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Raumfahrergarn

Raumfahrergarn

Titel: Raumfahrergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Jody Lynn Nye
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Sie verabschiedete sich mit einem Wink von Grabone und Varian.
    Die Interfaces waren der empfindlichste und am sorgfältigsten gewartete Teil des Multimilieusystems an Bord der ARCT-10. Während normale Schotts an den Druck einer einzigen Atmosphäre angepaßt wurden, mußten Interfaces das Gefälle zwischen zwei verschiedenen Atmosphären aushalten, die in den Druckverhältnissen manchmal erheblich voneinander abwichen und sogar zeitlich variieren konnten. A-10 befand sich zwischen dem menschlichen Milieu für Normalgewichtige und der Schwerkraftzone der Schwerweltler. Wäre dies in ihren ersten Wochen an Bord passiert, hätte Lunzie sich hoffnungslos verlaufen. Inzwischen kannte sie das Schema, das Decks und Sektionen nach Lage und Personal benannte und wußte, daß sie es bis A-10 nicht weit hatte. Sie fand ihr Ziel ohne Schwierigkeiten.
    Dutzende andere Mannschaftsmitglieder hetzten durch die Korridore der Sektion A. An der Stelle, wo A-10 geborsten war, drang ein frostiger Wind von derselben Temperatur wie die Atmosphäre auf Diplo in den etwas wärmeren Bereich der Leichtgewichte. Ihre Instrumententasche an die Brust gedrückt, ging Lunzie durch eine eilig aufgebaute Scheidekammer, die die eisigen Winde vom Rest des Decks abschirmte und als provisorische Barriere fungierte, bis die hohe Gravitation wieder hergestellt war. Hinter der geborstenen Wand hoben Schwerweltler, die sich in ihrem Trainingsraum aufgehalten hatten, Gewichte und Sportgeräte hoch, die durch den Gravitationsabfall plötzlich leicht geworden waren. Arbeiter von unterschiedlichster Konstitution liefen in den Kammern ein und aus, schafften Schutt weg, klemmten durchgebrannte Schaltkreise ab und schlossen Rohrleitungen neu an, aus deren offenen Enden Frisch- und Abwasser auf den Boden quoll. Lunzie machte einen großen Bogen um zwei Arbeiter, die gerade die ausgezackten Überreste des geborstenen Schotts mit einem Laserschneider heraustrennten.
    »Schnell, Doktor!« Eine Offizierin in der schwarzen Uniform der Umweltwissenschaftler, die an der Wand kniete, winkte sie zu sich. »Orlig ist zwar bewußtlos, aber er zuckt immer noch. Er hatte gerade die Wand überprüft, als sie durchbrach.«
    Lunzie beeilte sich und ignorierte den Gestank von Abwasser und den Geruch von verbranntem Fleisch. Neben der Frau lag ein riesiger Schwerweltler, der einen Overall und eine Schutzbrille trug. Er war von herumfliegenden Metallsplittern schwerverletzt worden, und ein riesiger Bluterguß färbte die eine Gesichtshälfte. Obwohl er die Augen geschlossen hatte, schlug er wild um sich und murmelte vor sich hin. Lunzie griff in ihren Gürtelbeutel nach dem Kolibri.
    »Ich kann es nicht riskieren, ihm ein Beruhigungsmittel zu verabreichen, bevor ich nicht weiß, ob ein neurologischer Schaden vorliegt, Truna«, erklärte Lunzie.
    »Tu, was du tun mußt. Die anderen Schwerweltler haben nur oberflächliche Verletzungen davongetragen, als die Wand eingedrückt und sie in Richtung geringerer Schwerkraft gegen die Schotts geschleudert wurden. Sie sind weggegangen. Sonst hat sich niemand auf dieser Seite der Wand befunden. Orilig hat die Explosion mit voller Wucht abbekommen. Armer Teufel.« Die Milieutechnikerin stand auf, rief dem Arbeitertrupp Befehle zu und ließ Lunzie mit ihrem Patienten allein.
    Orilig war eines der größten Exemplare seiner Subgruppe, die Lunzie je gesehen hatte. Ihre Hand bedeckte gerade seine Handfläche und die dritten Fingerglieder. Sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte, wenn er außer Kontrolle geriet.
    »Verdammte Leichtgewichte«, knurrte er und schlug um sich. Lunzie wich vor seinem schwingenden Arm zurück, der sie knapp verfehlte und aufs Deck knallte. »Sie wollten mich umbringen! Ich mach sie alle kalt!« Der Arm fuhr hoch, die Finger verkrümmten sich wie Klauen, krallten sich in die Luft, fuhren wieder nieder und erschütterten das Deck. »Jeden einzelnen!«
    Nervös, aber zugleich entschlossen, daß ihre Furcht vor den Schwerweltlern sie nicht davon abhalten sollte, einen Mann zu behandeln, der ihre Hilfe dringend brauchte, trat Lunzie wieder näher, um die Meßdaten ihres Kolibris abzulesen. Dabei kam heraus, daß Orlig innere Blutungen hatte. Er mußte Beruhigungsmittel bekommen und behandelt werden, bevor er verblutete.
    Sie konnte seinen Arm nicht fixieren, solange er dermaßen um sich schlug. Der Kolibri kam zu keinem sicheren Ergebnis, was neurologische Schäden anging. Sie mußte es darauf ankommen lassen. Sie

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