Raumschiff 2 - Nancia
medizinischen Vorgeschichte gab es keine Vorkommnisse geistiger
Unstabilität. Und jedermann wußte, daß Raul del Parma keine einzige andere Frau anzuschauen pflegte, daß er allein etwas für seine eigene Ehefrau übrig hatte – na ja, über diese Frau bekam man eigentlich nie allzuviel zu hören, nicht wahr? Ein eher häuslicher Typ. Dagegen ging er stets und überall mit seiner wunderschönen kleinen Tochter hin, die erst dreizehn war, sich aber schon zu einer kleinen Herzensbrecherin entwickelte…
Da plötzlich war es einem ganzen Dutzend Journalisten eingefallen, daß man eigentlich auch die Tochter befragen sollte. Und das hatte dem Ganzen ein Ende gesetzt. Raul del Parma hatte seine Tochter in ein sehr exklusives, sehr privates Internat abgeschoben, wo keiner der Klatschkolumnisten sie aufspüren und ihr unangenehme Fragen stellen konnte.
Fassa drehte an dem mit einer Klammer befestigten
Minihedron. Danke, Mama. Selbst heute, sechs Jahre später, bot die Geschichte vom Selbstmord der Frau del Parmas
gelegentlich noch Stoff für eine Tratschkolumne. Und selbst heute noch mochte Raul del Parma nicht das Risiko eingehen, Fassa irgendwo in seiner Nähe zu wissen. Und so hatte er ihr nun, nach ihrem Abschluß an der teuren, exklusiven Schule, eine Position in der unwichtigsten seiner Firmen verschafft, der Polo-Baugesellschaft, die auf einem Planeten im Subraum von Wega beheimatet war. Und Fassa wiederum hatte zum
ersten Mal ihr Verhandlungsgeschick ausgeübt.
»Ich nehme sie. Aber nicht als deine Untergebene. Übertrag mir die Polo-Baugesellschaft, dann werde ich nach Bahati gehen, die Firma leiten und dich nie wieder behelligen.
Betrachte es als Schulabschlußgeschenk.«
Betrachte es als Bestechung für mein Verschwinden ins Exil, dachte Fassa, als sie das Minihedron hin und her drehte, bis die spitzen Winkel der Facetten sich in Daumen und Zeigefinger bohrten. Denn als Raul gezögert hatte, ihr die gesamte Firma zu übertragen, hatte Fassa sich elegant auf seinen Schreibtisch gesetzt und laut über ihre Chancen spekuliert, einen Posten bei einem der großen Nachrichtensender zu erhalten. »Die sind alle sehr an mir interessiert«, hatte sie ihren Vater aufgestachelt.
»Die sind höchstens daran interessiert, Tratsch über unsere Familie aufzuschnappen«, hatte Raul gefaucht. »Wegen deiner eigenen Fähigkeiten interessieren die sich bestimmt nicht für dich.«
Fassa hatte ihr glitzerndes schwarzes Haar aus dem Gesicht zurückgestrichen. »Einige meiner Fähigkeiten sind aber sehr interessant«, hatte sie ihm mitgeteilt. Dann senkte sie die Stimme in jene rauchige tiefe Oktave, die auf ihre männlichen Lehrer eine solche Wirkung gehabt hatte. »Und die Familie der del Parma y Polo bietet immer Stoff für Neuigkeiten. Ich wette, einige der großen Nachrichtengesellschaften würden nur zu gern ein Buch über mich herausbringen. Ich könnte ihnen alle Geheimnisse offenbaren, die ich von meinem Vater gelernt habe…«
»Schon gut. Sie gehört dir!« Raul del Parma y Polo schlug mit der Hand auf den Handflächenleser neben seinem
Schreibtischcomputer, stach mit dem freien Daumen auf das Hardcopyfeld und stieß das fertige Minihedron mit einem wütenden Blick auf seine Tochter aus.
»Du hast hoffentlich nichts dagegen, wenn ich es erst
scanne?«
»Dann nimm einen öffentlichen Scanner. Auf meinen kannst du dich nicht verlassen«, wandte Raul ein. »Vielleicht habe ich ihn ja so programmiert, daß er etwas Falsches einliest. Wenn du aus dieser Firma wirklich etwas machen willst, Fassa, solltest du besser damit anfangen, ein bißchen raffinierter vorzugehen. Aber keine Bange – es steht alles dort. Die Übertragung der Firma und mein Handabdruck als
Bestätigung. Ich würde dich nicht reinlegen. Schließlich will ich ja auch nicht, daß du noch einmal dieses Büro betrittst.«
»Das willst du tatsächlich nicht, liebster Paps?« Fassa beugte sich über den Schreibtisch, sehnig und fließend in ihrer hautengen Hülle aus rigellianischer Spinnenseide. Sie beugte sich dicht genug vor, daß Raul die Wärme und den Duft ihrer Haut einatmen konnte… was ihr ein Aufblitzen von Schmerz und Verlangen in seinen Augen eintrug.
»Na, na, na, liebster Paps!« Sie glitt vom Schreibtisch und verstaute das Minihedron in einem Korykiumherzen, das von ihrem Amulettarmband herabbaumelte. »Bis bald… wohl eher nicht.«
»Ich frage mich«, erwiderte Raul heiser, »wie viele dieser kleinen Amulette die Herzen und
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