Raumschiff 2 - Nancia
hatte nie die Gelegenheit, dieses Problem zu studieren.« Er schnippte ein unsichtbares Stäubchen von seinem gebügelten Ärmel und tat so, als würde er die
SPACED-OUT-Schirme studieren, als Darnell sie wieder zum Leben erweckte und die Kabinenwände mit ihrer Grafik füllte.
Die Andeutung war klar: Er hatte es nie nötig gehabt, bei den Damen mit irgendwelchen Taktiken zu operieren. Na klar, natürlich nicht. Mit dem Namen de Gras-Waldheim und dem entsprechenden Vermögen im Rücken – noch dazu bei diesem muskulösen Körperbau! Trotzdem hatte er keinen Grund, auf jemanden herabzublicken, der nur versuchte, freundlich zu sein. Darnell musterte finster die Konsole und tippte die Befehle ein, die das Spiel aufriefen, und zwar auf… nicht Ebene 10, denn seine Reflexe waren den interaktiven
Holokriegern im Augenblick noch nicht gewachsen, sondern Ebene 6. Das müßte hoch genug sein, um Polyons Taktiken durcheinanderzubringen und ihm beizubringen, wie es war, wenn man es mit einem Experten zu tun bekam.
»Es ist eine neue Version«, sagte Polyon überrascht. »An diesen Asteroidengürtel kann ich mich gar nicht erinnern.«
»Ich wette fünf Einheiten darauf, daß sich irgendwo zwischen den neuen Asteroiden ein Hinweis auf das Verborgene Grauen von Holmdale finden läßt«, warf Darnell ein.
»Darauf wette ich nicht. Aber ich setze fünf Einheiten darauf, daß, sollte er tatsächlich dort sein, ich ihn als erster finden werde. Such dir ein Icon aus!«
Darnell wählte eins der Spielericons, die in der unteren Zeile des Zentralschirms zu sehen waren. Er liebte es immer, Knochenbrecher zu sein, das Cyborg-Ungeheuer, das sich durch die unteren Tunnels des Labyrinths schlich, gelegentlich aber auch mit seinen verborgen eingebauten Düsenpaketen und dem persönlichem Schutzschild ins All hinausjagte. Polyon wählte, wie er mit Freuden bemerkte, das Icon von Dingsbums, dem Marsmagier. Eine abgeschlafftere Figur konnte man sich kaum denken. Dieses Spiel dürfte in Null Komma nichts
vorbei sein.
»Und was führt dich hinaus ins System Nyota?« fragte
Polyon nach einigen Minuten scheinbar ziellosen
Manövrierens und sinnloser Befehle.
Darnell blickte mit gerunzelter Stirn auf den Schirm. Wie hatte es Dingsbums nur geschafft, Zwei Drittel des
Asteroidengürtels mit einem Undurchdringlichkeitszauber zu überziehen? Na schön, dann würde er Knochenbrecher eben umdrehen und seine eingebauten Düsenpakete als Waffe
benutzen; das dürfte die Zauber des heimtückischen
Dingsbums schon durchstoßen. »Ich trete mein altes Erbe an«, erwiderte er, während er die Befehle eintippte, die
Knochenbrecher maximale Stoßkraft verleihen sollten. »Die OG-Schiffstransport, weißt du. Keine Ahnung, weshalb der gute alte Vetter Wigran den Firmensitz in den Subraum von Wega verlegt hat, aber ich bin sicher, er wird mir alles erklären, wenn ich erst einmal da bin.«
»Sofern er kann«, stimmte Polyon zu. »Vertraust du ihm denn so sehr?«
Darnell manövrierte Knochenbrecher verstohlen in
Schußweite. Dieser Idiot Polyon blickte gerade auf ihn, nicht auf den Schirm; wenn er Polyons Aufmerksamkeit nur noch wenige Sekunden von dem Spiel ablenken könnte, würde er glatt mit einem Mord davonkommen!
»Was meinst du damit?« fragte er ohne wirkliches Interesse an der Antwort. »Weshalb sollte ich Wigran denn nicht
vertrauen?«
Polyon sah ihn schockiert an und für einen Augenblick
befürchtete Darnell schon, daß er Knochenbrechers
Bewegungen auf dem zentralen Spielbildschirm bemerkt haben könnte. »Mein lieber Junge! Soll das heißen, du hast noch nichts davon gehört? Ach du liebe Güte«, fluchte er in einem leisen, bösartigen Ton. »Ich wußte ja nicht – hör mal, Darnell, eigentlich sollte nicht ausgerechnet ich der erste sein, der dir davon berichtet. Hast du denn die Nachrichtenbytes von Wega gar nicht verfolgt?«
»Betriebsführung langweilt mich zu Tode«, teilte Darnell ihm mit. »Ich bin es vollauf zufrieden, die Gewinne aus der Firma einzustreichen und Vetter Wigran den Laden weiterhin leiten zu lassen.« Seine Finger ruhten über der Taste, die gleich Knochenbrechers Düsenpakete aktivieren würde. Jeden
Augenblick würde er nun einen kontrollierten Kraftstoß loslassen, der ein Loch in Dingsbums’ Verteidigungslinie brennen würde. Doch er wollte, daß Polyon den Augenblick seiner Niederlage auch mitbekam und nicht statt dessen über irgendeinen langweiligen Prozeß gegen einen Buchhalter im System Wega
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