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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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hat das damals urkomisch gefunden.«
    Meine Zähne sind ganz fest zusammen.
    »Damals hat er noch öfter gelacht«, sagt Ma.
    Old Nick ist ein stinkiger, stehlender Zombieräuber. »Wir könnten doch eine Meuterei gegen ihn machen«, erkläre ich ihr. »Dann erledige ich ihn mit meinem Jumbo-Megatron-Tranformer-Blaster.«
    Sie gibt mir einen Kuss neben mein Auge. »Wir schaffen es nicht, ihn zu verletzen. Ich habe es einmal versucht, als ich ungefähr anderthalb Jahre hier war.«
    Das ist ja irre. »Du hast Old Nick wehgetan?«
    »Genauer gesagt, ich habe den Deckel vom Klo genommen, und das glatte Messer hatte ich auch dabei. Eines Abends kurz vor neun habe ich mich hinter der Tür an die Wand gestellt …«
    Ich kapiere nicht. »Klo hat gar keinen Deckel.«
    »Früher gab es mal einen, über der Schüssel. Es war der schwerste Gegenstand in Raum.«
    »Bett ist doch superschwer.«
    »Und wie hätte ich das Bett hochheben sollen?«, fragt Ma. »Jedenfalls, als ich ihn hereinkommen hörte …«
    »Das Piep piep .«
    »Genau. Ich habe ihm den Deckel auf den Kopf geschlagen.«
    Ich nehme meinen Daumen in den Mund und kaue und kaue.
    »Aber ich habe nicht fest genug zugeschlagen. Der Deckel fiel auf den Boden und brach entzwei, und er … Old Nick … der hat es geschafft, die Tür zuzudrücken.«
    Ich schmecke was Komisches.
    Mas Stimme ist ganz hastig. »Ich wusste, meine einzige Chance würde sein, dass ich ihn zwinge, mir den Code zu geben. Also habe ich ihm das Messer an die Kehle gedrückt, ungefähr so.«
    Sie hält mir den Fingernagel unter das Kinn, das gefällt mir nicht. »›Gib mir den Code‹, habe ich gesagt.«
    »Und hat er es gemacht?«
    Ma pustet die Luft aus den Backen. »Er hat mir ein paar Zahlen gesagt, und ich bin hin und habe sie eingetippt.«
    »Welche Zahlen?«
    »Ich glaube nicht, dass es die richtigen waren. Er ist aufgesprungen und hat mir das Handgelenk verdreht und sich das Messer geschnappt.«
    »Dein schlimmes Handgelenk?«
    »Davor war es noch nicht schlimm. Nicht weinen«, sagt Ma in mein Haar. »Das ist doch alles schon so lange her.«
    Ich versuche zu sprechen, aber nichts will rauskommen.
    »Deshalb dürfen wir nicht noch einmal versuchen, ihm wehzutun, Jack. Als er am nächsten Abend wiederkam, hat er gesagt, dass er mir erstens den Code nie und nimmer verraten würde und zweitens, wenn ich noch ein einziges Mal versuchen würde, ihn so hereinzulegen, dann würde er einfach wegbleiben, und ich würde immer hungriger und hungriger werden und am Ende sterben.«
    Ich glaube, sie hat aufgehört.
    Mein Bäuchlein grummelt ganz laut, und jetzt komme ich drauf, warum Ma mir diese schreckliche Geschichte erzählt. Sie will mir sagen, dass wir bald …
    Dann blinzele ich und halte mir die Augen zu, und alles ist ganz grell, weil Lampe wieder angegangen ist.

STERBEN
    Es ist ganz warm. Ma ist schon auf. Es liegen eine neue Schachtel Cornflakes und vier Bananen auf Tisch, hurra. In der Nacht muss Old Nick gekommen sein. Ich springe aus Bett. Es gibt auch Makkaroni und Hotdogs und Mandarinen und …
    Ma isst gar nichts davon, sie steht bei Kommode und guckt Pflanze an. Da sind drei Blätter ab. Ma berührt den Stängel von Pflanze und …
    »Nein!«
    »Sie war doch schon tot.«
    »Du hast ihn kaputt gemacht.«
    Ma schüttelt den Kopf. »Was lebendig ist, kann man biegen, Jack. Ich glaube, es war die Kälte, sie hat die Pflanze innen ganz steif gemacht.«
    Ich versuche, den Stängel wieder zusammenzustecken. »Er braucht Klebeband.« Da fällt mir ein, dass wir gar keins mehr haben, Ma hat das letzte auf Raumschiff geklebt. Blöde Ma! Ich laufe hin und ziehe Schachtel unter Bett heraus, ich finde Raumschiff und reiße die Klebestreifen ab.
    Ma guckt einfach nur zu.
    Ich drücke das Klebeband auf Pflanze, aber es geht bloß wieder ab, und er ist wieder in zwei Hälften.
    »Es tut mir wirklich leid.«
    »Mach ihn wieder lebendig«, verlange ich von Ma.
    »Würde ich ja, wenn ich nur könnte.«
    Sie wartet, bis ich zu weinen aufhöre, dann wischt sie mir über die Augen. Jetzt ist mir zu warm, ich ziehe meine Extrasachen aus.
    »Am besten tun wir sie in den Müll«, sagt Ma.
    »Nein«, sage ich. »Durch Klo.«
    »Da könnte das Rohr verstopfen.«
    »Wir können ihn ja in kleine Stückchen brechen …«
    Ich küsse ein paar Blätter von Pflanze und spüle sie weg, dann wieder ein paar, die spüle ich auch weg. Dann breche ich den Stängel in Stückchen. »Auf Wiedersehen, Pflanze«,

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