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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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einsehbar.«
    Ich sehe silbernes Metall, das ist Türe, aber von der Seite habe ich ihn noch nie gesehen, er ist schon halb auf.
    »Soll ich mit reinkommen?«, fragt Officer Oh.
    »Nein«, schreie ich.
    »Okay.«
    »Nur ich und Ma.«
    Aber Ma hat meine Hand losgelassen und beugt sich nach vorn, sie macht einen komischen Ton. Da ist irgendein Zeug auf dem Gras und auch auf ihrem Gesicht, das ist Kotze, ich kann es riechen. Ist sie wieder vergiftet? »Ma, Ma … !«
    »Alles in Ordnung.« Sie wischt sich mit einem Papiertuch, das Officer Oh ihr gegeben hat, den Mund ab.
    »Sollen wir lieber … ?«, sagt Officer Oh.
    »Nein«, sagt Ma und nimmt wieder meine Hand. »Komm.«
    Wir gehen durch Türe rein, und alles ist falsch. Viel kleiner als Raum und leerer, und komisch riechen tut es auch. Boden ist ganz leer, das ist, weil Teppich nicht da ist, die ist ja in meinem Schrank im Selbstbestimmtes Wohnen, ich habe ganz vergesst, dass sie nicht zur selben Zeit auch hier sein kann. Bett ist da, aber keine Laken und kein Zudeck drauf. Stuhlschaukel ist da und Tisch und Becken und Wanne und Schränkchen, bloß ohne Teller und Besteck drauf, und Kommode und Fernseher und Häschen mit der roten Schleife dran und Regal, aber ohne was drauf, und unsere Stühle sind zusammengefaltet, die sehen ganz anders aus. Gar nichts davon spricht irgendwas mit mir. »Ich glaube nicht, dass wir hier richtig sind«, flüstere ich zu Ma.
    »Doch, sind wir.«
    Unsere Stimmen klingen gar nicht wie wir. »Ist er eingeschrumpft?«
    »Nein, er war schon immer so.«
    Der Spaghetti-Mobile ist weg und mein Tintenfisch-Bild auch und die Meisterwerke und die ganzen Spielsachen und Fort und Labyrinth. Ich gucke unter Tisch, aber kein Netz. »Er ist dunkler geworden.«
    »Na ja, heute regnet es auch. Du könntest ja das Licht anschalten.« Ma zeigt auf Lampe.
    Aber ich will ihn nicht berühren. Ich gehe näher ran und versuche alles zu sehen, wie es früher war. Ich finde meine Geburtstagszahlen neben Türe, ich stelle mich dagegen und tue meine Hand flach auf meinen Kopf, ich bin größer als die schwarze Fünf. Auf allem ist so ein dünnes Dunkel. »Ist das der Staub von unserer Haut?«, frage ich.
    »Das Puder für die Fingerabdrücke«, sagt Officer Oh.
    Ich bücke mich und gucke unter Bett, ob da Eierschlange so eingerollt liegt, als ob er schläft. Ich kann seine Zunge nicht sehen. Ich strecke ganz vorsichtig die Hand aus, bis ich spüre, wie die Nadel ein bisschen piekst.
    Dann stelle ich mich wieder gerade hin. »Wo ist Pflanze gewesen?«
    »Hast du das schon vergessen? Genau hier«, sagt Ma und tippt auf die Mitte von Kommode, und jetzt sehe ich auch den Kreis, der hat mehr Farbe als der Rest.
    Auf der Laufbahn rund um Bett ist was. Das kleine Loch in Boden, wo wir unsere Füße unter Tisch geschubbert haben. Wahrscheinlich war das wirklich irgendwann mal Raum. »Jetzt aber nicht mehr«, sage ich Ma.
    »Was?«
    »Das ist nicht mehr unser Raum.«
    »Findest du nicht?« Sie schnuppert. »Früher hat es hier sogar noch abgestandener gerochen. Jetzt steht ja auch die Tür auf.«
    Vielleicht liegt es daran. »Vielleicht ist es ja gar nicht Raum, wenn Türe offen ist.«
    Ma lächelt ein klitzekleines bisschen. »Willst du …« Sie räuspert sich. »Sollen wir die Tür noch mal für einen Augenblick zumachen?«
    »Nein.«
    »Okay. Ich muss jetzt hier raus.«
    Ich gehe zu Bettwand und berühre ihn mit einem Finger, der Kork fühlt sich nach gar nichts an. »Geht › Gute Nacht ‹ auch am Tag?«
    »Häh?«
    »Können wir › Gute Nacht ‹ sagen, auch wenn es gar nicht Nacht ist?«
    »Ich glaube, da würde man eher ›Mach’s gut‹ sagen.«
    »Mach’s gut, Wand.« Danach sage ich das auch noch den anderen drei Wänden und dann: »Mach’s gut, Boden.« Ich tätschele Bett. »Mach’s gut, Bett.« Dann schiebe ich meine Hand unter Bett und sage: »Mach’s gut, Eierschlange.« In Schrank flüstere ich: »Mach’s gut, Schrank.« Da im Dunkel ist das Bild von mir, das Ma für meinen Geburtstag gemacht hat, ich sehe ganz klein aus. Ich winke sie zu mir und zeige drauf.
    Ich küsse ihr Gesicht überall, wo Tränen sind, so schmeckt das Meer.
    Ich reiße mein Bild ab und tu es in den Reißverschluss von meiner Jacke. Ma ist schon beinahe an Türe, ich gehe zu ihr hin. »Heb mich hoch.«
    »Jack …«
    »Bitte.«
    Ma tut mich auf ihre Hüfte, ich strecke meine Arme aus.
    »Noch höher.«
    Sie packt mich um die Rippen und hält mich ganz hoch, und ich

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