelt, alte aus der ganzen Welt, die habe ich in Samtkästchen verwahrt.«
    »Warum?«
    »Na ja, die waren eben weniger anstrengend als Kinder, keine stinkenden Windeln.«
    Da muss ich lachen.
    Er hält mir die Lego-Teile hin, sie haben sich in ein Auto verzaubert. Es hat eins zwei drei vier Räder, die sich drehen, und ein Dach und einen Fahrer und alles sonst.
    »Wie hast du das gemacht?«
    »Ein Teil nach dem anderen. Jetzt suchst du eins aus«, sagt er.
    »Welches?«
    »Ganz egal.«
    Ich suche mir ein großes rotes Viereck aus.
    Stiefpa gibt mir ein kleines Teil mit einem Rad. »Drück das mal dran.«
    Ich halte es so, dass die Beule über dem Loch von der anderen Beule ist, dann drücke ich ganz feste.
    Er gibt mir noch so ein Radteil, das mache ich auch dran.
    »Schönes Motorrad. Wrumm! «
    Er sagt das so laut, dass ich die Legos auf den Boden fallen lasse und ein Rad abgeht. »Tut mir leid.«
    »Das braucht dir gar nicht leidzutun. Komm, ich zeig dir mal was.« Er stellt sein Auto auf den Boden und tritt drauf, kracks . Es ist total kaputt. »Siehst du?«, sagt Stiefpa. » No problemo . Jetzt fangen wir wieder von vorne an.«
     
     
     
    Grandma sagt, ich rieche.
    »Dann wasche ich mich mit dem Lappen.«
    »Aber der Dreck versteckt sich auch in den Ritzen. Deshalb lasse ich jetzt die Badewanne ein, und da steigst du rein.«
    Sie macht das Wasser ganz hoch und dampfend und gießt so Blasenzeugs rein, das macht ganz glitzernde Berge. Das Grün von der Wanne ist fast ganz versteckt, aber ich weiß, es ist noch da. »Ausziehen, Schätzchen.« Sie steht mit den Händen an den Hüften da. »Willst du nicht, dass ich zugucke? Soll ich lieber vor der Tür warten?«
    »Nein!«
    »Was ist denn los?« Sie wartet. »Denkst du vielleicht, ohne deine Ma in der Wanne ertrinkst du, oder was?«
    Ich wusste gar nicht, dass Personen in der Wanne ertrinken können.
    »Ich bleibe die ganze Zeit hier sitzen«, sagt sie und tippt auf den Deckel vom Klo.
    Ich schüttele den Kopf. »Du musst auch in die Wanne.«
    »Ich? Ach, Jack, ich dusche doch jeden Morgen. Und wie wäre es, wenn ich mich direkt auf den Rand setze, ungefähr so?«
    »Nein, in die Wanne.«
    Grandma starrt mich an. Dann stöhnt sie und sagt: »Na schön, wenn es unbedingt sein muss, aber nur dieses eine Mal … und ich ziehe mein Schwimmzeug an.«
    »Ich will aber nicht schwimmen.«
    »Wir schwimmen ja auch nicht wirklich, ich will nur … ich wäre lieber nicht nackt, falls du nichts dagegen hast.«
    »Macht dir das Angst?«
    »Nein«, sagt sie. »Ich will nur … andersrum wäre es mir lieber, wenn’s recht ist.«
    »Kann ich denn nackt sein?«
    »Natürlich, du bist ja ein Kind.«
    In Raum waren wir manchmal nackt und manchmal angezogen, das hat uns nie was ausgemacht.
    »Jack, können

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