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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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gestolpert. Einmal hast du Kacka drauf gemacht, ein andermal haben wir Suppe verschüttet, und ich habe ihn nie richtig sauber gekriegt.« Ihre Augen sind ganz glänzend und zu groß.
    »Stimmt, und ich wurde auf ihr geboren und war auch in ihr tot.«
    »Und genau deshalb würde ich ihn auch am liebsten in die Müllverbrennung schmeißen.«
    »Nein!«
    »Wenn du nur ein einziges Mal in deinem Leben auch an mich denken könntest anstatt immer nur …«
    »Tue ich ja«, schreie ich. »Ich habe immer an dich gedacht, wenn du Verschwunden warst.«
    Ma macht ihre Augen zu, nur für eine Sekunde. »Vorschlag: Du kannst ihn behalten, aber in deinem Zimmer und aufgerollt im Schrank. Okay? Ich will ihn nicht sehen müssen.«
    Sie geht raus in die Küche. Ich höre sie mit dem Wasser spritzen. Ich nehme die Vase, werfe sie gegen die Wand und sie splittert in eine Zillion Stücke.
    »Jack …« Ma steht einfach nur da.
    Ich brülle: »Ich will nicht dein kleines Häschen sein.«
    Ich renne in JACKS RAUM und ziehe Teppich hinter mir her, sie verfängt sich an der Tür, ich zerre sie in den Schrank und tue sie ganz um mich rum, dann sitze ich Stunden und Stunden da, und Ma kommt nicht.
    An den Stellen, wo die Tränen getrocknet sind, ist mein Gesicht ganz steif. Stiefpa sagt, so wird Salz gemacht, da fangen sie Wellen in kleinen Pfützen auf, und die trocknet die Sonne dann aus.
    Es kommt ein gruseliger Ton, bsss bsss bsss , dann höre ich Ma reden. »Warum nicht, mir ist alles recht.« Eine Minute später höre ich sie draußen vor dem Schrank, sie sagt: »Wir haben Besuch.«
    Es ist Dr. Clay, und Noreen ist auch dabei. Sie haben was zu essen mitgebringt, das heißt Take-away , es sind Nudeln und Reis und lautscher glitschige gelbe Sachen, aber lecker. Die splitterigen Teile von der Vase sind alle weg, bestimmt hat Ma sie in die Verbrennungsanlage verschwindet.
    Es gibt einen Computer für uns, Dr. Clay baut ihn für uns auf, damit wir Spiele machen und E-Mails schicken können. Noreen zeigt mir, wie ich direkt auf dem Bildschirm mit dem Pfeil Bilder malen kann, der hat sich jetzt in einen Pinsel verwandelt. Ich male eins von mir und Ma im Selbstbestimmtes Wohnen.
    »Was ist denn das ganze weiße Gekrickel da?«, fragt Noreen.
    »Das ist der Raum.«
    »Der Weltraum?«
    »Nein, der Raum hier im Raum, die Luft.«
    »Tja, dass Sie jetzt so berühmt sind, wirkt sich natürlich als ein Sekundärtrauma aus«, sagt Dr. Clay gerade zu Ma. »Haben Sie noch mal über neue Identitäten nachgedacht?«
    Ma schüttelt ihren Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen … Ich bin doch ich, und Jack ist Jack, oder? Ich kann doch nicht plötzlich anfangen, ihn Michael oder Zane oder was weiß ich zu nennen.«
    Warum soll sie Michael oder Zane zu mir sagen?
    »Dann vielleicht wenigstens einen neuen Nachnamen«, sagt Dr. Clay. »Damit er weniger auffällt, wenn er in die Schule kommt.«
    »Wann komme ich in die Schule?«
    »Erst, wenn du so weit bist«, sagt Ma, »mach dir keine Gedanken.«
    Ich glaube, dafür bin ich nie so weit.
    Am Abend gehen wir in die Wanne, und ich lege im Wasser meinen Kopf auf Mas Bäuchlein, beinahe schlafe ich ein.
    Wir üben, wie es ist, in zwei Räumen zu sein und sich was zuzurufen, aber nicht zu laut, weil nämlich in im Rest vom Selbstbestimmtes Wohnen auch noch Personen wohnen, die nicht in Sechs B sind. Als ich in JACKS RAUM bin, und Ma ist in MAS RAUM , ist das gar nicht mal so schlimm, aber wenn sie in noch anderen Räumen ist, und ich weiß nicht, in welchen, das mag ich nicht.
    »Keine Sorge«, sagt sie, »ich kann dich von überall hören.«
    Wir essen noch mehr von dem Take-away , wir haben es in unserer Mikrowelle heiß gemacht, das ist ein kleiner Herd, der ganz schnell funktioniert, mit unsichtbaren tödlichen Strahlen.
    »Ich kann Schlimmerzahn nicht finden«, sage ich Ma.
    »Meinen Zahn?«
    »Ja, den, der rausgefallen ist. Den habe ich behalten, die ganze Zeit hatte ich ihn, aber ich glaube, jetzt habe ich ihn verloren. Außer ich habe ihn vielleicht verschluckt, aber er ist noch nicht wieder unten rausgekommen.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken«, sagt Ma.
    »Aber …«
    »Man kommt so viel in der Weltgeschichte herum, dass man am laufenden Band Sachen verliert.«
    »Schlimmerzahn ist nicht bloß eine Sache, ich brauch ihn unbedingt.«
    »Brauchst du nicht, glaub mir.«
    »Aber …«
    Sie packt meine Schultern. »Tschüs, du alter, verfaulter Zahn. Und fertig.«
    Sie lacht beinahe, aber ich

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