Raumschiff 2 - Nancia
sich, wie seine intensiven blauen Augen wie Trockeneis unter der steifen Akademiefrisur loderten. Und was den Medoc-Jungen betraf, Blass oder Blaze oder wie immer er auch heißen mochte, so würde kein Mädchen seine Zeit auf einen Jungen vergeuden, der eine Visage hatte wie ein gutmütiger Wasserspeier. Nein, der gute alte Darnell würde schon bald die Rettung sein, der einzige Mann an Bord, der über hinreichende soziale
Fähigkeiten verfügte, zwei wunderschöne Damen die ganze Strecke bis zu ihren Zielplaneten um Nyota ya Jaha zu unterhalten.
Und er konnte Geräusche in der Zentralkabine vernehmen.
War eins der Mädchen vielleicht schon auf und einsatzbereit?
Darnell zog den Bauch ein, warf seine Schultern so weit zurück, wie er nur konnte, und blickte wieder seine Spiegelung an der Wand aus Syntholegierung an. Sein Gesicht war nicht wirklich so weich und aufgedunsen, sagte er sich. Das lag nur an der verzerrten Spiegelung. Die ließ ihn schlaff und müde erscheinen. Unsinn. Er war der attraktive junge Erbe der OG-Schiffstransport, und er war in Form genug, um es mit allem oder jedem aufzunehmen…
Möglicherweise nur nicht mit diesem kalten Fisch, Polyon de Gras-Waldheim. Darnell hielt sich an der Lukenöffnung fest und versuchte seinem Impuls zu widerstehen, die
Zentralkabine sofort zu betreten. Doch seine Beine liefen weiter, während seine Arme versuchten, seinen Leib
zurückzureißen.
»Ach, komm schon rein, OG«, sagte Polyon ungeduldig, den Rücken zur Luke gewandt. »Häng dich doch nicht mit
wedelnden Tentakeln in den Lukenrahmen wie eine seekranke Qualle.«
Seekrank.
Qualle.
Darnell schluckte einen Anflug von Übelkeit hinunter und gemahnte sich selbst einmal mehr daran, daß der Raumflug auf einer gravitationsverstärkten Drohne eben nicht dasselbe war, wie auf einem schlingernden, stampfenden alten Seeschiff zu reisen.
»Was tust du da?«
Polyon löste die Sesselhalterung und drehte sich langsam herum, um Darnell anzusehen. Seine langen Glieder wirkten entspannt, als wollte er eigens betonen, wie behaglich er sich in dieser Umgebung fühlte. »Ich… spiele nur Spiele«, sagt er mit seltsamem Lächeln. »Nur ein paar Spielchen, um die Zeit zu vertreiben.«
»Was hast du denn getan? Das SPACED OUT so gründlich
zum Absturz gebracht, daß nicht einmal mehr die Grafik funktioniert?«
»Etwas in der Art«, bestätigte Polyon. »Aber wenn du willst, kannst du mir ja beim Start helfen.«
Es war das Freundlichste, was Darnell von Polyon bisher zu hören bekommen hatte, seit sie sich gestern abend begegnet waren. Vielleicht, dachte er gutmütig, vielleicht weiß der arme Kerl ja nur nicht, wie man sich Freunde schafft. Wenn man aus einem steifen, verkrusteten Haufen der Oberschicht stammte, wie es die de Gras-Waldheims waren, und sein Leben auf Militärakademien verbracht hatte, durfte man von einem nicht erwarten, daß er über das savoir vivre und einen ähnlich lockeren gesellschaftlichen Umgangston gebot, wie sie Darnell voll Stolz für sich beanspruchte. Nun, er würde dem alten Polyon schon dabei auf die Sprünge helfen, bei diesem kleinen Ausflug sein Freund zu werden.
»Na klar«, sagte er und begab sich mit einem vorsichtigen Tritt ins Innere der Kabine, ohne daß sein Brummschädel noch mehr strapaziert wurde. Er ließ sich in einen der gepolsterten Passagiersessel sinken. »Ist nichts dabei, ich habe dieses Zeug während der ganzen Mittelstufe gespielt. Ich mache dir einen Vorschlag – wenn ich dir helfe, in den Computer zu kommen, vielleicht hilfst du mir dann dabei, in etwas anderes zu gelangen?« Er zwinkerte Polyon angestrengt zu.
»Woran hast du denn genau gedacht?« Der Mann hatte
wirklich nicht die leiseste Ahnung, wie man eine lockere Konversation führte.
»Wir sind zu zweit«, erklärte Darnell fröhlich und hackte auf der Tastatur herum. »Die sind auch zu zweit. Die Schwarze ist eher deine Kragenweite. Aber ich brauche eine Strategie, um dieser del Parma-Punz an die Höschen greifen zu können.
Taktiken, Manöver, Vorstoß und Rückzug – irgendwelche Vorschläge?« Nicht daß er tatsächlich irgendwelche Hilfe dazu brauchte, dachte Darnell, aber es ging doch nichts über ein gutes, zotiges Gespräch von Mann zu Mann, um eine
Freundschaft festzuzimmern. Und da Polyon offensichtlich auf Freundschaft aus war, war Darnell mehr als bereit, ihm auf halber Strecke entgegenzukommen.
»Ich fürchte, da stehst du wohl allein da«, meinte Polyon distanziert. »Ich…
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