Raum
Lebensmittel und die Jeans.«
»Gern geschehen.«
»Warte, ich hol dir einen Teller. Vielleicht ist die Mitte ja noch genießbar.«
Dann ein bisschen Geklapper, ich glaube, sie gibt ihm Kuchen. Meinen Kuchen. Nach kurzer Zeit spricht er irgendwie verschwommen. »Stimmt, ziemlich trocken.«
Sein Mund ist voll mit meinem Kuchen!
Lampe geht aus, klick , ich erschrecke mich. Es macht mir nichts aus, wenn es dunkel ist, aber ich will nicht davon überrascht werden. Ich liege unter Mummeldecke und warte.
Als Old Nick den Bett quietscht, höre ich zu und zähle mit meinen Fingern Fünferpäckchen ab, heute sind es 217 Quietscher. Ich muss immer zählen, bis er so komisch röchelt, und dann hört er auf. Ich weiß nicht, was passieren würde, wenn ich nicht zählen täte, weil ich es immer mache.
Und was ist in den Nächten, wo ich schlafe?
Weiß nicht, vielleicht zählt Ma dann.
Nach 217 ist alles still.
Ich höre den Knopf von Fernseher anschalten, es ist nur der Nachrichtenplanet. Durch die Ritzen sehe ich was mit Panzern, nicht interessant. Ich stecke meinen Kopf unter Mummeldecke. Ma und Old Nick reden ein bisschen, aber ich höre nicht zu.
Ich wache in Bett auf, und es regnet, dann ist Oberlicht immer ganz fusselig. Ma gibt mir was und summt dabei ganz leise Singing in the Rain .
Rechts schmeckt es nicht so gut. Da fällt es mir wieder ein, und ich setze mich auf. »Warum hast du ihm nicht gesagt, dass mein Geburtstag ist?«
Ma hört auf zu lächeln. »Du sollst doch schlafen, wenn er da ist.«
»Aber wenn du es ihm gesagt hättest, hätte er mir irgendwas mitgebringt.«
»Dir was mitgebracht«, sagt sie. »Das erzählt er immer.«
»Was denn?« Ich warte. »Du hättest ihn erinnern müssen.«
Ma streckt ihre Arme über den Kopf. »Ich will nicht, dass er dir Sachen mitbringt.«
»Aber das Sonntagsgutti …«
»Das ist etwas anderes, Jack. Das sind Dinge, die wir brauchen und um die ich ihn bitte.«
Sie zeigt auf Kommode, da ist was Blaues zusammengefaltet. »Da liegt übrigens deine neue Jeans.«
Sie geht rüber und macht Pipi.
»Du könntest ihn um ein Geschenk für mich bitten. Ich habe noch nie im Leben ein Geschenk gekriegt.«
»Dein Geschenk hast du von mir bekommen, weißt du nicht mehr? Es war die Zeichnung.«
»Die blöde Zeichnung will ich nicht.« Ich muss weinen.
Ma trocknet sich die Hände ab, kommt und nimmt mich in den Arm. »Ist ja schon gut.«
»Es könnte doch …«
»Ich kann dich nicht hören. Hol erst mal tief Luft.«
»Es könnte doch …«
»Sag mir, was los ist.«
»Es könnte doch ein Hund sein.«
»Was könnte ein Hund sein?«
Ich kann nicht aufhören, ich muss es ihr beim Weinen sagen. »Das Geschenk. Es könnte ein Hund sein, der sich in echt verwandelt hat, und dann würden wir ihn Lucky nennen.«
Ma wischt mir mit der flachen Hand über die Augen. »Du weißt doch, dass wir keinen Platz haben.«
»Haben wir doch.«
»Hunde müssen viel laufen.«
»Wir laufen doch.«
»Aber ein Hund …«
»Wir rennen einfach ganz, ganz oft auf Laufbahn hin und her, und Lucky könnte neben uns herlaufen. Ich wette, er wäre schneller als du.«
»Jack. Ein Hund würde uns verrückt machen.«
»Würde er nicht.«
»Würde er doch. So eingepfercht und dann das Bellen und Kratzen …«
»Lucky würde nicht kratzen.«
Ma rollt mit den Augen. Sie geht rüber zu Schränkchen und holt die Cornflakes raus. Dann schüttet sie sie in unsere Schüsseln, sie zählt nicht mal.
Ich mache ein brüllendes Löwengesicht. »In der Nacht, wenn du schläfst, dann bin ich wach, und dann ziehe ich die Folie aus den Löchern, damit Freund Maus wiederkommt.«
»Sei nicht albern.«
»Ich bin nicht albern, du bist der alberne Schafskopf.«
»Hör mal, ich verstehe ja …«
»Freund Maus und Lucky sind meine Freunde.« Ich muss schon wieder weinen.
»Es gibt keinen Lucky.« Ma spricht durch ihre zugemachten Zähne.
»Gibt es doch, und ich liebe ihn.«
»Das hast du doch nur erfunden.«
»Und Freund Maus auch, er ist mein wirklicher Freund, und du hast ihn verschwindet.«
»Stimmt genau«, schreit Ma, »und zwar, damit er dir nachts nicht übers Gesicht läuft und dich beißt.«
Ich weine so viel, dass mein Luftholen ganz abgehackt ist. Ich wusste gar nicht, dass Freund Maus mein Gesicht beißen würde. Ich dachte, das machen nur Vampire.
Ma lässt sich auf Zudeck fallen und bewegt sich nicht mehr.
Nach einer Minute gehe ich zu ihr und lege mich hin. Ich hebe
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