Raumfahrergarn
verschwand er in den Schatten, als die gelben Lichtflecken der Straßenbeleuchtung über die gewölbten Fenster des anrollenden Bodenwagens hinwegtanzten. Lunzie schnallte sich an und nannte dem Computer ihr Ziel.
* * *
Das Alpha Meridian Hotel erinnerte Lunzie an die Destiny Calls. Im Hauptfoyer hingen Engel und andere wohltätige Geister an der Decke und stützten ein Dach aus Lichtbalken. Mit Blättermotiven verzierte, ebenfalls vergoldete Säulen ragten wie phantastische Bäume in dem Saal empor. Ein menschlicher Diener empfing Lunzie an der Tür und begleitete sie zur Rezeption. An ihrer lässigen Kleidung nahm niemand Anstoß, obwohl sie im Vergleich zu den kostspielig gekleideten Gästen, die in gepolsterten Armstühlen rings um das Foyer einen Abendimbiß zu sich nahmen, wie eine Bettlerin aussah.
Die Empfangsdame, hinter der Lunzie wegen ihres makellosen Aussehens einen gestaltwandelnden Weber vermutete, überprüfte teilnahmslos Lunzies Kreditcode. Als die Bestätigung erschien, änderte sich ihr Verhalten sofort. »Natürlich können wir Sie unterbringen, Doktor Lunzie. Benötigen Sie eine Suite? Wir haben eine sehr wohnliche Penthouse-Suite im vierhundertsten Stock frei.«
»Nein, danke«, erwiderte Lunzie amüsiert. »Nicht für eine Nacht. Wenn ich eine Woche oder mehr bliebe, würde ich natürlich eine Suite benötigen. Mein Gepäck wird von einem Boten gebracht.«
»Wie Sie wünschen, Frau Doktor.« Die Empfangsdame hob diskret eine Augenbraue, und an Lunzie Seite erschien ein Page. »Eins, null, sieben, zwölf für Frau Doktor Lunzie.« Der Page verbeugte sich und begleitete sie zu der Reihe von Turboliften.
Ihr Zimmer lag in einem mit seidig roten Teppichen ausgelegten Korridor und roch angenehm alt und moschusartig. Das Meridian gehörte zu einer großen Hotelkette im klassischen Stil, die den Ruf genoß, den Sternen die Hotelkultur der Erde gebracht zu haben. Der Page schaltete das Licht ein und wartete diskret an der Tür, bis Lunzie eingetreten war, dann zog er sich auf Zehenspitzen zurück. In ihrer Nervosität lief sie zur Tür und vergewisserte sich, daß er auch wirklich gegangen war. Der Page, der auf den Turbolift wartete, warf ihr einen neugierigen Blick zu. Sie verschwand wieder in ihrem Zimmer und schloß die Tür hinter sich zu.
»Ich muß mich beruhigen«, sagte sie laut. »Niemand folgt mir. Niemand weiß, wo ich bin.«
Sie ging in dem kleinen Zimmer auf und ab und hielt sich dabei von dem verhangenen Fenster fern, das ihr einen Ausblick auf einen winzigen Park und einen riesigen Industriekomplex erlaubte. Das Schlafzimmer war mit dunklen, glatten, an den oberen und unteren Rändern beschnitzten Holzpaneelen getäfelt. Das Himmelbett war tief, weich und mit einer dicken Decke aus Samt mit kastanienbraunen, goldbestickten Rändern bedeckt, die zur glatten Tapete paßte. Das Zimmer war geschaffen dafür, um darin zu schlafen und sich wohl zu fühlen, aber Lunzie war zu nervös, um es zu genießen. Sie hätte am liebsten das Komgerät benutzt und im Schiff nachgefragt, ob Aelock unbeschadet zurückgekehrt sei. Ein idiotischer Wunsch, der sie beide nur in Gefahr bringen konnte. Lunzie setzte sich auf die Bettkante und verschränkte die Hände im Schoß.
Jemand würde ihr später ihre Kleidung und Habseligkeiten bringen. Bis diese Person kam, konnte sie nicht schlafen, auch wenn ihr Körper nach den Strapazen der mentalen Disziplin nach Entspannung verlangte. Jedes Hotelzimmer verfügte über ein Lesegerät und eine kleine Bibliothek. Ihres stand auf einem an der Wand angebrachten Holzregal. Sie war viel zu unruhig, um zu lesen. Die Ereignisse des Tages gingen ihr immer wieder durch den Kopf. Selbst wenn die beiden Attentäter in Gewahrsam waren, bedeutete das nicht, daß ihr Verschwinden nicht auffallen würde. Bis dahin hätte sie aber Zeit, wenigstens ein Bad zu nehmen, und das war immerhin etwas Konstruktives, denn es würde ihr die Spannung aus dem Körper nehmen und sie auf den Schlaf einstimmen, den sie so dringend benötigte.
Während das parfümierte Wasser in die Wanne plätscherte, bildete Lunzie sich immer wieder ein, daß sie jemanden anklopfen hörte, und lief dauernd zur Tür.
»Das ist lächerlich«, schimpfte sie über sich selbst. »Ich kann auf mich selbst aufpassen. Sie würden es wohl kaum wagen, Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie ein Hotel in die Luft sprengen, nur weil ich darin übernachte. Ich muß mich entspannen. Und das werde ich
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