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Raumkapitän Sun Tarin

Raumkapitän Sun Tarin

Titel: Raumkapitän Sun Tarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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wenden würde. Sie stießen tiefe kehlige Laute aus, die teils im Infraschallbereich lagen und sich über Bodenvibrationen Hunderte von Kilometern weit fortsetzen konnten. Aber es gab auch sehr schrille, hochfrequente Laute, deren Obertöne an der Grenze zum Ultraschallspektrum angesiedelt waren.
    »Glauben Sie, dass diese Riesenvögel kommunizieren?«, fragte Jennings, an James Rüdiger Beltran gewandt.
    Der Ornithologe zuckte mit den Schultern, während er intensiv die Anzeigen auf seinem Handheld-Modul verfolgte. »Ich weiß es nicht. Die Analyseergebnisse sind nicht eindeutig. Aber ich vermute, dass sie auf ähnliche Weise miteinander Kontakt aufnehmen wie Elefanten. Die Bewegungen der Herde funktionieren wahrscheinlich nach dem Schwarm-Prinzip.«
    »Wie bei Heringen«, murmelte Jennings. Dass diese riesigen Trampeltiere eine so wichtige Gemeinsamkeit mit winzigen Wasserbewohnern des Planeten Erde hatten, erschien ihm wie eine Art Ironie der Natur. Jennings war ein überzeugter Atheist. Er glaubte nicht an höhere Mächte, die das Universum lenkten – und schon gar nicht an solche, die irgendeinen Einfluss auf das Schicksal des Einzelnen ausübten. Jennings glaubte vor allem an sich selbst und an die eigene Kraft. An die Initiative des Einzelnen.
    Ein fallendes Blatt konnte einen Wirbelsturm auf der anderen Seite eines Planeten auslösen. Die Mathematik wusste das inzwischen und hatte das, was man früher vielleicht ein Wunder genannt hatte, gründlich entzaubert. Entzaubert, aber vor allem auch durchschaubar gemacht.
    Jennings glaubte daran, dass Erfolg kein Zufall war, sondern die Folge von Entschlusskraft und der Fähigkeit, den richtigen Augenblick zu erkennen. Das war der Unterschied zwischen dem fallenden Blatt, das einen Wirbelsturm auslöste, ohne es zu wissen, und einem Wesen mit Bewusstsein, wie es der Mensch nun mal war. Das Blatt hatte kein Bewusstsein und nicht die Fähigkeit, den Zeitpunkt seines Falles zu bestimmen. Der Mensch hatte durchaus die Möglichkeit zu bestimmen, wann er seine Kraft am effektivsten einsetzte und damit die größtmögliche Wirkung erzielte.
    »Wir sollten uns jetzt ins Shuttle zurückziehen und zusehen, dass wir uns diesen Riesenvögeln nicht in den Weg stellen«, sagte Beltran. »Die zermalmen uns unter ihren Klauenfüßen, wenn wir Pech haben.«
    »Keine Sorge! Mit etwas Granatwerfer-Feuerwerk wären diese Biester sicher leicht zu vertreiben!«, meldete sich der Colonel zu Wort.
    Jennings stand wie erstarrt da und sah der Herde entgegen, die sich wie eine wandelnde Wand auf die kleine Schar der Menschen zu bewegte.
    Er schien in Gedanken versunken zu sein.
    »Sir, sind Sie noch unter uns?«, fragte der Colonel auf seine grobe Art.
    Ein Ruck durchlief Jennings' Körper.
    »Ja«, murmelte er.
     
     
    Wenig später befanden sich Jennings und seine Landecrew wieder im Shuttle, das in einer Höhe von gut fünfzig Metern über der Oberfläche schwebte. Die Antigrav-Aggregate an der Unterseite des Shuttles machten es möglich, diesen Zustand mit minimalem Energieaufwand aufrechtzuerhalten.
    Die Herde der Laufvögel hatte sich genähert. Anstatt einfach weiterzutrampeln, hatten sie ihr Tempo stark verlangsamt. Jetzt versammelten sie sich um den ehemaligen Landeplatz des Shuttles.
    »Haben Sie eine Ahnung, was die Änderungen im Verhalten der Herde verursacht haben könnte, Mister Beltran?«, fragte Jennings.
    Beltran bediente die Ortungssysteme mithilfe der Kontrollen auf seiner Konsole. Er wirkte sehr angespannt. Offenbar hatte er überhaupt nicht damit gerechnet, jemals in seinem Leben noch einmal wissenschaftlich arbeiten zu müssen. Aber jetzt würde dieser Kelch wohl kaum an ihm vorübergehen. Schließlich konnte es für die Kolonisten lebenswichtig sein, dass sie alles, aber auch wirklich alles über die dominierende Landspezies auf Second Earth herausfanden.
    »Die Herde scheint sich an ein paar Leittieren zu orientieren«, stellte Beltran nach einer Pause fest. »Jedenfalls nimmt das der Bordrechner mit hoher Wahrscheinlichkeit an. Ich habe in der Videosequenz diejenigen Tiere identifizieren lassen, die als Leittiere infrage kommen.«
    Einzelne Tiere stolzierten auf ihren Vogelbeinen auf dem Landeplatz herum. Sie bewegten die Köpfe zum Moos hinunter. Hier und da zupften einige der Riesenvögel mit ihren Schnäbeln daran herum.
    »Sieht fast so aus, als würde es ihnen nicht passen, dass jemand anderes den Moosbewuchs platter gemacht hat, als es selbst diese Herde

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