Raumfahrergarn
an Lunzie, die beschlossen hatte, daß sie sich offen zeigen sollte, statt den Eindruck zu erwecken, sie belausche die anderen. Als ihre Blicke sich trafen, wurde er puterrot und stürzte aus dem Raum, als habe ihm jemand einen Tritt verpaßt. Lunzie zog trotzig ihre Schultern hoch und trat vor den Captain. Er begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln und bot ihr einen Platz neben dem Kommandostuhl im hinteren Teil der Brücke an.
»Dieser Jonas-Quatsch ist natürlich nur heiße Luft«, sagte er bestimmt. »Sie sollten sich keine Gedanken darum machen.«
»Ich verstehe, Sir«, sagte Lunzie. Dem Captain schien es peinlich zu sein, daß einer seiner Offiziere sie ins Gerede gebracht hatte, deshalb gab sie ihm mit einem offenen Lächeln zu verstehen, daß alles in Ordnung sei. Er nickte.
»Wir waren zu Manövern draußen, um mit den Planetenpiraten Schritt zu halten, und meine Leute sind immer noch nicht von ihrem Adrenalinschub runter. Nach einer Weile haben wir hinter jedem Asteroiden Radarschatten gesehen. Es wurde Zeit, daß wir wieder einen banaleren Auftrag bekamen. Vielleicht sogar ein bißchen Landurlaub.« Aelock seufzte und deutete mit einem Achselzucken auf die Tür, durch die der Fähnrich eben gegangen war. »Alpha Centauri wäre allerdings nicht meine erste Wahl. Ein wenig zu industrialisiert für meinen Geschmack. Ich würde gern die Naturschutzgebiete auf der Erde besuchen, aber meine Kameraden finden es dort langweilig.«
»Haben die Piraten wieder zugeschlagen?« fragte Lunzie entsetzt. »Der letzte Überfall, von dem ich gehört habe, geschah auf Phoenix. Ich habe anfangs befürchtet, meine Tochter sei von den Angreifern getötet worden.«
»Was, Doktor Fiona?« fragte Aelock und lächelte, als Lunzie der Unterkiefer herabsackte. »Es wird Sie vielleicht überraschen, Dr. Mespil, daß ich vor fünfzehn Jahre das Vergnügen hatte, die Dame und ihren Lebensgefährten zu Gast zu haben. Sie ist ebenso charmant wie Sie, muß ich sagen. Die Familienähnlichkeit ist nicht zu übersehen.«
»Wie klein ist doch die Galaxis«, sagte Lunzie und schüttelte den Kopf. »Das ist vielleicht ein Zufall.«
»Eigentlich nicht, wenn Sie bedenken, daß sie und ich demselben Teil der FES-Bevölkerung dienen. Wir werden beide vornehmlich von neuen Kolonien gebraucht, die gerade die Schwelle zur Selbständigkeit überwunden haben und daher unter dem FES-Protektorat stehen. Das medizinische Notpersonal, dem sie angehört, benutzt unsere Schiffe, weil sie die einzigen sind, die schnell genug zu Hilfe eilen können.«
»Zum Beispiel gegen die Planetenpiraten?«
Aelock wirkte beunruhigt. »Nun ja, es war in letzter Zeit sehr ruhig. Zu ruhig. Sie haben sich seit Monaten nicht sehen lassen – der letzte Vorfall liegt fast ein Jahr zurück. Ich glaube, sie planen einen neuen Schlag, aber ich weiß nicht wo. Wenn wir Alpha Centauri erreichen, hoffe ich, von einem meiner Kontaktleute zu hören, dem Freund eines Freundes eines Freundes eines Lieferanten, der an die Piraten verkauft. Wir wissen immer noch nicht, wer sie sind oder wer ihnen einen Basis, Wartungsanlagen, Docks und dergleichen zur Verfügung stellt. Ich hoffe, daß ich einen Durchbruch erzielen werde, bevor jemand die Kette meiner Informanten zu mir zurückverfolgt. Leute, die ihre Nase in die Angelegenheiten der Piraten stecken, überleben das meistens nicht.«
Lunzie schluckte und dachte an Jonas und die Luftschleuse. Der Captain schien ihre Gedanken zu ahnen und lachte.
»Ignorieren Sie die Abergläubischen in meiner Mannschaft. Es sind anständige Leute, und sie werden sich um Sie kümmern, solange Sie an Bord sind. Wir werden Sie wohlbehalten abliefern, und ehe Sie sich’s versehen, werden Sie wieder die versmogte Luft von Alpha Centauri atmen.«
achtes kapitel
Während der kurzen Reise zum Alpha Centauri hatte sie keine Zeit, um sich über ihren neuen Ruf als Jonas Gedanken zu machen. Einige Mannschaftsmitglieder der Destiny Calls zeigten hysterische Symptome, die auf traumatischen Stress hindeuteten. Es kam unter ihnen zu einigen Streitigkeiten und handgreiflichen Auseinandersetzungen, die der Oberarzt des Schiffes als Reaktion auf die durchlittene Gefahrensituation diagnostizierte. Um Gewalttaten zu verhindern, wurde Lunzie von Dr. Harris damit beauftragt, eine Therapie zu entwickeln. Er hatte ihren Unterlagen entnommen, daß sie zur Behandlung von Geistesstörungen, wie sie im Weltraum vorkamen, ausgebildet war, deshalb vertraute er ihr
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