Raumschiff 2 - Nancia
um sich zu haben, ihn als Sekretär und Mädchen für alles herumzuschubsen, doch durfte man nicht das Risiko eingehen, daß die Opfer sich zusammentaten, um ihre Aufzeichnungen miteinander zu vergleichen. Nachdem die OG-Leuchtwaren versorgt war, würde Darnell Hopkirk mit einem kostenlosen Kurlaub in der Sommerlandklinik
›belohnen‹. Das Netz hatte unter anderem offenbart, daß Alpha bint Hezra-Fongs Wohlfahrtspatienten in Sommerland unter einer ungewöhnlich hohen Sterberate litten. Er würde Alpha
›nahelegen‹, daß es für sie beide nützlich sein könnte, wenn Hopkirk niemals aus Sommerland zurückkehrte. Dann würde niemand mehr Fragen über Darnells Gebrauch des Netzwerks stellen; und im Gegenzug würde er Polyon dazu bewegen, die Netzwerkaufzeichnungen zu manipulieren, damit niemand
unbequeme Fragen über die Anzahl der Wohlfahrtspatienten stellte, die Alpha verloren hatte.
SUBRAUM ACHERNAR,
ZENTRALDATUM 2752: CALEB UND NANCIA
»Ich frage mich, ob er wirklich fähig sein wird, irgend etwas zu ändern«, sagte Nancia nachdenklich, als sie zusammen mit Caleb zusah, wie ihr jüngster Passagier auf der Basis Achernar auf Charon begrüßt wurde. Der kleine, hagere Mann, den sie durch die halbe Galaxie transportiert hatten, unternahm keine allzugroßen Anstrengungen, seine erste Begegnung mit den Beamten von Charon in den Griff zu bekommen. Er stand
einfach nur auf dem Landeplatz herum, lauschte den
Willkommensreden und nahm Blumensträuße entgegen.
»Das geht uns nichts an«, erinnerte sie Caleb. »Die Zentrale hat gesagt: Schafft den Unakkreditierten Diplomatischen Agenten Forister auf Charon, und zwar schnell. Sie haben nichts davon gesagt, daß wir seine Arbeit hier bewerten sollen.
Und auf uns wartet schon der nächste Auftrag.«
»Tut er das nicht immer?« Aber die kleine Gruppe pompöser charonesischer Beamter, die Forister umringten, bewegte sich nun endlich davon und machte die Landebahn klar für Nancias Start.
»Es ist ja nur, daß ich gern das Gefühl habe, etwas erreicht zu haben«, lamentierte sie, als sich Caleb zum Start anschnallte,
»und ich finde, daß die Lage auf Charon nach jemandem
verlangt, der ein wenig… durchsetzungsfähiger ist.« Nach jemandem wie Daddy, zum Beispiel. Mit seiner forschen, keinen Unfug duldenden Art und seiner Bereitschaft, seine Entscheidungen auch durchzusetzen, hätte Javier Perez y de Gras kurzen Prozeß mit Charons einander bekriegenden sieben Fraktionen, mit dem fortgesetzten Krieg zwischen den Tran Phon Guerillakämpfern, mit sämtlichen sieben provisorischen Regierungen und mit der daraus erwachsenden Vernichtung von Charons lebenswichtigen Quino-Rindenwäldern gemacht.
Er hätte Nancias Kommunikationsmöglichkeiten genutzt und sich jede Minute, in der sie sich nicht gerade in der Singularität befanden, im Netz aufgehalten, um seine Landung auf Charon vorzubereiten und sich über sämtliche Einzelheiten des Konflikts zu informieren, während er die Hauptübeltäter mit strengen Drohbotschaften schon im Vorfeld weichgeklopft hätte.
Dieser Forister dagegen hatte die drei Tage der Reise damit verbracht, alte Bücher zu lesen – nicht einmal Disketten, sondern irgendwelche Berichte über einen Krieg auf der Alten Erde, der zu unbedeutend gewesen war, um in ein
computerlesbares Format übersetzt zu werden. Und wenn er gerade nicht über diesen Ort namens Vietnam las, hatte er seine Zeit in lockerer, beiläufiger Konversation mit ihr und Caleb vergeudet, hatte über ihre Familien und ihre Erziehung mit ihnen geplaudert, über ihre Hoffnungen und Träume. Viel zu weich, um einem Krieg ein Ende zu setzen, dachte Nancia verächtlich. Sicher, Caleb hatte recht – das Ergebnis ging sie nichts an. Sie waren der Kurierdienst; sie begaben sich dorthin, wo man sie hinschickte, schnell und effizient. Und es gehörte nicht zu den Tätigkeitsmerkmalen des KD, am Ziel zu
verweilen und über das Scheitern der entsprechenden Mission Bericht zu erstatten.
BAHATI, ZENTRALDATUM 2753: FASSA
»Du kannst mich doch nicht einfach so verlassen!«
Fassa del Parma y Polo blieb an der Tür stehen und blies dem aschfahlen, dickbäuchigen Mann, der sie mit einem solchen Schmerz in den Augen anblickte, einen höhnischen Kuß zu.
»Sieh mir nur dabei zu, Liebling. Sieh mir nur zu.« Sie berührte den Amulettarmreif an ihrem Handgelenk mit dem linken Zeigefinger. Dort war ein leeres Prismaholzherz gewesen, von genau der richtigen Größe, um
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