Raumschiff 2 - Nancia
gerade selbst ein paar Recherchen angestellt«, verkündete er fast freundlich. »Habe mir Ihre Zentralidentifikationsnummer beschafft, um sie in meinen Bericht einzufügen. CN-935, wenn Sie Ihre Heckflossen binnen fünfzehn Minuten von diesem Planeten gehoben haben, wollen wir diese Episode gnädig vergessen. Im anderen Fall müßte ich allerdings eine förmliche Beschwerde beim KD einlegen und Sie und Ihren Pilot wegen Nötigung und Irreführung anzeigen.«
»Man kann nicht immer gewinnen«, versuchte Nancia Caleb zu trösten, als sie den Planeten hinter sich gelassen hatten und auf dem Weg zurück in die Zentrale waren. »Wir können eine Menge Dinge gut erledigen. Nur das Lügen gehört
offensichtlich nicht unbedingt dazu, das ist alles.« Aber ich lüge doch selbst gerade, indem ich nichts sage. Nancia ließ intern noch einmal die Datenaufzeichnung abspielen, die sie vor vier Jahren auf ihrer Jungfernfahrt gemacht hatte. Da war ja Polyon, wie er gerade fröhlich seinen Plan verkündete, Metachips am Kontingentierungskomitee vorbeizumanövrieren und sie an unautorisierte Firmen wie Dorg Jesens Porno-Imperium zu verkaufen. Wenn Caleb doch bloß wüßte, was sie wußte, dann könnte er einen Bericht an die Zentrale schicken, der sie sofort nach Shemali führen würde.
Nur… daß er es nicht täte. In den vier Jahren ihrer
Partnerschaft hatte Caleb seine moralischen Prinzipien kein einziges Mal kompromittiert. Er würde sich niemals dazu herablassen, eine Aufzeichnung zu verwenden, die ohne
Wissen und Zustimmung der Passagiere angefertigt worden war. Und er würde Nancia auch nie wieder respektieren, wenn er erst einmal erfuhr, was sie auf dieser ersten Reise angestellt hatte.
Traurig beendete Nancia die Wiedergabe und klatschte fünf weitere Sicherheitsstufen darauf. Caleb durfte nie davon erfahren. Doch es mußte irgendeine Möglichkeit geben, die Ermittlungen der Zentrale auf Shemali zu lenken, damit sie nicht mehr von gefälschten Metachips ausgingen, sondern auf die Gefängnisfabrik kamen.
SHEMALI, ZENTRALDATUM 2754: POLYON
Polyon hieb auf das Handcomputerbrett, das in seinen
Armsessel eingebaut war und aktivierte eine
Vidcomverbindung mit Bahati.
»Sommerlandklinik, Alpha bint Hezra-Fong,
Privatübertragung, Kode CX22.« Das würde sein Nachricht verzerren, so daß nur jemand im Besitz des CX22-Dekodierhedrons dazu in der Lage war, etwas anderes als Kauderwelsch zu sehen und zu hören. »Alpha, meine Teure, du warst doch eine Spur zu voreilig mit deiner Ankündigung, daß du deine Seductron-Forschung abgeschlossen hättest. Das Muster, das du uns geschickt hast, hat einen meiner
wichtigsten Techniker so blissed-out gemacht, daß er zu keinerlei nützlicher Arbeit mehr fähig ist. Ich habe keine Ahnung, wann er damit aufhören wird, seine Fußnägel zu bewundern, deshalb solltest du es mal besser herausfinden –
und zwar schnell. Es sei denn, du möchtest gern selbst zur nächsten Versuchsperson werden.« Er lächelte freundlich in die Vidcomeinheit. »Dafür könnte ich nämlich sorgen, weißt du.«
Die nächste Botschaft ging an Darnell, sie wurde ähnlich verzerrt. Mit wenigen Worten informierte Polyon Darnell, daß IntraManager, die kleine ComLink-Fabrik, die Darnell gerade zu übernehmen versuchte, nicht angerührt werden durfte. »Es ist eine von meinen«, sagte er liebenswürdig. »Ich bin sicher, du hättest keine Übernahme versucht, wenn du das gewußt hättest, oder? Übrigens – habe ich dir eigentlich schon die neuesten Videoaufnahmen von der Metachip-Herstellung
gezeigt?« Mit einem Tippen seiner Finger auf dem
Handcomputer holte er eine Aufzeichnung aus den tiefsten Kreisen der Hölle hervor: In Schutzanzügen und -masken gekleidete Arbeiter, die umgeben von Wolken giftigen grünen Dampfs vor sich hinschufteten. Dies war die letzte und gefährlichste Phase der Metachip-Herstellung, wenn die Blöcke zwischen den mehrschichtig bedruckten Schaltkreisen durch ein schnelles Säurebad weggeätzt wurden. Bei diesem Prozeß wurde gasförmiges Ganglizid freigesetzt. Vor Polyons Zeit war diese Phase – übrigens ziemlich schlecht – von automatisierten Servomechanismen ausgeführt worden, die die Tiefe und die Zeitdauer der Ätz-Phase öfters falsch
einschätzten, Metachip-Platinen fallen ließen und sich in der giftigen Atmosphäre schnell selbst vernichteten. Teuer und verschwenderisch. Im Gegensatz dazu konnten Zwangsarbeiter in Schutzanzügen mehr als dreimal so viele
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