Raumschiff 2 - Nancia
Seelen von Männern
enthalten.«
»Nicht sehr viele – noch nicht.« Fassa blieb an der Tür stehen und gewährte ihm ein funkelndes Lächeln. »Ich werde meine Sammlung mit dir beginnen.«
Und jetzt, drei Tage nach ihrem Abflug von der Zentralwelt, hatte sie der Sammlung bereits ein zweites Hedron
hinzugefügt. Nachdenklich ließ Fassa das Amulettarmband klimpern. Jedes der funkelnden Schmuckstücke war eine
Klammer, ein Käfig oder ein leeres Behältnis, das darauf wartete, irgendeinen Gegenstand aufzunehmen. Sie hatte die Amulette in jenen einsamen Jahren im Internat nach und nach zusammengetragen, hatte die üppigen Geburtstagsund
Weihnachtsschecks Rauls auf teure, speziell für sie
angefertigte Schmuckstücke verwendet. Eins für jeden
nächtlichen Besuch, den Raul ihr in ihrem Zimmer abgestattet hatte. Insgesamt dreiundzwanzig; merkwürdig, dachte sie, daß weniger als zwei Dutzend über eine Spanne von vier bis fünf Jahren sorgfältig ausgesuchter Nächte dazu führen konnten, daß man innerlich verfaulte. Dreiundzwanzig glitzernde Juwelen, jedes davon so vollkommen und auf seine eigene Art schön, wie Fassa es auf ihre war; und jedes innerlich ebenso hohl wie sie.
Nein, nicht mehr. Zwei von ihnen sind jetzt gefüllt. Fassa stieß sich mit den Fingerspitzen von der Wand ab und schwebte sanft aus der Hauptkabine, ließ die Amulette um ihr
Handgelenk wirbeln. Bevor sie fertig war, würde sie jedes der Amulette mit etwas Passendem füllen.
Und was dann?
Darauf gab es keine Antwort, kein denkbares Ende für die Zukunft, die sie für sich selbst vorgesehen hatte.
BLAIZE
Die Zentralkabine war leer; Polyons Kumpane hatten sich alle in ihre Kabinen davongeschlichen, um über ihre Wette und ihre möglichen Konsequenzen nachzudenken. Gut. Blaize
wußte zwar, daß er ebensogut in der Ungestörtheit seiner eigenen Kabine mit Nancia hätte sprechen können, aber
irgendwie schien es ihm etwas wirklicher, hierher zu kommen und direkt die Titansäule zu adressieren, die ihre Hülle enthielt.
Außerdem antwortete sie ihm in der Kabine nicht. Er dachte, daß sie möglicherweise die Kabinensensoren abgeschaltet hatte, um ihre Passagiere nicht zu stören.
Er räusperte sich zaghaft. Nun, da er hier war, seines Empfangs alles andere als sicher, erschien es ihm doch ziemlich merkwürdig, mit den Wänden zu reden. Für so etwas wurde man normalerweise eingebuchtet und an einen hübschen ruhigen Ort wie die Sommerlandklinik GmbH verbracht.
Blaize erschauerte. Nein danke, kein Bedürfnis. Wenn er jemals tatsächlich ärztliche Behandlung brauchen sollte, würde er ganz bestimmt sicherstellen, daß er auf keinen Fall in eine Klinik kam, wo diese Schlange Alpha bint Hezra-Fong
operierte.
»Nancia? Kannst du mich hören?«
Das Schweigen war so absolut wie die Stille des leeren, schwarzen Alls hinter der dünnen Außenhaut des GehirnSchiffs.
»Ich weiß, daß du mir zuhörst«, sagte Blaize verzweifelt.
»Und zusiehst. Das mußt du ja einfach tun. Ich will jemandem wie meinem Cousin Polyon nicht den Rücken zukehren, und ich glaube auch nicht, daß du das Risiko eingehen würdest, daß er sich unbeobachtet in deine Kontrollkabine einschleichen könnte.«
Während er den letzten Satz aussprach, gestikulierte er so wild, daß er im leichten Gravitationsfeld des Schiffs fast das Gleichgewicht verloren hätte. Er packte einen Haltegriff und vollführte eine Drehung in die Mitte der Kabine hinein, erholte sich so anmutig von seinem Stolpern wie eine Katze, die einen mißlungenen Sprung aussteuerte. Nancias Titansäule
schimmerte in dem zu Regenbogenfarben gebrochenen
Kabinenlicht, glitzerte und umfunkelte ihn. Und sie antwortete nicht.
»Hör mal, ich weiß ja, was du denkst, aber so ist das nicht.
Wirklich nicht.« Blaize ergriff einen Sesselrücken, um sich zu stabilisieren. »Ich meine, was hätte ich denn tun sollen? Hast du von mir erwartet, daß ich sie alle als Verbrecher beschimpfe und mich in meine eigene Lauterkeit hülle? Die hätten mich doch glatt noch in den Weltraum bugsieren können, bevor wir Angalia erreicht hätten, um das Ganze dann als bedauerlichen Unfall zu deklarieren.«
Schweigen.
»Na schön«, räumte Blaize ein, »wahrscheinlich hätten sie mich doch nicht ausgesetzt. Vor allem nicht, wenn ich ihnen mitgeteilt hätte, daß du ein GehirnSchiff bist und gegen sie hättest aussagen können.«
Schweigen.
Das war ja noch schlimmer als damals, als er einen ganzen Monat in seinem
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