Raum
dann machen wir eben auch keine mehr. «
»Die Schafsköpfe. Ich wette, ich finde noch welche …«
»Nein«, sagt Ma und hält ihre Hand dazwischen, »tut mir leid, aber das ist jetzt vorbei. Komm her.«
Wir knuddeln ganz feste. Ihr Brustkorb macht bumm bumm in meinem Ohr, das ist ihr Herz.
Ich schiebe ihr T-Shirt hoch.
»Jack …«
Ich küsse die Rechte und sage: »Mach’s gut.« Die Linke küsse ich zweimal, weil sie immer sahniger war. Ma drückt meinen Kopf so feste, dass ich sage: »Ich kriege keine Luft mehr«, da lässt sie mich los.
Das Gesicht von Gott steigt hoch, es ist ganz hellrot in meinen Augen. Ich blinzele und mache, dass das Licht kommt und wieder verschwindet. Ich warte, bis Mas Atem angegangen ist. »Wie lange müssen wir hier im Selbstbestimmtes Wohnen bleiben?«
Sie gähnt. »Solange wir wollen.«
»Ich würde gern eine Woche bleiben.«
Sie streckt alle ihre Teile von sich. »Dann bleiben wir mal für eine Woche, und danach sehen wir weiter.«
Ich rolle ihre Haare auf wie ein Seil. »Ich könnte deine ja auch abschneiden, dann wären wir wieder dieselben.«
Ma schüttelt den Kopf. »Ich glaube, meine lasse ich lang.«
Als wir auspacken, gibt es ein großes Problem, ich kann nämlich Schlimmerzahn nicht finden.
Ich suche in meinen ganzen Sachen und dann überall, vielleicht habe ich ihn ja gestern Abend fallen gelassen. Ich versuche mich zu erinnern, wann ich ihn das letzte Mal in meiner Hand oder in meinem Mund hatte. Gestern Abend nicht, aber ich glaube, vorgestern Abend habe ich bei Grandma zu Hause noch an ihm gelutscht. Etwas Schreckliches fällt mir ein. Vielleicht habe ich ihn ja beim Schlafen aus Versehen runtergeschluckt?
»Was passiert mit Sachen, die kein Essen sind, und wir essen sie trotzdem?«
Ma tut gerade meine Socken in ihre Schublade. »Was zum Beispiel?«
Ich kann ihr doch nicht sagen, dass ich vielleicht einen Teil von ihr verloren habe. »Zum Beispiel einen kleinen Stein oder so.«
»Ach so, der kommt einfach unten wieder raus.«
Heute fahren wir nicht mit dem Aufzug nach unten, wir ziehen uns noch nicht mal an. Wir bleiben in unserem Selbstbestimmtes Wohnen und lernen alle Teile davon kennen.
»Wir könnten ja in dem Zimmer hier schlafen«, sagt Ma, »aber spielen könntest du in dem anderen, da kommt mehr Sonne rein.«
»Mit dir.«
»Ähm, ja klar, aber manchmal mache ich dann auch andere Sachen, deshalb könnte doch auch vielleicht tagsüber unser Schlafzimmer mein Zimmer sein.«
Was für andere Sachen?
Ma schüttet uns die Buchstaben-Cornflakes in die Teller, sie zählt sie gar nicht. Ich danke dem Jesuskind.
»Im College habe ich mal ein Buch gelesen, in dem stand, dass jeder ein Zimmer für sich allein haben sollte«, sagt Ma.
»Warum?«
»Damit man nachdenken kann.«
»Ich kann auch in einem Raum mit dir zusammen nachdenken.« Ich warte. »Warum kannst du nicht mit mir in einem Raum nachdenken?«
Ma verzieht das Gesicht. »Meistens kann ich das ja, aber trotzdem wäre es schön, wenn ich schon mal an einen Ort gehen könnte, der nur mir gehört.«
»Finde ich nicht.«
Sie pustet ganz lange die Luft raus. »Wir können es doch mal probieren, nur für heute. Wir basteln Namensschilder und kleben sie an unsere Türen …«
»Cool.«
Wir malen alle möglichen bunten Buchstaben auf Blätter, und dann steht da: JACKS RAUM und MAS RAUM . Wir kleben sie mit Klebeband fest, und wir nehmen so viel, wie wir Lust haben.
Ich muss Kacka machen, danach gucke ich, aber Schlimmerzahn ist nicht drin.
Wir sitzen auf dem Sofa und sehen uns die Vase auf dem Tisch an, die ist aus Glas, aber nicht unsichtbar, es gibt lauter Blau und Grün. »Ich mag die Wände nicht«, sage ich Ma.
»Was hast du gegen die?«
»Sie sind zu weiß. Ich habe eine Idee. Wir könnten doch im Geschäft Korkfliesen kaufen und über alles drüberkleben.«
»Kommt nicht in die Tüte.« Nach einer Minute sagt sie: »Erinnerst du dich nicht mehr? Wir wollten doch noch mal ganz neu anfangen.«
Sie redet immer von erinnern , dabei will sie sich an Raum überhaupt nicht erinnern.
Teppich fällt mir wieder ein. Ich laufe, hole sie aus ihrem Karton und ziehe sie hinter mir her. »Wo soll Teppich hin, neben das Sofa oder neben unser Bett?«
Ma schüttelt den Kopf.
»Aber …«
»Jack, der ist ganz zerschlissen nach sieben Jahren … er stinkt bis hierhin. Ich musste zusehen, wie du auf dem Läufer da krabbeln gelernt hast und dann gehen, immer wieder bist du darauf
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