Raumschiff 2 - Nancia
vorgestreckt, immer noch mit athletischer Anmut. Auch mit von Fesselfeldern in ihren Bewegungen eingeschränkten
Händen und Füßen besaß er noch seine Kraft und sein
natürliches Gleichgewichtsgefühl.
»Sie werden nicht lange darauf warten müssen«, erwiderte Forister milde. »Ich werde Sie meinem GehirnSchiff
vorstellen, sobald wir an Bord sind.«
Polyon bewahrte grimmiges Schweigen, als die beiden ihn zum Schiffsaufzug begleiteten, zum Passagierdeck
hinauffuhren und durch einen deprimierenden malvenfarbenen Korridor zu der Kabine schritten, in den er schließlich eingesperrt werden sollte. Dort lehnte er sich gegen die Wand und wartete. Der Pilot Forister und der Cyborg Micaya zogen sich zurück, ließen die beiden Fesselfelder immer noch um Handgelenke und Fußknöchel aktiviert. »Warten Sie!« rief er.
»Wollen Sie mir nicht meine…«
Mit einer Reihe von Klickgeräuschen rasteten die
konzentrischen Ringe der Lukenlinse ein, und im nächsten Augenblick meldete sich eine liebliche weibliche Stimme aus dem Lautsprecher am Kabinendach.
»Willkommen an Bord der FN-935«, sagte sie – es. »Ich bin Nancia, das GehirnSchiff dieser Partnerschaft. Ihre
Verhaftung entspricht dem Zentralstrafgesetzbuch, und
zwar…« Sie spulte Paragraphen herunter, die Polyon nichts sagten. »Als Häftling, der vor einem Verfahren wegen
Kapitalverbrechen steht, ist es rechtlich statthaft, Sie für die Dauer dieser Reise mit Fesselfeldern sicherzustellen, was ungefähr zwei Wochen sein wird. Generalin Questar-Benn hat die Kontrolle über das Fesselfeld meinem Computer
übertragen; wenn Sie mir Ihr Wort geben, weder mir noch Ihren Mitpassagieren Schaden zuzufügen, werde ich das
Fesselfeld jetzt lösen und Ihnen Bewegungsfreiheit innerhalb Ihrer Kabine gestatten.«
Polyon ließ den Blick durch die enge Kabine schweifen und lachte sarkastisch. »Sie haben mein Wort«, sagte er. So ein Wort kostete schließlich nicht viel.
Kaum hatte er es ausgesprochen, als das elektronische Feld auch schon aufhörte zu vibrieren. Seine Handgelenke und Fußknöchel begannen zu prickeln; ein ungemütliches Gefühl, aber viel besser, als die nächsten zwei Wochen elektronisch an Hand und Fuß gefesselt zu bleiben.
Das GehirnSchiff plapperte weiter: Drohungen mit
Schlafgas und anderen Restriktionen, die zum Einsatz kommen könnten, falls er irgendwelche Schwierigkeiten machte; Polyon machte sich nicht einmal die Mühe zuzuhören. Dazu hatte er zuviel Stoff zum Nachdenken. Außerdem hatte er ohnehin nicht vor, etwas zu tun, was das GehirnSchiff mitbekommen würde. So dumm war er nicht.
Unauffällig, unter dem Vorwand, seine Handgelenke zu
strecken, um wieder volle Bewegungsfähigkeit zu erreichen, betastete er seine Brusttasche und spürte den beruhigenden Klumpen dort, wo er hingehörte, wo er nämlich stets ein Minihedron mit der neuesten Testversion seines
Masterprogramms mit sich trug. Er war wirklich schlau, dachte Polyon. Viel zu schlau, als daß dieses Pärchen ihn allzulange würde im Griff haben können.
Oh, er würde diesem herumschnüffelnden GehirnSchiff und seinem tattrigen Pilot schon noch genügend Ärger bereiten, sobald er die Gelegenheit dazu bekam. Aber das war kein Ärger, den sie auf sich zukommen sehen würden, und es würde auch nichts geben, was sie dagegen unternehmen könnten, sobald er einmal angefangen hatte. Verdammt! Er war noch nicht bereit dazu; er brauchte eigentlich noch zwei bis drei Jahre, bis er alles erledigt hätte. Wieviel würde es ihn kosten, seinen geplanten Zug vorzeitig auszuführen?
Das ließ sich nicht berechnen; er würde einfach handeln müssen, um es danach festzustellen. Was immer der Preis, er konnte niemals so hoch sein wie der, zahm in die Zentrale zurückzukehren, um sich dort aburteilen und einsperren zu lassen. Aber es war ja von Anfang an ein Glücksspiel gewesen, tröstete Polyon sich. Er hatte immer mit dem Wissen gelebt, daß eines Tages jemand die Sache mit den Hyperchips
herausbekommen würde und daß er in diesem Fall schnell würde handeln müssen.
Aber selbst jetzt, da ihm dieser Zug aufgezwungen wurde, geschah es wenigstens durch ein paar Ignoranten, die nicht einmal ahnten, auf welche Weise er zurückschlagen könnte.
Den Vorteil der Überraschung würde er für sich verbuchen können.
Wenn er doch nur noch genug Zeit gehabt hätte, um schon die Endphase einzuleiten! Dann hätte er auf der Stelle beginnen können, mit einem einzigen gesprochenen Befehl.
Statt
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